30 Jahre Polizistinnen: Frau Inspektor hat sich etabliert
„Frau Inspektor?“. Was vor 30 Jahren vielleicht noch Argwohn und Skepsis auslöste, gehört mittlerweile zum Alltag. Eine Frau in Uniform mit Dienstwaffe.
Still und heimlich feierte die Polizei in Österreich vor wenigen Tagen ein besonderes Jubiläum – eines der Gleichberechtigung. Fast auf den Tag genau vor 30 Jahren traten die ersten Polizistinnen ihren Dienst in den Sicherheitswachen Wien, Linz und Graz an.
Politessen, im Beamtendeutsch sperrig „weibliche Straßenaufsichtsorgane“ genannt, gab es schon davor, allerdings nur in Röcken für die Parkraumüberwachung. Erst seit dem 1. Dezember 1991 sind Frauen den Männern im Polizeidienst gleichgestellt. Heuer hat der Frauenanteil bei der Polizei erstmals die 20-Prozent-Marke überschritten.
Eine Polizistin der ersten Stunde ist Bernadette Kainrath. Sie ist Abteilungsinspektorin in Wiener Neustadt (NÖ) und Gleichbehandlungsbeauftragte bei der Exekutive. Eine Frau in Uniform in den 90er-Jahren: Was überwog damals? Blöde Bemerkungen oder Akzeptanz?
„In meinen ersten Jahren – damals noch als Gendarmeriebeamtin – gab es in meiner Gegenwart keine abfälligen Bemerkungen. Es war natürlich auch für die Kollegen eine völlig neue Situation. Diese mussten ihre bisherigen dienstlichen Bereiche plötzlich mit einer Frau teilen. Ich wusste bereits bei meiner Bewerbung, dass ich mich doppelt beweisen muss“, schildert die Frau Inspektor.
Fitness und Mut
Man sei anfänglich immer unter Beobachtung gestanden. Vor allem, was die körperliche Eignung und den Mut im Ernstfall betrifft. „Kann man sich auf sie in schwierigen Situationen verlassen? Wie reagiert sie bei Konfrontationen oder wenn bei Festnahmen durchgegriffen werden muss? Volle Akzeptanz war anfangs sicher noch nicht gegeben, aber die konnte ich mir mit meiner Einstellung erarbeiten“, sagt Kainrath, die davor als Buchhalterin gearbeitet hatte. „Ich wollte einen abwechslungsreicheren Job, der auch eine gewisse Sicherheit bietet. Mir war aber klar, dass es nicht einfach wird.“
Angesprochen auf die vielen Femizide, Fälle häuslicher Gewalt und das konservative weibliche Rollenbild in diversen Kulturkreisen hat Kainrath eine klare Einstellung. Abfällige Bemerkungen kämen freilich vor, darauf reagiere sie aber sofort. „Sie sind aber nicht per se gegen Frauen gerichtet.“ Das Gegenüber sehe zumeist die Uniform als Feindbild und reagiere auf diese. Wer darin steckt, sei meistens nebensächlich. „Es kommt genauso oft vor, dass gerade das Einschreiten durch eine weibliche Kollegin zum Erfolg einer Amtshandlung führt“, erklärt die Polizistin.
Nie bereut
In fast 30 Dienstjahren kann sie auf keine einzige „wahnsinnig negative Erfahrung“ zurück blicken. „Es gab viele gefährliche, schwierige oder emotional fordernde Einsätze. Aber keinen würde ich als ,schlimmste Erfahrung‘ bezeichnen und keine hat mich, meinen Entschluss, Polizistin zu werden, bereuen lassen“, erklärt Kainrath.
Sie hält es für schade, dass nur sechs Prozent der Frauen bei der Polizei in leitenden Funktionen sitzen und nur 13 Prozent dienstführende Beamtinnen sind. Aber warum? „Ich vermute, dass Beamtinnen sehr kritisch mit den eigenen Fähigkeiten hinsichtlich der Anforderungen für höhere Funktionen sind. Dabei müssen wir uns untereinander bestärken, uns für höhere Positionen zu bewerben und auch vermitteln, dass Familie und Kinder keine Hindernisse dabei sind.“
Es gibt auch Ausnahmen: Kurzzeitig stand eine Frau dem gesamten Polizeiapparat Österreichs als Chefin vor. Die Salzburgerin Michaela Kardeis war von 2017 bis 2019 Generaldirektorin für öffentliche Sicherheit, ehe sie als Verbindungsbeamtin in die USA wechselte. Unter den neun Landespolizeidirektoren befindet sich zumindest eine Frau. Die Juristin Michaela Kohlweiß ist seit 2012 Landespolizeidirektorin von Kärnten. Sie ist aktuell die ranghöchste Polizistin. Ebenfalls in einer Spitzenposition: Brigadier Xenia Zauner, die erste Polizei-Chefeinsatzplanerin und damit für „Situationen mit besonderem Gefahrenpotenzial“ zuständig.
Kommentare