Brucknerfest ohne die vermeintlich besten Freunde Luger und Kerschbaum
„Ja, über diesem Jubiläum hängt ein Schatten. Wir sind bemüht, alles restlos und transparent aufzuklären.“ Das hat Klaus Luger, damals noch SPÖ-Bürgermeister von Linz, zum Jubiläum des Brucknerhauses am 23. März dieses Jahres gesagt.
Wenige Tage vorher war herausgekommen, dass jemand dem früheren kaufmännischen Direktor des Brucknerhauses, Dietmar Kerschbaum, die Unterlagen für das Hearing, das ihn 2017 zum Direktor machen sollte, gesteckt hat. Anonym, wie anfangs beide öffentlich versichert hatten.
Ein halbes Jahr später ist von voller Transparenz und restloser Aufklärung weiter nichts zu sehen, ein Schatten hängt immer noch über dem Brucknerjahr. Geklärt ist bloß, dass Luger selbst auch am Festtag des Brucknerhauses, dem "Namensgeber" der Linzer Stadtaffäre, im März im Scheinwerferlicht der Festbühne alle hinters Licht geführt hatte.
Lugers Lügengebilde
Dass er jetzt, wenige Tage vor dem Höhepunkt des Bruckner-Jubiläumsjahres mit dem Festakt zur Eröffnung des Brucknerfestes, statt als Bürgermeister als Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren der Linzer Staatsanwaltschaft da steht, ist darauf zurückzuführen, dass er, Machtmensch der er immer war, zumindest seit November des Vorjahres ein ums andere Mal in dieser Causa gelogen hat.
Aber nicht nur die Lügen sind es, die Luger in diesem Jahr sehr viel abverlangt haben. Wissend, wer für einen Teil der (übrigens auch von ihm verurteilten) Vorwürfe im Skandal um den von ihm geholten künstlerischen Geschäftsführer verantwortlich ist, hat er fast ein Jahr lang den Anschein des Aufdeckers aufrecht halten wollen und müssen.
Und Luger hat - als selbsternannter Aufdecker - eben diese restlose und transparente Aufklärung wiederum hintertreiben müssen. Und die Stadt dadurch - bewusst oder unbewusst wird noch zu klären sein - in noch größere Schwierigkeiten gebracht.
Strafrechtliche Ermittlungen
Die beauftragten Gutachten sind schon Teil strafrechtlicher Ermittlungen. Die Rolle eines von Luger beauftragten Krisen-PR-Managers wird noch zu klären sein. Auch, wer die Kosten dafür trägt.
Gleiches gilt für jede städtische PR-Arbeit, für inszenierte Auftritte Lugers, für Pressekonferenzen, die er - wohlgemerkt immer im Wissen, dass er wesentlich für diese Affäre verantwortlich ist - durchgeführt hat, um seine Rolle als Aufdecker zu untermauern.
Luger ist wohl gut beraten, so viel wie möglich an Schaden wiedergutzumachen. Kolportiert wird, er habe das schon veranlasst, seine interimistische Nachfolgerin Karin Hörzing prolongiert das von Luger angestimmte Versteckspiel und verweigert der Öffentlichkeit Antworten auf Fragen wie diese.
Und der Stadt droht bekanntlich weiteres Ungemach. Und zwar von jenem Mann, den Luger gefeuert hat, um selbst als Saubermann dazustehen: Von Dietmar Kerschbaum.
Drei Millionen Euro gefordert
Sein Anwalt, der Florianer Rechtsanwalt Bernhard Steinbüchler, hat von der Stadt drei Millionen Euro gefordert. Steinbüchler steht regelmäßig mit seinem Mandaten in Kontakt. "Gerade jetzt geht es ihm besonders schlecht", sagt Steinbüchler, "weil sich andere für seine Ideen jetzt bei den Festlichkeiten rund ums Brucknerfest feiern lassen."
Mobbing wirft er dem Bürgermeister vor. "Kerschbaum wurde im März dieses Jahres freigestellt", erläutert Steinbüchler, "und er hat gleichzeitig einen Maulkorberlass erhalten." Samt Androhung einer Entlassung, sollte er sich nicht daran halten.
Hier setzt Steinbüchler arbeitsrechtlich an, aber auch bei der später ausgesprochenen Entlassung. Denn Luger habe Anfang Juli unmittelbar nach Fertigstellung des Kontrollamtsberichtes und der Compliance-Prüfung - eben in einer solchen von ihm inszenierten Pressekonferenz - die Notwendigkeit einer Entlassung Kerschbaums kommuniziert.
Verspätete Entlassung
Die Entlassung durch die zuständige Stelle erfolgte etwa fünf Tage später. Von "unverzüglich", wie vom Gesetzgeber gefordert, könne da längst keine Rede mehr sein.
Was in letzter Konsequenz Kerschbaum, den Luger loswerden wollte, erst recht einen Hebel in die Hand gegeben hat, rechtlich zumindest mit besseren Karten gegen die Stadt arbeitsrechtlich gegen eine Entlassung vorgehen zu können.
Seit wenigen Wochen haben Kerschbaum und sein Anwalt die Berichte in Händen, eine Stellungnahme zu allen Vorwürfen wird ausgearbeitet. "Mit Kerschbaum hat bisher niemand geredet, ein ehrliches Interesse der Stadt an Aufklärung ist bisher nicht zu spüren", konstatiert Kerschbaums Anwalt.
Organisationsverschulden der Stadt
Vielmehr habe das Kontrollamt "im Auftrag von Luger Munition gegen Kerschbaum gesucht", findet Steinbüchler. Der auch festhält: Die meisten Vorwürfe gegen Kerschbaum würden kaufmännische Bereiche betreffen. "Luger hat Kerschbaum aber als künstlerischer Direktor geholt, das darf man nie vergessen", betont der Anwalt.
Für ihn "ein Organisationsverschulden der Stadt", das auch in der arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung zu diskutieren sein werde. Ebenso wie Lugers generelle Rolle. Denn, und das sagt der Anwalt mit Nachdruck, "Luger war in alles eingebunden", er habe alle Entscheidungen im Brucknerhaus und der LIVA getroffen, vieles, was Kerschbaum vorgeworfen wird, sei in Verträgen vereinbart gewesen. Mit Wissen Lugers. Denn Luger ließ sich, und das war bekannt, tatsächlich selbst bei operativen Details oft das letzte Wort nicht nehmen. Auch nach Kerschbaums Abgang übrigens.
Volle Reputation gefordert
Steinbüchler sei angesichts der Faktenlage "einem Arbeitsrechtsverfahren nicht abgeneigt", lieber sei ihm aber eine außergerichtliche Einigung.
Diese müsse aber neben einer finanziellen Abgeltung der Verluste Kerschbaums über den Vertrag hinaus - etwa von entgangenen Engagements, von denen es mehrere gäbe - vor allem eines beinhalten: Die volle Reputation Kerschbaums durch die Stadt. Was angesichts der Vorwürfe in den beiden Berichten schwierig scheint.
Eines ist fix: Am Sonntag wird das Brucknerfest offiziell eröffnet. Ohne Luger, gegen den strafrechtlich ermittelt wird. Und ohne Kerschbaum, gegen den strafrechtlich nicht ermittelt wird - unter anderem deshalb, weil Luger der Empfehlung des Kontrollamtes, eine strafrechtliche Prüfung einzuleiten, in seiner Amtszeit nicht nachgekommen ist. Warum ist offen. Klar ist: Beide werden am Sonntag allgegenwärtig sein. Fehlen werden sie nicht.
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