Am Wasser gebaut: Mit dem Inn auf Flussfühlung kommen

Am Wasser gebaut: Mit dem Inn auf Flussfühlung kommen
Stadtbewohner leben eher neben als mit dem Strom, der Innsbruck prägt. Aber das könnte sich in Zukunft ändern.

Eine im Baumschatten gelegene Grünfläche breitet sich in Terrassen angelegt Richtung Fluss aus. Auf der gegenüberliegenden Seite führt ein Weg bis ans Ufer zu einem kleinen Strand heran. Während die Stadt in der Hitze brütet, suchen hier Menschen in der Mittagszeit an einem Eingang des zentralen Rapoldiparks neben einem Einkaufszentrum sehnlichst Abkühlung.

Hier zeigt sich, dass bei Temperaturen um 35 Grad, wie in den vergangenen Tagen erlebt, ein Zugang zum Fluss Gold wert ist. Das gelungene Beispiel findet sich in Innsbruck aber nicht etwa am allseits bekannten Inn, sondern an der Sill – dem zweiten, kleineren Fluss, der sich seinen Weg durch die Tiroler Landeshauptstadt bahnt und schließlich in den großen mündet.

Am Wasser gebaut: Mit dem Inn auf Flussfühlung kommen

An der Sill gibt es mitten in der Stadt Abkühlung

Nahe der Altstadt und der Innbrücke – einem Nachfolgebauwerk des einstigen Namensgebers von Innsbruck – wagen sich nur Todesmutige über den  vor sich hinkochenden Marktplatz bis vorne an den Inn heran. Oder Touristen, die schnell ein Foto von der gegenüberliegenden bunten Fassade des historischen Stadtteils Mariahilf machen wollen und dann wieder eilends der Sone entfliehen.

Abkühlung am Wasser sucht man vergebens.

Zwiespältiges Verhältnis

An diesem Ort wird das zwiespältige Verhältnis zwischen Mensch und Inn besonders spürbar. Der Fluss prägt die urbane Topografie, war als einstige Lebensader Quell der Gründung der Stadt, wird aber irgendwie auch von ihr links liegen gelassen.

Mit dem großen Grünen auf Flussfühlung zu kommen, ist schwierig, ein an der Sillmündung angelegter künstlicher Nebenarm ist eine der wenigen Ausnahmen. Wie Österreichs am Wasser gebaute Landeshauptstädte mit ihren Gewässern umgehen, ist eben eine eigene Geschichte.

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Am Wasser gebaut: Mit dem Inn auf Flussfühlung kommen

Nahe der Sillmündung wurde im Inn beim Stadtteil Reichenau ein künstlicher Seitenarm angelegt

Da der Inn bei Schneeschmelze oder starken Regenfällen in den Bergen seine wilden Seiten zeigen kann, wurde er in ein strenges Hochwasserschutz-Korsett gezwängt. Das ein wenig zu lockern, ist einer der Ansätze einer kürzlich präsentieren Machbarkeitsstudie für die Entwicklung des Marktviertels zwischen Inn- und Uni-Brücke.

Die Vision sieht unter anderem vor, dass Sitztreppen bis ans Wasser hinunter gebaut werden.

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Das Konzept dahinter wurde in seltener Einigkeit von allen großen Fraktionen des Gemeinderats – von den Grünen, über ÖVP, Für Innsbruck und SPÖ bis hin zur FPÖ – gemeinsam präsentiert. Und es beinhaltet auch den Plan, beim Marktplatz eine Brücke auf die gegenüberliegende Seite zu bauen.

Am Wasser gebaut: Mit dem Inn auf Flussfühlung kommen

Die soll Radfahrern und Fußgängern aber nicht nur als Übergang dienen – vielmehr soll die Brücke ein Aufenthaltsplatz über dem Wasser sein, auf dem sich vielleicht sogar ein Café befinden könnte. Damit würde die Stadt den Inn mitten im Zentrum auf bisher ungekannte Weise erlebbar machen.

Innsbrucks grüner Bürgermeister Georg Willi ist derartigen Brückenträumen, für die er Anleihen in Italien nahm, bereits 2018 im Gemeinderatswahlkampf nachgehangen. Nun steht der nächste – im Frühjahr 2024 wird wieder gewählt – vor der Tür.

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Dass der Viel-Parteien-Wind für die große Umgestaltung des Marktareals inklusive Inn-Attraktivierung danach wieder verfliegt, glaubt Willi nicht. Auch wenn schon jetzt klar ist, dass das verfügbare Budget kleiner wird. „Beim Marktviertel tragen sich fast alle Sachen selbst“, sagt der Stadtchef etwa in Hinblick auf geplante Bauprojekte, die in Folge Mieteinnahmen bringen.

3,1 Millionen pro Jahr

Für die Marktbrücke gilt das freilich nicht. „Aber wenn man die Investitionen auf drei Jahre verteilt, sind das pro Jahr 3,1 Millionen Euro“, hält Willi die Kosten für verkraftbar und relativiert sie: „Der Mehrwert so einer Brücke ist groß.“ Eines steht fest: Der Inn würde Teil des Stadtlebens.

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