Wegen Autobahntunnel in Linz: Asfinag gräbt Anrainern das Wasser ab
Da staunten rund 100 Grundstückseigentümer nicht schlecht, als ihnen dieser Tage ein Anwaltsschreiben der Kanzlei Hawel-Eypteltauer-Gigleitner-Huber & Partner Rechtsanwälte ins Haus flatterte.
Im Auftrag der Asfinag - der österreichischen Autobahnerrichtungsgesellschaft - sollen sie einen "Dienstbarkeitsvertrag" unterschreiben, der der Asfinag die Nutzung des Areals unter den betreffenden Grundstücken zur Errichtung von Brunnenschächten einräumt.
Bei einem Treffen von Anrainerinnen und Anrainern wird schnell klar: Damit hat am Froschberg niemand mehr gerechnet. "Wir haben das erste Mal jetzt erfahren, dass bei uns Brunnen geschlagen werden, damit das Grundwasser abgesenkt wird", ist der Ärger groß, "wir sind wirklich geschockt."
"Davon war nie die Rede"
Die Anrainer versichern beim KURIER-Lokalaugenschein: "Davon war zuvor nie die Rede." Dabei habe es in den vergangenen Jahren immer wieder Schriftverkehr mit der Asfinag gegeben - etwa wegen einer Verlegung der Tunneltrasse. Viele der Anrainer haben auch bereits zuvor Dienstbarkeitsverträge unterschrieben. "Mir kommt das vor wie eine Salamitaktik", kritisiert ein Anrainer, "wir bekommen immer nur scheibchenweise Informationen."
Schließlich würden laufend Beweissicherungsarbeiten an den Häusern durchgeführt - im Zuge dieser hätten sich die Anrainer umfassendere Informationen erwartet, sagen sie.
45 Brunnen sind nötig
Laut Asfinag werden jedenfalls 45 Brunnen gebohrt, die in bis zu 40 Meter Tiefe reichen werden, jedes Bohrloch hat laut Asfinag einen Durchmesser von 27 Zentimetern.
"Für die dem bergmännischen Tunnelbau vorauslaufende Grundwasserabsenkung ist es erforderlich, eine Wasserhaltung in Form von Brunnen im Nahbereich des späteren Tunnelvortriebs zwischen der Raiffeisen-Arena (Stadion LASK) und dem Bergschlösslpark zu errichten", erläutert ein Sprecher der Asfinag auf KURIER-Anfrage, "die Grundwasserabsenkung soll einen möglichst trockenen Tunnelvortrieb ermöglichen, da unkontrollierte Wasser-Zutritte für die Arbeiter der Vortriebsmannschaft gefährlich wären und den Arbeitsfortschritt wesentlich beeinträchtigen würden."
Die Bohrungen selbst sollen vom öffentlichen Grund aus erfolgen, nur die schrägen Brunnenschächte verlaufen unter den betroffenen Grundstücken.
Betont wird auch, dass die Grundwasserabsenkung für den Tunnel im UVP-Bescheid (Umweltverträglichkeitsprüfung), im Wasserrechtsbescheid und im Naturschutzbescheid bewilligt sei. Allein, die Anrainer wussten es dennoch nicht. Eine Anrainerin hat die UVP durchgeackert und stellt ernüchtert fest: "Auf 426 Seiten kommt das Grundwasser auf zweieinhalb Seiten vor."
Bäume ohne Wasser?
Der Bereich heißt darüber hinaus "Linzer Sande" - die Angst der Anrainer ist deshalb mannigfaltig. Einerseits fürchten sie, dass die Grundwasserabsenkung in diesem großen Stil die hunderten Bäume zwischen Stadion und Schlösslbergpark - und womöglich auch im Park selbst - gefährdet und verdursten lässt.
"Vor drei Jahren haben wir explizit nachgefragt, was die Tunnelarbeiten etwa für unsere große Linde im Innenhof der Wohnanlage bedeuten", erinnert sich eine Anrainerin, "damals wurde uns schriftlich versichert, dass keine Gefahr für den Baumbestand besteht." Eine Information über die - offenbar schon damals geplante - Grundwasserabsenkung hätte sie sich in diesem Zusammenhang jedenfalls erwartet.
Absenkungen befürchtet
Und die andere große Angst ist, dass sich das Areal durch die Umleitung des Grundwasserstroms senken könnte. "Linzer Sande" weise auf lehmigen Untergrund hin - nicht zuletzt deshalb sei in dem Bereich einst die Ziegelei gewesen, die Ziegeleistraße erinnert noch daran. Fehlendes Wasser könne das Areal unstabil werden lassen. Die befürchtete Folge: Die Häuser könnten sich senken, dadurch könnten Risse entstehen.
Asfinag versichert: "Keine Auswirkungen"
Dem hält die Asfinag entgegen: "Auf Basis der langjährigen Messungen zeigt sich, dass sich der bestehende Grundwasserspiegel mehr als zehn Meter unter der Geländeoberfläche befindet. Dementsprechend werden durch die Grundwasserabsenkung keine wesentlichen Auswirkungen auf den Baumbestand bzw. Wurzeln erwartet."
Auch die befürchteten Senkungen des Areals schließt die Asfinag kategorisch aus.
Darüber hinaus betont die Asfinag, dass die genaue Lage der Bohrstellen, bzw. die betroffenen Anrainer, erst mit fortgeschrittenem Planungsstand festgestanden seien: "Daher gibt es auch jetzt erst die entsprechende Information an die Eigentümer."
Die Asfinag rechnet mit "überwiegend gütlichen Einigungen", wenn nicht, sehe das Bundesstraßengesetz bei Projekten im öffentlichen Interesse den Behördenweg als ultima ratio - sprich: Enteignungen - vor: "Unser Ziel ist es, das zu vermeiden."
Klimaschutz ist bei Autobahnbau keine Frage mehr
Die abschließende Frage der Anrainer beim Lokalaugenschein: "Wie kann es sein, dass in Zeiten des Klimawandels ein solches Autobahnprojekt gegen alle Sorgen um mit derartigen dafür nötigen Eingriffen und Maßnahmen durchgezogen wird?"
Diese ist längst und mehrfach beantwortet: Weil es ÖVP, SPÖ und FPÖ in Linz für wichtiger halten als den Klimaschutz, wie deren führende Politiker in Stadt und Land nicht müde werden zu betonen. Zuletzt per Beschlüsse in Gemeinderat und Landtag, mit denen die Kostenexplosion auf 1,2 Milliarden Euro (2020: 743 Millionen Euro) für die Autobahn mitgetragen wurde. Samt massiver Erhöhung der eigenen Kosten. Denn das Land zahlt 10 Prozent davon, die Stadt 5. Den Rest hat die Asfinag selbst zu finanzieren.
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