Tödliche Bluttat am Spielplatz: Angeklagter spricht von Notwehr

17-Jähriger wurde aus der U-Haft beim Prozess vorgeführt
Bei Mordprozess in Linz wirft Staatsanwaltschaft 17-jährigem Afghanen Tötungsabsicht vor.

„Ich wollte ihn niemals umbringen. Ich habe das aus Angst gemacht.“ So verteidigte sich jener 17-jährige Afghane, der  vor einem Jahr auf einem Kinderspielplatz in Linz Urfahr einen 19-Jährigen Landsmann mit einem Messerstich  getötet hat. Gegen den Burschen wurde am Freitag am Landesgericht Linz  vor einem Geschworenensenat die Mordanklage erhoben. Ihm drohen im Höchstfall 15 Jahre Freiheitsstrafe. Die Bluttat hatte im Vorjahr für heftige politische Debatten gesorgt und dazu beigetragen, dass die Stadt Linz  im Dezember ein Waffenverbot am Hinsenkampplatz in Linz-Urfahr verordnet hat.

Im auf drei Tage anberaumten Prozess ist das Gericht auf die alleinige Schilderungen des Beschuldigten und sein eingeschränktes Geständnis, die Tat begangen zu haben, angewiesen.  Zu der direkten Auseinandersetzung zwischen den beiden afghanischen Asylwerbern gibt es keine Zeugen. Im maßgeblichen Streitpunkt, ob die Tat vorsätzlich oder in Notwehr begangen wurde, kam es deshalb gleich zu Prozessbeginn zum Schlagabtausch zwischen Staatsanwalt Philip Christl und  Strafverteidiger Andreas Mauhart.

Mordanklage 
Für den Staatsanwalt ließen die Umstände der Tat nur den Schluss zu, dass der Angeklagte töten wollte. So sei er bereits „mit dem Messer stichbereit im Ärmel“ zu dem Spielplatz gegangen und habe dann mit „voller Brutalität“ gezielt einmal zugestochen. „Das kann nur Vorsatz gewesen sein“, meinte er. Dass er aus Angst vor dem Landsmann die Waffe mitgenommen habe, wollte er nicht glauben.

Ganz anders sah dies der Verteidiger. „Brutalst und hinterhältig“ sei sein Mandant bereits am Vormittag des 24. Septembers von dem späteren Opfer angegriffen worden. Wegen Drogen gab es offenbar Streitigkeiten. Er beschrieb auch das harte Leben des angeklagten als Kind. Als Siebenjähriger war er bei einem Bombenangriff schwer verletzt worden.

Alle Angaben und Aussagen des Angeklagten, der gebürtiger Paschtune ist und  weder schreiben noch lesen und rechnen kann, mussten von einer Dolmetscherin übersetzt werden.  Schon bei der Prüfung der Altersangaben stieß der Vorsitzende Alfred Pfeisinger auf Probleme, weil der Angeklagte mit dem 15. Juni 2004 ein anderes Geburtsdatum als jenes nannte, das er bei den Vernehmungen durch die Polizei und die Haftrichterin genannt hatte. Behörden in Österreich hätten im Asylverfahren den 1.1.2002 eingetragen, berichtete der Jugendliche.

Zu der fatalen Tat sei es letztendlich gekommen,  weil er Angst  hatte, berichtete der Beschuldigte. Am Vormittag  des 24. September der Vorjahres habe ihn der 19-Jährige, den er aus der Moschee kannte, getroffen und angesprochen. Als er sich geweigert habe, einen Joint mitzrauchen, sei er vom späteren Opfer mit einer Eisenkette niedergeschlagen worden.  Eine klaffende Wunde an der Stirn wurde später im Spital versorgt.

Am späten Nachmittag habe er einen Spaziergang machen wollen. Weil er Angst gehabt hätte, wieder auf den angeblichen Gewalttäter zu treffen, nahm er ein Keramikküchenmesser mit einer 20 Zentimeter langen Klinge mit.

Beim  tatsächlichen  neuerlichen Zusammentreffen habe sich der Ältere zuerst mit ihm aussprechen wollen und ihm erneut einen Joint angeboten. „Den habe ich aus Angst geraucht“, sagte der Angeklagte. Dann sei sein Gegenüber  wieder aggressiv geworden und habe ihm einen Schlag verpasst. „Als er in die Hosentasche griff, hatte ich Angst, dass er mich wieder mit der Kette schlägt, da habe ich zugestochen“,  ließ er die Dolmetscherin übersetzen. Im weiteren Prozessverlauf werde sein Mandant keine Fragen mehr beantworten, ließ Anwalt Mauhart wissen.

Tödliche Bluttat am Spielplatz: Angeklagter spricht von Notwehr

Der Angeklagte mit seinem Anwalt.

Eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung wurde von der psychiatrischen Sachverständigen Adelheid Kastner beim Angeklagten nicht diagnostiziert.  Sie beschrieb ihn als einfach strukturiert und ausnehmend selbstbewusst. Mehrmals hörte sie bei ihrer Befragung, warum sie so blöde Fragen stelle.

Der Prozess soll am 26. und 27. November fortgesetzt werden. Dem Jugendlichen drohen bis zu 15 Jahre Haft.

Kommentare