Vom Standesamt in die Schubhaft: Bräutigam (25) in NÖ während Trauung verhaftet

Vom Standesamt in die Schubhaft: Bräutigam (25) in NÖ während Trauung verhaftet
Gundula und Hamza wollten gerade heiraten, als Beamte des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl den Bräutigam verhafteten. „Barbarisch“ nennt das sein Anwalt.

Der Blumenschmuck war in rosa-weiß gehalten. Familie und Freunde füllten den Saal. Gundula und Hamza wollten vergangenen Samstag in Vösendorf (NÖ) heiraten. Doch plötzlich wurde aus dem schönsten Tag im Leben der schlimmste. „Die Standesbeamtin hat während der Zeremonie den Raum verlassen, weil sie etwas holen wollte. Mit ca. zehn Männern ist sie dann wieder hereingekommen“, schildert Gundula, die Braut. 

Doch es handelte sich nicht um Gäste oder Gratulanten. Es waren Beamte des BFA (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Anm.), die Hamza verhafteten und in Schubhaft nahmen.

„Ich heirate“

Die Szenen hat ein Hochzeitsgast mit dem Handy festgehalten. „Sie sind festgenommen, Sie müssen uns begleiten“, sagt ein Mann zum Bräutigam. „Ich heirate“, erwidert dieser und wirkt wie erstarrt. „Wir können nicht warten“, entgegnet der Beamte. Gundula, die Braut, bricht in Tränen aus. Sie muss wenig später ins Krankenhaus gebracht werden.

Der 25-jährige Kurde Hamza sitzt seither in Schubhaft. Nur einmal durfte ihn seine Partnerin seither besuchen. „Er hat geweint, man macht ihm Druck“, erzählt sie.

Vor 1,5 Jahren lernte sich das Paar kennen – am Arbeitsplatz in der Gastronomie. „Er hat mich immer aufgeheitert, mit ihm war mein Leben gut“, sagt Gundula, eine gebürtige Deutsche, die in Wien lebt. Hamza sei ein zarter, liebevoller Mensch, betont sie. Im vergangenen Sommer habe man beschlossen, zu heiraten. „Er hat keine Straftat begangen. Aber man hat ihm komplett die Würde weggenommen.“

Im März 2022 kam der Mann nach Österreich. Er hatte eine Aufforderung zum Militärdienst in der Türkei bekommen. „In Österreich hat er einen Asylantrag gestellt. Er gehört der kurdischen Minderheit an“, erklärt sein Anwalt Gregor Klammer. Zehn Tage vor der Hochzeit wurde sein Asylantrag zurückgewiesen.

„Durch die Eheschließung hätte er automatisch einen Aufenthaltstitel und eine Arbeitserlaubnis gehabt“, sagt Klammer. „Aber man hat diese Eheschließung unterbunden und ihn vor der Unterzeichnung festgenommen.“ Klammer wählt das Wort „barbarisch“. Und: „illegal“. „Früher wurde das öfter auf Standesämtern gemacht. Aber mittlerweile gibt es Justizentscheidungen, dass das nicht verhältnismäßig ist.“

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Privat

„Befugnisse nutzen“

Das sieht das BFA anders. Zum konkreten Fall wolle man sich aus datenschutzrechtlichen Gründen zwar nicht äußern, aber: „Grundsätzlich kann mitgeteilt werden, dass mit einer rechtskräftigen Rückkehrentscheidung der Fremde gerichtlich zur Ausreise verpflichtet wird.“ Mache „der Fremde nicht von der Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise Gebrauch, hat das BFA aufgrund seiner gesetzlichen Aufgaben seine Befugnisse zu nutzen und Schritte zur Außerlandesbringung zu setzen.“

Es werde jeder Einzelfall geprüft, eventuelle Änderungen im Privat- und Familienleben würden berücksichtigt. „Abschließend darf festgehalten werden, dass keine gesetzliche Bestimmung besteht, die eine Festnahme am Standesamt unzulässig macht.“

Das sieht Anwalt Klammer anders und hat eine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht. Innerhalb von sieben Tagen muss dieses entscheiden.

Doch das bedeutet nicht automatisch, dass Hamza bis zur Entscheidung in Österreich bleiben kann. „Auch eine Abschiebung vor der Verhandlung ist theoretisch möglich“, meint Klammer. „Dann würde er wohl direkt vom Flughafen in der Türkei in den Militärdienst eingezogen werden.“ Möglicherweise für Einsätze an der Grenze zu Syrien – um dort Kurden anzugreifen, wie der Jurist befürchtet.

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