AUA-Flugnotfall: Umstrittene Flugroute des Hagel-Airbus
Der AUA-Flug OS 434 durch den steirischen Hagel, der am 9. Juni zu einer schwerbeschädigten Airbus-Maschine führte, zieht immer weitere Kreise. Ein Passagier berichtet von Todesängsten und erstattete Anzeige.
Und auch die Flugroute des Jets mit 179 Insassen wirft neue Fragen auf: Warum drehte der Flieger aus Palma nach der Luftnotlage noch eine Runde über den Großraum Stockerau-Königstetten-Purkersdorf, um dann über „mehrere dicht besiedelte Wiener Außen- und Innenstadtbezirke (Penzing, Rudolfsheim-Fünfhaus, Mariahilf, Wieden, Landstraße, Simmering)“ den Landeanflug zu absolvieren? Diese Frage wird in einer Sachverhaltsdarstellung des Wiener Anwalts Wolfgang List gestellt.
Gravierende Beeinträchtigungen
„In dieser Flugphase war das volle Ausmaß der Hagelschäden noch gar nicht einschätzbar. Insbesondere kann auch nicht klar gewesen sein, ob in der Folge noch gravierende Beeinträchtigungen aufgrund dieser Schäden auftreten können. Nicht ohne Grund wurde eine Luftnotlage erklärt“, formuliert List.
Und weiter: „So hätten sich mitten über Wien jederzeit größere Teile der beschädigten Verkleidungen lösen und Unbeteiligte am Boden verletzen oder töten können.“
Andere Landebahn besser gewesen?
Was sagen Experten zum Überflug von Wien während einer Notlage? „Das war nicht ratsam, das Flugzeug hatte nach der Hagelbeschädigung einen unbekannten Status seiner Systeme“, erklärt ein Fachmann mit Insiderwissen. „Keiner im Cockpit wusste, ob alle Systeme auch weiterhin funktionieren würden oder nicht. Daher war der Anflug über der Stadt Wien zur Piste 11/29 nicht klug.
Die Austro Control hatte die Piste 16/34 vorbereitet gehabt. Deren Anflug wäre über das Weinviertel erfolgt, wo es nicht so dicht verbaut ist“. Die Entscheidung über die Flugroute obliegt dem Kapitän, der Teile des Anflugs auf der Toilette verbracht haben dürfte.
AUA zur Pistenwahl
Indes sagt die AUA, dass die Piste 11 von der Austro Control für die Landung vorgesehen und freigegeben war.
„Eine Änderung der Piste hätte die Landung weiter verzögert. Die erwähnte Schleife wurde aufgrund der genannten Abläufe bei einer Landung gezogen, hatte also rein operationelle Gründe“, so die AUA. „Alles darüber hinausgehende ist Teil der laufenden Untersuchungen zu diesem Flug. Bitte um Verständnis, dass wir uns daher nicht näher äußern können.“
Verdacht auf fahrlässige Gemeingefährdung
Anwalt List hat mittlerweile zwei Sachverhaltsdarstellungen für drei Betroffene bei der Staatsanwaltschaft Graz eingebracht, der Verdacht lautet auf fahrlässige Gemeingefährdung. Der Vorwurf wird gegen die beiden Piloten erhoben, die angeblich trotz Gewitterwarnung der Austro Control den Flieger im Raum Hartberg direkt in eine Gewitterzelle gesteuert haben. Die Folge waren massive Hagelschäden an den Cockpitscheiben, am Rumpf und an der Bugverkleidung.
Passagier in Todesangst
Unter den Passagieren befand sich auch ein Künstler (Name d. Red. bekannt), der den Vorfall „wie die meisten anderen Passagiere als unmittelbare Gefahr für sein Leben wahrgenommen hat“.
„Er hatte Todesangst“, heißt es in der zweiten Sachverhaltsdarstellung. Der Künstler hat sich dem Verfahren als Geschädigter angeschlossen. "Welche Auswirkungen dieses massive Schockereignis auf den Privatbeteiligten haben wird, ist derzeit noch nicht abschätzbar“, schreibt Anwalt List.
Eigentlich hatte List der Staatsanwaltschaft die Beschlagnahme des Fliegers nahegelegt, doch dieser ist mittlerweile bis auf die Dellen im Rumpf repariert worden. Nun regt der Anwalt an, dass zumindest die beschädigten Teile des Airbus 320 für die weitere Untersuchungen sichergestellt werden.
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