Recht praktisch: Darf ich aus dem Nachbarwald Pilze und Holz mitnehmen?

Maria In der Maur Koenne ist Rechtsanwältin in Wien.
Rechtsanwältin Dr. Maria In der Maur-Koenne beantwortet juristische Fragen zu praktischen Fällen aus dem Reich des Rechts.

Ich war vor Kurzem in meinem Wochenendhaus, das gleich an einem Wald liegt. Immer wenn wir dort sind, hole ich mir, je nach Saison, ein paar Beeren oder Pilze, da es davon reichlich gibt. Mein Mann hat dieses Jahr vorgeschlagen, dass wir uns aufgrund der steigenden Gaspreise doch einfach Holz aus dem Wald holen sollten und mit unserem alten Ofen heizen könnten. Das fände ich natürlich toll, es würde ja doch gar nicht ins Gewicht fallen, wenn wir uns da ein bisschen was mitnehmen. Meine Tochter meinte dann allerdings, dass wir doch nicht die ganze Zeit Sachen mitgehen lassen können, der Wald gehöre schließlich jemandem. Wie sieht das denn rechtlich aus?

Gertrude L., Oberösterreich

Liebe Frau L., Ihre Tochter hat recht. Auch Wälder stehen für gewöhnlich in jemandes Eigentum, weshalb man in und mit ihnen nicht nach Belieben verfahren darf.

Was Sie jedenfalls dürfen, ist, sich zu Erholungszwecken im Wald aufzuhalten. Sie können also jederzeit spazieren gehen. Bereits für das Reiten oder Fahrradfahren brauchen Sie allerdings die Zustimmung des Waldeigentümers bzw. der Waldeigentümerin. In der Regel erfolgt eine solche Zustimmung durch entsprechende Beschilderung.

Die Pilze und Beeren im Wald stehen grundsätzlich auch im Eigentum der Waldeigentümer. Für den Eigenbedarf darf man jedoch beides sammeln, sofern es nicht ausdrücklich untersagt wird, z. B. durch eine Beschilderung. Bei Pilzen gibt es eine ausdrückliche Grenze von zwei Kilo pro Tag und Person. Mehr darf keinesfalls mitgenommen werden. Eine solche klare Grenze fehlt für Beeren. Was außerdem nicht erlaubt ist, ist die Organisation oder Teilnahme an Veranstaltungen, die darauf ausgerichtet sind, Pilze oder Beeren zu sammeln. Das ist wohl darauf zurückzuführen, dass bei solcherlei Veranstaltungen oft weit über den Eigengebrauch hinaus gesammelt wird und das auch noch durch eine größere Gruppe als bei normalen Spaziergängen.

Beim Holz gibt es strengere Regelungen. Hier ist es nicht notwendig, dass die Waldeigentümer das Sammeln explizit verbieten, vielmehr ist die ausdrückliche Zustimmung zum Holzsammeln erforderlich. Dabei macht es auch keinen Unterschied, ob extra ein Baum gefällt oder ein Ast abgeschnitten wird, oder ob bloß vom Boden Holz aufgesammelt wird. Jegliches Sammeln von Holz ist verboten, wenn es nicht mit Zustimmung der Waldeigentümer erfolgt. Bei Überschreiten dieser Vorschriften könnte der Waldeigentümer zivilrechtlich wegen Besitzstörung oder Schadenersatz gegen Sie vorgehen. Außerdem stellt das unerlaubte Sammeln, bzw. das Sammeln über den erlaubten Wert auch eine Verwaltungsübertretung dar, die mit bis zu EUR 730 oder bis zu einer Woche Freiheitsstrafe bedroht ist. Unter Umständen könnte es sogar zu einer gerichtlichen Strafbarkeit kommen.

Es ist somit in Bezug auf das Brennholz ratsam, mit dem Waldeigentümer Kontakt aufzunehmen. Womöglich ist es sowieso kein Problem oder Sie können zumindest einen fairen Preis für das gesammelte Holz vereinbaren. Ohne Zustimmung sollten Sie keinesfalls Holz mitnehmen. Bei den Beeren oder Pilzen brauchen Sie sich hingegen keine Sorgen machen, solange Sie diese bloß im erlaubten Ausmaß für den Eigengebrauch sammeln.

rechtpraktisch@kurier.at

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