FPÖ-Chef Haimbuchner: „Mit klarem Kurs stärkste Partei werden“
Manfred Haimbuchner (44) ist stellvertretender Landeshauptmann, Landesparteiobmann und stellvertretender Bundesparteiobmann der FPÖ.
KURIER: Eine Tageszeitung hat vergangenen Sonntag über die Niederösterreich-Wahl Folgendes geschrieben: Die Blauen werden die großen Wahlsieger. Damit ist Herbert Kickls Macht in der FPÖ endgültig einzementiert. Seine Kritiker in Oberösterreich werden verstummen. Sind Sie nun verstummt?
Manfred Haimbuchner: Ich habe das nicht gelesen. Der Sonntag ist der Tag des Herrn und er ist vor allem der Tag der Familie. Es ist schön, dass sich die Medien Gedanken um die FPÖ machen.
Was sind die Gründe für den freiheitlichen Wahlerfolg?
Es gibt nur eine Partei, die eine klare Gegenposition zu den anderen Parteien und zum politischen Mainstream einnimmt. Wir sagen ganz klar, wir wollen diese Art der Migration nicht.
Wir haben eine ganz klare Gegenposition zu dieser ÖVP Niederösterreich, die ja die Bundespartei ist. Sie ist in einer Koalition mit den Grünen. Man kennt sich aus, wofür die Grünen stehen, wofür die FPÖ steht, aber wofür steht bitte die ÖVP? Sie ist eine Mischung aus Grün, aus Rot und ein bisserl, wenn es passt, Trachtenanzug im Zelt. Vor der Wahl ist sie ausländerkritisch, nach der Wahl sagt sie, was soll man gegen die illegale Migration machen?
Beim Thema Teuerung haben alle einen sozialistischen Zugang. Zuerst nehmen wir den Menschen das Geld, dann verteilen wir es. Wir wollen die Bürger entlasten. Wir sind gegen die Gutschein-Mentalität, die völlig beliebig erfolgt. Selbst die Asylwerber bekommen einen Bonus.
Bei der ÖVP Niederösterreich kommt noch die Arroganz der Macht dazu, die Mentalität, uns gehört dieses Land. Das Wahlergebnis ist erst der Beginn. Ich erwähne hier nur die Democratia Cristiana in Italien.
Sie meinen, die ÖVP wird so zerfallen wie die Democratia Cristiana in Italien?
Ich will mich mit der ÖVP überhaupt nicht beschäftigen. Wichtig ist, dass man eine klare Haltung haben muss, die bei gewissen Themen unverwechselbar ist.
Hat die Wahl Kickl gestärkt?
Sie hat die FPÖ gestärkt. Vor allem ihre Themen.
In Niederösterreich war eine Koalition der Blauen mit den Roten im Gespräch. Ist Blau-Rot für Sie eine Variante?
Für mich gibt es nur Varianten, wo freiheitliche Positionen durchgesetzt werden. Es geht um eine klare Position in der Ausländerpolitik. Ich bin selbst Vater von zwei Kindern, und ich möchte nicht, dass sie in einem Land aufwachsen, wo sie vom Tanzkurs nicht mehr alleine heimgehen können.
Ich will ein Land, das pluralistisch ist, aber deren Leitkultur abendländisch-christlich geprägt ist. Wo wir uns in erster Linie Gedanken um die Sorgen und Nöte der Menschen machen, und nicht um die sektiererischen Themen, die in e einer medialen Parallelwelt eine Rolle spielen.
Ich grenze niemanden aus, ich rede mit allen politischen Parteien.
Ihr Landesparteisekretär Michael Gruber plädiert für eine bürgerliche Koalition, für eine Zusammenarbeit mit der ÖVP. Teilen Sie Grubers Meinung?
Das oberösterreichische Modell ist ein Modell für den Bund, das habe ich immer betont. Ich bin ein konservativ-liberaler Mensch. Interessant ist es, dass es die ÖVP immer wieder schafft, mit grünen und marxistischen Ideen zu regieren. Man muss Grundfesten haben, aber man braucht in der Politik auch einen Hang zum Pragmatismus.
Sie würden Blau-Schwarz gegenüber Blau-Rot bevorzugen?
Ich würde eine Konstellation bevorzugen, wo man Politik macht und wo Entscheidungen getroffen werden. Ich bin ein Anhänger einer konservativ-liberalen-freisinnigen Zusammenarbeit, schließe aber alles andere nicht aus. Die ÖVP hat sich für die Grünen entschieden. Man hätte nach dem Freizeit-Zwischenfall auf einer Mittelmeer-Insel die Arbeit fortsetzen können.
Der deutsch-ägyptische Politikwissenschafter Hamed Abdel-Samad warnt in seinem neuen Buch „Islam – eine kritische Geschichte“ vor einem Rückfall Europas in das Mittelalter, denn mit der Einwanderung käme auch eine Minderheit hieher, die einen radikalen Islam vertrete und verbreite. Teilen Sie seine These?
Mit der grünen Energie-Politik kommt auch das Mittelalter zurück. Da wird es in den Häusern so kalt wie im Mittelalter. Die Migration ist ein Riesenthema, die Meinung der FPÖ ist bekannt. Wir verabschieden uns von einer sicheren Energiepolitik, angeführt von deutschen Grünen-Politikern.
Sie meinen von der Atomkraft und von der russischen Gasversorgung?
Von der Atomkraft. Ohne die französische Atomkraft steht Europa. Ich vermisse hier eine faktenbasierte Politik.
Zum Zitat des Politikwissenschafters. Das ist alles richtig, was da gesagt wird, das gilt aber nicht für den Großteil der Muslime. Das Hauptproblem ist – neben der illegalen Einwanderung und extremen Strömungen, die es gibt –, die Schwäche unserer Gesellschaft und Politik, ganz klar zu sagen, wofür wir stehen. Muslime und Vertreter der muslimischen Glaubensgemeinschaft sagen mir, bei der FPÖ weiß man, woran man ist.
Wir wollen nicht, dass das Land so verändert wird, dass die christlich-abendländische Kultur in der Minderheit ist und nur mehr zu einem Teil unserer kulturellen Identität wird. Wir sind hier das kulturelle Leitbild.
Europa und Österreich wollen aufgrund des Krieges Russlands gegen die Ukraine aus dem russischen Erdgas aussteigen. Halten Sie das für einen Fehler?
Ich halte es für einen ganz großen Fehler, dass man keine wirkliche Vision von einem friedlichen Zusammenleben in Europa hat. Zu Europa gehört auch Russland.
Russland ist aber der ganz klare Kriegstreiber gegenüber der Ukraine.
Das bezweifelt niemand. Ich vermisse eine geopolitische Strategie Europas. Wird es nun besser, wenn wir von amerikanischem Schiefergas oder von Gas aus Qatar oder Saudi-Arabien abhängig sind? Ich glaube nicht.
Wenn ich Sie richtig verstanden habe, sind Sie der Meinung, dass wir weiterhin das Gas aus Russland beziehen sollen?
Das Allerwichtigste ist, dass man vernünftig nachdenkt, wie wir unabhängig von ausländischen Einflüssen werden können. Wenn es in Österreich schon ein Problem ist, irgendwo hinein ein Loch zu bohren, dann sieht man, wie weit unsere Gesellschaft intellektuell gescheitert ist.
Sie meinen die Diskussion von Gasbohrungen in Molln.
Es ist eine intellektuelle Bankrotterklärung, wie man das diskutiert. Man kann alles kritisieren. Man weiß nicht einmal, worüber gesprochen wird und es wird sofort alles abgelehnt, ohne dass man ein Detail weiß.
Wenn man sogar gegen Probebohrungen ist, dürfen wir auch keine Bohrungen nach Wasser, Geothermie etc. machen. Dann machen wir gar nichts mehr. Ist das ein Zugang? Nach Qatar fliegen wir schon. Sind dort die großen Demokraten und Vertreter der Menschenrechte zu Hause?
Die FPÖ liegt in den bundesweiten Umfragen am ersten Platz. Möglicherweise wird die FPÖ bei der nächsten Landtagswahl Erster. Erwarten Sie, dass die ÖVP mit Ihnen koaliert und Sie zum Landeshauptmann macht?
Ich bin 2003 politisch aktiv geworden. Damals gab es die große Niederlage bei der Landtagswahl. 2009 haben wir uns verdoppelt. Ich habe 2009 gesagt, ich werde nie nach Wien gehen. Mein Ziel ist, dass wir zweitstärkste Kraft werden und dass wir mitregieren. Ich habe alle diese Ziele mit der FPÖ umgesetzt.
Ich habe 2021 gesagt, nicht schwach werden, wenn es nicht so läuft. Wir werden den Weg weitergehen. Ich werde 2027 kein anderer sein, vielleicht ein bisschen reifer. Ich sage immer, im Erfolg nicht überschwänglich sein und wenn es schwieriger ist, nicht depressiv werden. Wir sollten klaren Kurs halten wie die Schweizerische Volkspartei, die auf einmal stärkste Partei geworden ist.
Die SVP ist Ihr Vorbild?
Mein Vorbild. Ich habe Christoph Blocher getroffen und bin sehr beeindruckt von dessen Wertehaltung. Man muss die FPÖ viel stärker mit Wertehaltungen verbinden als mit Stimmungen oder unterschiedlichen Personen.
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