Städteplaner fordern in Linz mehr Mut zur Donau

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Bereits seit 1902 findet der Urfahraner Markt regelmäßig in Linz statt. Jeweils im Frühling und im Herbst gibt es meist neun Tage lang Vergnügungseinrichtungen wie Karussell und Autodrom samt unzähliger Verkaufsstände sowie Musik. Jetzt soll aus dem gut acht Fußballfelder großen Areal mehr werden – eine grüne Oase für die Linzerinnen und Linzer. Doch die steigenden Kosten lassen das Projekt stocken. Derzeit rechnet man bei der Stadt Linz mit rund neun Millionen Euro.
Spricht man mit Entscheidungsträgern und Kennern des Projekts, wird schnell klar: Wirklich dagegen ist niemand. Doch bei den Kosten und bei Größe der Neugestaltung ist man sich uneinig. Das Projekt, das derzeit unter dem Namen „Wasserbucht“ diskutiert wird, nahm 2017 Form an. Für die grüne Wohlfühloase mit Markt, Grünflächen, Donau-Seitenarm mit Bucht und Platz für Feste wurden ursprünglich drei Millionen Euro Kosten angenommen, sagt Planungsstadtrat Dietmar Prammer (SPÖ).
Das zuständige Architektenkollektiv G.U.T. veranschlagte im Vorjahr 7,6 Millionen Euro. Prammer lässt das Projekt nun vom Tiefbauamt noch einmal prüfen. Hier gehe man mittlerweile von neun Millionen Euro aus. Nicht einberechnet: die Kosten für mögliches verunreinigtes Aushubmaterial.
Plan
Das Architektenkollektiv G.U.T. hat sich bereits im Jahr 2017 bei einem Ideenwettbewerb für das Areal rund um den Urfahraner Markt durchgesetzt. Sechs Jahre später ist man der Umsetzung näher, aber einen fertigen Beschluss des Linzer Stadtsenats gibt es nicht.
Geplant ist eine Serie von Zonierungen, „die das Gelände mit dem Donauufer verbindet und den Erwartungen an ein neues Areal von Linz, einer nutzungsoffenen, urbanen Freifläche, entspricht“, heißt es seitens des Kollektivs.
Areal
Der Donauraum soll sich zu einem „lebendigen“ Areal entwickeln. Möglich machen sollen das Freizeiteinrichtungen, eine Zone mit kleiner Gastronomie, Märkte, Street Food, Erholungsmöglichkeiten am Ufer. Vorgesehen sind permanente sowie temporäre Nutzungen am Tag, aber auch in den Nachtstunden.
Jahrelange Arbeit
Andreas Henter vom Kollektiv G.U.T. bittet, zwischen Preis und Wert für die Stadt zu unterscheiden: „Wie viel ist so eine grüne Oase auf dem Areal wert? Ich glaube, dass das unbezahlbar ist.“
Er könnte sich auch mit einer abgespeckten Form des Projekts anfreunden. „Wir sind die Letzten, die sagen, wir machen es nicht. Sonst würden wir nicht so viele Jahre investieren. Wir sind froh über jeden Kieselstein, der uns zugeworfen wird, damit wir den Prozess starten können.“
Forderung nach Informationen
Vizebürgermeister Martin Hajart (ÖVP) sagt, dass man vonseiten der ÖVP seit Jahrzehnten für die Attraktivierung des Donauraums eintritt. Details zum Projekt bekomme er derzeit aber nur über Medien. Hajart erwartet sich Informationen über die Kostenentwicklung, eine Diskussion und dann eine Entscheidung. Er sei seit März 2022 im Amt und sei intern noch nie über das Projekt informiert worden. Diese Gespräche zur Wasserbucht soll es demnächst mit allen Parteien geben, verspricht Stadtrat Prammer.
Bei den Grünen fordert Klimastadträtin Eva Schobesberger, dass eine Förderung für die Wasserbucht geprüft werde. Bei den Grünen wittert man die Chance, dass der Bund bis zu 50 Prozent der Kosten übernimmt.
Kleine, schattige Buchten, niedrige Einstiege ins Wasser, den Grünstreifen im Rücken und den Römerbergtunnel als Gegenüber: Jener Streifen direkt am Wasser, der Alt-Urfahr von der Donau trennt, erfreut sich seit einigen Jahren immer größerer Beliebtheit. Es ist der noch relativ ruhige Abschnitt von der Nibelungenbrücke weg am Wasser entlang in Richtung Puchenau.
Wer hier an einem lauen Frühlingstag oder am heißen Sommerabend Halt macht, ist trotzdem nicht alleine. Viele Familien und junge Menschen, einige davon mit Gitarre, tummeln sich an diesem gemütlichen Stückchen Stadtstrand, den die Linzerinnen und Linzer eigenständig für sich erobert haben. Es wird gebadet, gesungen, geredet und gespielt.
Die Infrastruktur vor Ort ist ausbaufähig, zu den öffentlichen Toiletten muss man einen kleinen Spaziergang einplanen. Einen Stand, bei dem man sich mit Getränken und Snacks eindecken kann, gibt es bis dato nicht.
Beizeiten fährt ein Mann mit dem Lastenfahrrad vorbei und verkauft kühles Bier und Limonaden. Dieses kleine Fleckchen Naherholungsgebiet ist bis dato unterschätzt und wartet darauf, zurückhaltend belebt zu werden.
Wer es geselliger mag, macht es sich einfach an der „Länden“ in Höhe von Sandburg und Brucknerhaus gemütlich. Dort tummelt sich bei Schönwetter immer halb Linz.
Für FP-Sicherheitsstadtrat Michael Raml ist der Bau des Hallenbads in Ebelsberg wichtiger als die Errichtung „der seit Jahren schleppend geplanten Wasserbucht“. Er plädiert dafür, sich auf eine „einfach machbare und leistbare Neugestaltung des Marktgeländes“ zu einigen.
Franz Koppelstätter, Leiter des Architekturforums Oberösterreich, bringt bei der geplanten Freizeitfläche die soziale Komponente ins Spiel: Einen Garten mit Pool könne sich nicht jeder leisten. „Viele sind auf gemeinschaftlich genützte Flächen ohne Konsumzwang angewiesen.“
Vergleiche man die neun Millionen Euro mit anderen Bauprojekten, die laut Koppelstätter nichts zur Verbesserung der Lebensqualität beitragen würden, sei das nichts. „Der Flusszugang hat so ein großes Potenzial. Ich glaube, es braucht jetzt Mut in der Politik, so etwas umzusetzen“, so Koppelstätter.
Wettbewerb der Städte
Stadtentwickler und Linz-Plus-Gemeinderat Lorenz Potocnik hebt im Gespräch mit dem KURIER vor allem den wirtschaftlichen Aspekt des Projekts hervor. Die Städte würden um Fachpersonal aus der Digitalindustrie im Wettbewerb stehen. Die „besten Köpfe“ könnten sich aussuchen, in welcher Stadt sie leben. „Die erwarten sich Lebensqualität, Parks in der Stadt, wo man mit den Kindern hingehen kann. Auch deswegen ist das so wichtig.“ Das werde leider in der Diskussion immer wieder vergessen, kritisiert Potocnik. Nicht umsonst ziehe es gut ausgebildete Menschen nach Kopenhagen oder Amsterdam, wo sie dann mit ihren Familien leben.
Auch die finanzielle Diskussion versteht der Linzer nur bedingt. „Das ist eine gute Investition. Eine Neugestaltung liegt im öffentlichen Interesse und stärkt den Wirtschaftsstandort.“ Potocnik habe ursprünglich mit noch höheren Kosten gerechnet. Wenn man das Projekt effizient umsetze, könne man sehr viele Effekte für die Stadt erzielen. In der Klimadiskussion sieht er zudem ein Zeichen, „um alle zu motivieren“ und zu zeigen, dass man es ernst meine. „Das ist wirklich ein Leuchtturmprojekt“, wünscht er sich Priorität für die Pläne.
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