Gefährlicher Schönheits-Boom: Österreichs Kampf gegen illegale Beauty-Eingriffe

Zusammenfassung
- Die Dunkelziffer illegaler Beauty-Eingriffe in Österreich ist laut Experten nicht niedrig, mit einem regen Angebot in Wien.
- In Österreich werden jährlich 30.000 bis 100.000 ästhetische Eingriffe durchgeführt, wobei Botox und Filler besonders beliebt sind.
- Beauty-Eingriffe von nicht-ärztlichem Personal sind in Österreich verboten, und Patienten sollten die Qualifikationen der Ärzte überprüfen.
Botox- und Filler-Behandlungen werden in Österreich immer beliebter. Nicht immer wenden sich Interessierte an Fachärzte. Johannes Matiasek, Stellvertreter-Obmann für das Referat plastische Chirurgie der Wiener Ärztekammer, schätzte die Dunkelziffer der unrechtmäßigen Eingriffe als "nicht niedrig" ein, auch die Stadt Wien geht von einem "regen Angebot" aus.
Zuletzt ist eine illegale Beauty-"Klinik" in Wien aufgeflogen, die Polizei sprach von über 500 Kundinnen und Kunden.
Beauty-Eingriffe in Österreich: Bis zu 100.000 pro Jahr
In Österreich werden laut Stadt Wien pro Jahr rund 30.000 bis 100.000 ästhetische Eingriffe durchgeführt. Hier unterscheide man Behandlungen und operativen Eingriffen, erklärte Matiasek, Facharzt für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie, der APA.
Die häufigsten Behandlungen seien jene mit Botulinumtoxin (besser bekannt als Botox) und Hyaluronsäure (Filler), auch Behandlungen zur Hautverjüngung mit Laser oder Eigenbluttherapie, mitunter als "Vampirlifting" bezeichnet, seien vorne dabei. Die häufigsten operativen Eingriffe seien Fettabsaugungen, Brustvergrößerungen, Lidstraffungen und Nasenkorrekturen.
Dunkelziffer unrechtmäßiger Eingriffe "nicht niedrig"
Die Zunahme ihrer Beliebtheit zeigt sich auch in den Konsumausgaben: 2024 wurde für Schönheitseingriffe um 172 Prozent mehr ausgegeben als zehn Jahre davor, wie Zahlen des Marktforschungsunternehmens RegioData im Vorjahr zeigten. In absoluten Zahlen waren die durchschnittlichen Ausgaben dafür mit 68 Euro pro Person und Jahr allerdings noch gering.
Wie viele illegale Schönheitskliniken betrieben bzw. wie viele Behandlungen unrechtmäßig durchgeführt werden, ist unklar. Von der Landespolizeidirektion Wien hieß es, dass dazu keine statistische Auswertung vorgenommen wird. Laut dem plastischen Chirurgen Matiasek dürfte die "Dunkelziffer illegal durchgeführter Eingriffe", beispielsweise in Kosmetikstudios, "nicht niedrig" sein.
Beauty-Eingriffe: "Reges Angebot" in Wien
Konkrete Zahlen lägen aber nicht vor. Ähnlich sieht es Kristina Hametner, Leiterin des Wiener Programms für Frauengesundheit: "Aufgrund von anekdotischer Evidenz gehen wir davon aus, dass es in Wien ein reges Angebot gibt", teilte sie der APA mit. Sie schätze das Problem der illegalen Behandlungen speziell bei Botox und Fillern als "sehr umfangreich" ein.
Der Austausch mit Fachleuten und Recherchen von Medien würden diese Vermutung stützen. Heuer machten zwei Fälle von illegalen "Kliniken" Schlagzeilen: Erst vergangene Woche war eine in Wien-Simmering ausgehoben worden. In einer ehemaligen dermatologischen Ordination waren ohne Genehmigung diverse ästhetisch-medizinische Eingriffe wie Botox- und Filler-Behandlungen angeboten worden.
Es liegen Daten von mindestens 500 Kundinnen und Kunden aus vor Ort sichergestellten Dokumenten vor, teilte eine Sprecherin der Polizei am Dienstag auf APA-Anfrage mit. Im Februar wurde ein Fall eines 35-jährigen Amateurchirurgen öffentlich: Der georgische Arzt hatte eine Patientin bei einer illegalen Schönheitsoperation in einer Wohnung in Wien-Landstraße schwer verletzt.
Immer jüngere Zielgruppe: Patienten sollten Risiken kennen
Wie bei allen medizinischen Eingriffen kann es auch bei ästhetischen Behandlungen zu Komplikationen kommen, wobei die Komplikationsrate hier laut Matiasek "sehr gering" sei - vorausgesetzt, die Eingriffe erfolgen nach den anerkannten fachlichen Standards und Regeln. Bei der Wiener Patienten- und Patientinnenanwaltschaft gibt es jährlich etwa 20 bis 30 Fälle von missglückten Eingriffen oder Behandlungen, berichtete das Ö1-Morgenjournal kürzlich. Patientinnen und Patienten würden über allergische Reaktionen bis hin zu Infektionen nach Brustoperationen klagen.
Die Stadt Wien hat im Juni eine Kampagne gestartet, um auf die damit verbundenen Risiken hinzuweisen. Grund dafür ist laut Kampagnenleiterin Daniela Thurner die "immer noch steigende Beliebtheit dieser Eingriffe. Gerade minimalinvasive Methoden mit Fillern und Botox werden intensiv beworben und für immer jüngere Zielgruppen interessant, was Studien, wie jene von Safer Internet, belegen." Besonders in den sozialen Medien finde sich viel unseriöse oder unvollständige Information, hieß es gegenüber der APA. Ziel sei es, dass Interessierte eine informierte Entscheidung treffen, sich der Risiken bewusst sind und ihre Rechte als Patientinnen und Patienten kennen.
"Behandlungen von nicht-ärztlichem Personal sind verboten"
Besonders gefährlich seien Beauty-Eingriffe, wenn sie von unqualifizierten Personen durchgeführt werden. Diese bieten Filler, Botox und Co oft günstig an. In Österreich dürfen nur ausgebildete Fachärztinnen und -ärzte ästhetische Behandlungen durchführen. "Behandlungen in Kosmetikstudios von nicht-ärztlichem Personal sind in Österreich verboten, werden allerdings oftmals angeboten und sind gefährlich, da diese Personen nicht über die entsprechende Ausbildung verfügen und daraus entstehende Komplikationen nicht behandeln können", teilte Matiasek der APA mit.
Vor Beauty-Eingriff: Qualifikationen der Ärzte überprüfen
Wer sich für einen ästhetischen Eingriff oder eine Behandlung entscheidet, sollte die fachärztliche Ausbildung der behandelnden Person überprüfen, riet Matiasek. Jedenfalls qualifiziert seien Fachärzte für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie. Patienten und Patientinnen können die Bezeichnung über die jeweilige Ärztekammer abrufen. "Keinen Qualifikationsnachweis stellen Begriffe wie Schönheitsmediziner oder Schönheitschirurg dar."
"Seriöse Ärztinnen und Ärzte informieren transparent in einer für Laien verständlichen Sprache über zu erwartende Nebenwirkungen, das Risiko von Komplikationen und auch möglichen Langzeitfolgen", ergänzte Alexandra Münch-Beurle, Co-Leiterin der Kampagne des Wiener Frauenprogramms. Patientinnen und Patienten sollten dies auch einfordern. Warnsignale hingegen seien sehr günstige Preise, Lockangebote oder Express-Behandlungen.
Auch wenn Risiken heruntergespielt oder Fragen zur Ausbildung oder Praxis nicht beantwortet werden, sollten bei Interessierten die Alarmglocken schrillen. "Behandlungen im Ausland bergen noch zusätzliche Risiken aufgrund der anderen Rechtslage, sprachlicher Barrieren, der oft fehlenden Nachsorge sowie der noch schwierigeren Möglichkeiten zur Kontrolle für die Vertrauenswürdigkeit", so Münch-Beurle. Zudem sollten Patientinnen und Patienten bedenken, dass sie bei Komplikationen die weitere Behandlung erst organisieren müssen.
( S E R V I C E - Informationen der Stadt Wien zu ästhetischen Eingriffen: https://www.wien.gv.at/spezial/frauengesundheit-aesthetische-eingriffe/ )
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