Ärztekammer-Vertreterin: "Nicht nur verbrannte Erde hinterlassen"

Allgemeinmedizinerin Naghme Kamaleyan-Schmied, stv. Obfrau der Kurie der niedergelassenen Ärzte der Wiener Ärztekammer.
Naghme Kamaleyan-Schmied ist eine der wenigen Frauen an der Ärztekammer-Spitze. Wie sie über Personalnot und interne Konflikte denkt.

Naghme Kamaleyan-Schmied ist gegen mehr Studienplätze an den MedUnis und verteidigt den unter Beschuss geratenen Kammer-Präsidenten.


KURIER: In den vergangenen Tagen wurde leidenschaftlich darüber gestritten, ob es überhaupt einen Ärztemangel gibt. Orten Sie einen?

Naghme Kamaleyan-Schmied: Es gibt insgesamt genug Ärzte, aber nicht im solidarischen Gesundheitssystem. Es gibt einen Anstieg der Wahlärzte und einen Rückgang bei den Kassenärzten. Die Rahmenbedingungen in der Kassenmedizin sind so schlecht, dass die jungen Kollegen fünf Mal überlegen, ob sie sich das antun. Das beginnt mit der schlechten Honorierung und reicht bis zur Bürokratie.

Also braucht es keine Aufstockung der Studienplätze?

Nein. Wir würden damit nur eine künstliche Ärzteschwemme produzieren. Mit der Folge, dass dann die neu ausgebildeten Mediziner Tätigkeiten in der Pflege übernehmen müssen, weil auch dort zu wenig Personal ist. Gleichzeitig würden sich die Länder um uns herum freuen, wenn sie gratis ausgebildete Jungmediziner von uns bekommen.

Was muss sich dann im Kassensystem ändern, damit es attraktiver wird?

Das Honorar ist tatsächlich ein großer Punkt. Ich kann es als Kassenarzt ja nicht wie andere Selbstständige selbst anpassen, sondern bin an die Kassen gebunden. Meine Ausgaben für Personal und Materialien steigen inflationsbedingt aber sehr wohl an. Das heißt, ich biete viele Leistungen defizitär an, damit meinen Patienten keine zusätzlichen Wege entstehen.

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