Auf Personalsuche in den Sommerferien: "Jeder einzelne Lehrer zählt"
Die Schulferien gehen in die zweite Halbzeit, bei den Bildungsbehörden im Land herrscht angesichts des Lehrermangels aber hektisches Treiben. Das Problem: ausreichend Personal für den Herbst zu finden. Nur im Burgenland gibt man sich schon jetzt entspannt. „Alle Positionen fürs neue Schuljahr sind besetzt“, sagt Bildungsdirektor Heinz Zitz zum KURIER.
Er beschreibt damit eine Situation, von der andere Bundesländer nur träumen können. Im Volksschulbereich könne man sich sogar die Besten per Auswahlverfahren aussuchen, weil es einen Überhang an Bewerberinnen und Bewerbern gebe, so Zitz. Dieser Überhang an Schulpersonal am Neusiedler See hat, wie berichtet, die Bildungsdirektion Vorarlberg dazu veranlasst, aktiv im Burgenland Lehrer zu umwerben. Mit einer Prämie von 6.500 Euro soll ihnen der Wechsel an den Bodensee schmackhaft gemacht werden.
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Aus der Pension zurück
Dort spricht Bildungsdirektor Heiko Richter von einer „brisanten Situation“, in der man steckt. Der Minimalbedarf an Lehrern sei zwar gedeckt. Aber dafür musste in den vergangenen Wochen mit großem Aufwand an vielen Schrauben gedreht werden.
Pensionisten werden in den Schuldienst zurückgeholt, aktive Lehrer zum Aufstocken ihrer Stunden überredet, und händeringend wird neues Personal gesucht. „Jeder einzelne Lehrer zählt im Moment“, sagt Richter. Und ist froh über jeden einzelnen Zuzügler, Neu-, Wieder- oder auch Quereinsteiger.
260 Quereinsteiger
Ebenfalls mit Quereinsteigern versucht man die Personalsituation in Wien zu verbessern. Rund 260 hätten sich seit dem Beginn der Initiative „Klasse Job“ im vergangenen Spätherbst beworben. Zusätzlich zu den zahlreichen Quereinsteigern in den Fächern, in denen es kein Lehramt gibt, sagt Bildungsdirektor Heinrich Himmer.
Außerdem speist sich das Personal in Wien auch aus den Studierenden. 20 Prozent der Studenten würden neben dem Studium bereits unterrichten. Auf Personalsuche in anderen Bundesländern gehe man dagegen nicht. Das sei nicht notwendig. Das würden auch die Zahlen beweisen, heißt es aus der Bildungsdirektion.
Klassenführer gesucht
Allein im ersten Bewerbungszeitraum im Mai hätten sich für die 1.500 ausgeschriebenen Stellen 2.000 Bewerber gemeldet. „Mehr Bewerbungen als Bedarf“, heißt es dazu aus der Bildungsdirektion. Einfach sei die Personalsituation in Wien aber trotzdem nicht. Vor allem nicht im Bereich der Volksschulen. 50 klassenführende Lehrpersonen fehlten hier mit Stand Anfang Juli. Zehn weitere im sonderpädagogischen Bereich.
Und auch in den kommenden Jahren werde sich die Situation nicht verbessern. „Wir haben eine unglaublich stark steigende Zahl an Schülerinnen und Schülern. 500 Lehrer pro Jahr mehr werden wir alleine aufgrund des Bevölkerungswachstums brauchen“, sagt Bildungsdirektor Himmer.
Pensionierungen, Karenzierungen und Kündigungen seien da noch nicht miteingerechnet. „Insgesamt sind es 1.500 bis 2.000 Lehrpersonen, die wir jährlich zusätzlich brauchen werden.“
Bedarf noch offen
Wie viel Personal für das kommende Schuljahr in Wien noch fehlt, steht noch nicht ganz fest. In ein bis zwei Wochen werde es aber aktuelle Zahlen geben. Zuversichtlich gibt man sich im benachbarten Niederösterreich. „Aufgrund der Zahl der bisher eingelangten Anmeldungen werden wir auch im kommenden Schuljahr unserem Versorgungsauftrag nachkommen“, ist Bildungslandesrätin Christiane Teschl-Hofmeister (ÖVP) überzeugt.
Ein Abwerben von Lehrern in anderen Bundesländern sei nicht notwendig, sagt sie.
Fix ist noch nix
Optimistisch, dass trotz des Lehrermangels im neuen Schuljahr alle Unterrichtsstunden angeboten werden können, zeigte sich zuletzt Unterrichtsminister Martin Polaschek (ÖVP): "Wir sind noch mitten in der Zuteilung, aber es sieht im Großen und Ganzen sehr gut aus". Nach derzeitigem Stand sollte sich alles ausgehen. Heißt umgekehrt: Fix ist das noch nicht.
Auch in der ZiB2 äußerte sich Polaschek optimistisch. Man habe "langfristige Maßnahmen" gesetzt, um Personal in die Lehrberufe zu bekommen. Zwar lägen aktuell keine genauen Zahlen vor, man habe aber bereits jetzt mehr Stellen besetzt, als zum gleichen Zeitpunkt im vergangenen Jahr. "Aktuell sind in fünf Bundesländern alle Stellen besetzt", so Polaschek. In vier Bundesländern seien hingegen noch Stellen offen - etwa in Wien, Salzburg, Vorarlberg und Oberösterreich. Zudem sei "sehr, sehr viel" passiert, um die Situation der Lehrer und Lehrerinnen zu verbessern, so der Bildungsminister.
Das gesamte Interview sehen Sie hier:
Bildungsminister Polaschek zum Lehrermangel
In Oberösterreich ist man zum Beispiel noch nicht über der Ziellinie, auch wenn man sich dort bei der Lehrersuche auf einem guten Weg sieht. Im Bereich der AHS, so heißt es aus der Bildungsdirektion, werden alle Stellen besetzt werden können.
Licht in Sicht
Aber bei den Mittleren Schulen waren Ende Juli noch 46 offene Stellen zu verzeichnen, bei den Volksschulen fehlen noch 64 Lehrerinnen und Lehrer. Es sah aber schon viel finsterer aus: Ende April gab es in Oberösterreich noch 315 offene Stellen im Pflichtschulbereich und 342 im Bereich der AHS und BHS. Was beim Engpass hilft: Mit Schulbeginn werden 37 Quereinsteiger in den oberösterreichischen Schulen unterrichten.
Mitarbeit: Natalie Schmidt
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