Amokfahrt: "Er ist stolz darauf, dass er jetzt wer ist"

Alen R. wirkt vor Gericht lethargisch
Im Spital benehme Alen R. anders als vor Gericht, schildern Polizisten beim fünften Prozesstag.

Hochgefährlich und unzurechnungsfähig. So sei Alen R., beschreibt Psychiater Peter Hofmann. "Ich glaube, er leidet an einer schweren Geisteskrankheit. Die heißt paranoide Schizophrenie."

Am fünften Prozesstag um die Grazer Amokfahrt vom 20. Juni 2015 erläutert der Erste der drei psychiatrischen Sachverständigen sein Gutachten.

Der fünfte Prozesstag im Live-Blog

Hofmann ist wie sein deutscher Kollege Jürgen Müller überzeugt, dass R. nicht wusste, was er tat. Ein "explosionsartiger Ausbruch" sei die Amokfahrt gewesen. "Ein furchtbares Verbrechen. Aber eingebettet in einen psychotischen Ablauf."

Nichts erzählt

Seltsam bloß, dass R. 2014 und noch Anfang 2015 von einem Psychologen als geistig so intakt dargestellt wurde, dass er eine Waffe besitzen könne. Die Antwort des Psychiaters ist simpel: "Wahrscheinlich hat er dem Psychologen nichts von seinen Verfolgern erzählt."

Diese "Verfolger" hätte er am 20. Juni in Graz erkannt, behauptet R. bekanntlich. In "Panik" sei er gewesen. Dass er dennoch Auto fahren konnte oder während der Fahrt vor einer roten Ampel hielt, sei eine automatisierte Fertigkeit, versucht der Psychiater Diskrepanzen zu erklären. "Schizophrenie bedeutet gespaltener Geist. Es gibt gesunde Anteile und kranke."

Erneut fragt Richter Andreas Rom, ob R. die Geisteskrankheit nur vortäuschen könnte. Psychiater Hofmann schließt das zunächst kategorisch aus, um später abzuschwächen. "Es ist theoretisch möglich, dass er uns bis heute allen etwas vorspielt. Aber was hat er davon?" Die sogenannte "Arbeitsdiagnose" der Psychiater auf Schizophrenie bewahrte R. allerdings vor einer Mordanklage.

Vier Mal hat Hofmann mit R. gesprochen. Der längste Zeitraum betrug zwei Stunden. Also höchstens acht Stunden insgesamt, rechnet der Richter vor.

Zwei Gesichter

Während der Prozessdauer ist R. in einer Grazer Klinik untergebracht. Ein Justizwachebeamter, der ihn dort am Wochenende bewacht hat, wundert sich über die zwei Gesichter des 27-Jährigen. In der Klinik wirkte R. nämlich ganz anders als vor Gericht. "Er ist dort stolz, dass er jetzt wer ist. Er hat auf Fragen gesagt, ja, ich bin der Amokfahrer."

R. gebe sich in der Klinik als "Hero, als Checker: Er hat erzählt, was sich bei Gericht abspielt, hat von der Tat erzählt. Mit einem Lächeln." Jeden Tag in den Medien zu sein, das "taugt ihm", glaubt der Beamte. Andere Insassen hätten R. gefragt, wie es ihm mit der Amokfahrt gehe. "Er hat gesagt, das passt so."

Der Prozess wird am Dienstag fortgesetzt.

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