Linzer SPÖ-Kandidat Prammer: "Bin anders gepolt als Klaus Luger"

Linzer SPÖ-Kandidat Prammer: "Bin anders gepolt als Klaus Luger"
Dietmar Prammer soll für die SPÖ nach Klaus Lugers Lügen-Affäre den Bürgermeistersessel retten. Wo er sich von Luger unterscheidet, wo er auf ihn baut.

Dietmar Prammer (SPÖ) will das Erbe des wegen seiner Lügenaffäre zurückgetretenen Bürgermeisters Klaus Luger antreten.

KURIER: Herr Prammer, wie viel Klaus Luger steckt in seinem Kronprinz? 
Dietmar Prammer:  Ich kenne Klaus Luger seit 30 Jahren, habe ihn über die Jahre auch politisch begleitet, obwohl ich nicht durchgehend politisch tätig war. Deswegen bin ich Klaus Luger sehr verbunden. Er war eine sehr prägende Person in der Linzer Sozialdemokratie, ich bin aber vom Typ her anders gepolt. Ich versuche, verbindender zu sein, mehr auf Teamarbeit zu setzen, mich mit mehreren Personen auszutauschen und mir ein gutes Meinungsbild zu schaffen, bevor ich Entscheidungen treffe, die man oft auch alleine treffen muss. Das unterscheidet mich vielleicht von Klaus Luger.

Wollen Sie den Weg von Klaus Luger für Linz fortsetzen?
Ich mag den Weg der Sozialdemokratie in Linz fortsetzen. Wir können stolz darauf sein, wie sich die Stadt in den letzten Jahren und Jahrzehnten entwickelt hat.

Wie enttäuscht waren Sie von Luger, als Sie von seinen Lügen erfahren haben?
Ich war natürlich schon enttäuscht über sein Verhalten und sehr überrascht. Seine Art war immer, strategisch analytisch vorzugehen, Entscheidungen abzuwägen, Resultate aus Entscheidungen vorherzusehen. Und bei dieser Entscheidung, als es um das Verheimlichen ging, hat er so agiert, wie wir es von ihm nicht gewohnt waren.

Wie peinlich ist Ihnen, dass die SPÖ ihm nach Auffliegen seiner Lügen mit 100 Prozent das Vertrauen ausgesprochen hat?

Überhaupt nicht. Das war eine sehr schwierige Situation für uns alle. Klaus Luger hat in kürzester Zeit die Entscheidung getroffen, zurückzutreten, und wir haben entschieden, dass ich sein Nachfolger werden soll. Das haben wir in Anbetracht der Situation wohlüberdacht getan.

Wie oft tauschen Sie sich mit Klaus Luger aus? 
Ich habe Gespräche mit ihm geführt, aber es waren nicht viele. Er hat seine Vorbereitungen, was den Prozess oder die Ermittlungen betrifft, wir haben unsere  Aufgaben zu erledigen. Es gibt keine Diskussionen über das Alltagsgeschäft, da hält er sich ganz raus und mischt sich nicht ein.

Soll Klaus Luger der Stadt die Kosten der von ihm zur Verschleierung seiner Rolle in der Brucknerhaus-Affäre beauftragten Rechtsgutachten ersetzen?
Das wird derzeit geprüft, das ist Teil des Verfahrens, das die Staatsanwaltschaft führt. Je nachdem, wie das Verfahren ausgeht, muss man schauen, ob die Kosten zurückgefordert werden.

Gleich zu Beginn Ihrer Amtszeit als geschäftsführender Vizebürgermeister haben Sie einen Paukenschlag gesetzt und die Umwidmung des Grüngürtels abgeblasen. Ehrlicher Sinneswandel oder wahltaktisches Manöver?
Ich habe von Anfang an gesagt, es ist spannend, dass der Landeshauptmann schon weiß, dass die Uni dort hinkommt, obwohl es noch keine Widmung gibt. Ich habe damals den Standort mit Klaus Luger durchaus für gut befunden und deshalb dort einen Masterplan in Auftrag gegeben. Mir war aber von Anfang an klar, dass das ein sehr schwieriges Areal ist, was die Hanglage, das Wasser, die Luftschneise und Flora und Fauna betrifft. Über den Sommer haben wir die Stellungnahmen der Amtssachverständigen des Landes bekommen. Da haben wir gesehen, dass wir diese Umwidmung nicht durchbringen. Raumordnung ist immer eine Interessenabwägung. In diesem Fall ist es sich einfach nicht ausgegangen.

Aber beim Bau der Westringautobahn fahren Sie weiter mit Vollgas gegen den Klimaschutz. 
Es gibt mehrheitliche Beschlüsse des Gemeinderates dazu. Jetzt würde es überhaupt keinen Sinn mehr machen, dieses Projekt zu stoppen. Die Umsetzung unseres Innenstadtkonzeptes baut auf der kompletten A26 auf. Nur die Brücke alleine macht ja gar keinen Sinn.

Der Verkehr soll in Linz so verändert werden, dass die Menschen hier kein Auto mehr haben wollen – das ist die Vision Ihrer Grünen Konkurrentin Eva Schobesberger. 
In die Zukunft zu blicken ist schwierig. Wir sind in einer Umbruchphase, das merken wir in der Stadt- und Mobilitätsplanung. Die Entwicklung geht rasant, das lässt sich schwer vorhersagen.

Aber Sie können die Entwicklung gestalten.
Ja, ich kann sie mitgestalten. Ich kann Ihnen aber nicht sagen, wie die Menschen in zwölf oder zwanzig Jahren unterwegs sind.

Andere Städte haben mit Mobilitätsentscheidungen dazu beigetragen, dass die Menschen vom Auto auf das Fahrrad oder den öffentlichen Verkehr umsteigen können. Ist das auch Ihre Intention?
Was die Innenstadt betrifft auf jeden Fall, das haben wir mit dem Innenstadtkonzept auch bewiesen. Es macht Sinn, den Durchzugsverkehr aus der Innenstadt heraus zu bekommen und den Platz, der für die Öffentlichkeit mehr zur Verfügung steht, attraktiver zu gestalten. Dabei geht es  auch um den parkenden Verkehr. Aber wir können die Leute, die in Linz leben, nicht dazu zwingen, auf ihr Auto zu verzichten, wenn sie es benötigen. Wobei das in der Innenstadt anders zu sehen ist als in peripheren Wohngebieten.

Wie schaut Linz in 15 Jahren aus? Wie viele neue Hochhäuser wird es geben, und wie hoch sollen diese sein?
Wir schauen uns die Hochhausprojekte sehr genau an. Im Gölsdorfquartier ist die Entscheidung gefallen, dort zwei Hochpunkte mit 60 und 80 Metern zu setzen, ich begrüße das. Das sind aus Linzer Perspektive gesehen Hochhäuser, national und international gesehen nicht.

Soll es noch höher werden als der Quadrill?
Ich werde hier keine Zahlen nennen.

Auch keine Grenzen setzen?
Die Zeiten, in denen es geheißen hat, es darf nicht höher gebaut werden, als der Dom, die sind vorbei. Aber ich gehe nicht davon aus, dass das in den nächsten Jahren ein Thema wird.

Die Donau spielt in Linz eine große Rolle. Für die Schmalspur-Variante auf der Urfahraner-Jahrmarktseite – Stichwort Perlenkette statt Badebucht – mussten Sie viel Kritik einstecken. Warum gibt es dort keine große Lösung?
Das war ein privates Projekt, auf das die Stadtpolitik aufgesprungen ist. Da hätte man kommunizieren müssen, dass wir diese Fläche auch weiterhin als Jahrmarktfläche haben wollen. Wir wollen, dass der Markt dort zwei Mal pro Jahr stattfindet und dass die Fläche auch der einen oder anderen Veranstaltung zur Verfügung steht, die auch einen Mehrwert für die Stadt hat, wie etwa das Lido Sounds.

Bei der Entsiegelung des Jahrmarktgeländes herrscht auch große Sorge, dass Sie und die SPÖ das nicht mutig genug angehen. Wie gefällt Ihnen die Idee des Central Parks?
Wir haben einen Central Park in Linz, das ist der Volksgarten. In New York ist der Central Park auch nicht am Hudson River, sondern im Stadtzentrum. Aber zur Entsiegelung. Es gibt ja einen Grund, warum die Fläche asphaltiert wurde. Darunter verläuft ein Grundwasserstrom. Und sobald darüber Lkws parken, Fahrgeschäfte stehen, Fritteusen für Pommes in Verwendung sind, muss das Grundwasser darunter geschützt werden. Die Architekten haben sich schon genau angeschaut, wo es Flächen gibt, die man entsiegeln könnte, weil niemand darauf parkt. Alles andere könnte man zwar entsiegeln, man müsste aber darunter wieder eine undurchlässige Schicht einziehen. Dann wäre es zwar grün, aber auch nicht richtig entsiegelt.

Ihr ÖVP-Herausforderer Martin Hajart sagt, die ÖVP könne Integration besser als die SPÖ, Michael Raml von der FPÖ baut seinen ganzen Wahlkampf rund um das Thema Sicherheit auf. Sie selbst sagten, keinen Schlingerkurs wie oftmals in der SPÖ zu fahren. 
Ich scheue mich nicht, das Thema anzusprechen. Ich ärgere mich auch, wenn sich bestimmte Gruppen mit Migrantinnen und Migranten, meistens männlich, nicht an unsere Regeln und Gesetze halten. Da muss man Kante zeigen und sie zur Verantwortung ziehen. Das heißt aber nicht, dass man Jugendliche, die etwas angestellt haben, gleich ins Gefängnis stecken muss, denn da sind die kriminellen Karrieren vorprogrammiert. Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist das Um und Auf für die Integration. Und da sind ÖVP und FPÖ schuldig, Lösungen anzubieten. Der zweite Punkt ist der öffentliche Raum. Es ist unsere Aufgabe, dort für Sicherheit zu sorgen. Ich habe kein Problem mit Videoüberwachung, da haben wir auch einen Schwenk in der Linzer Sozialdemokratie vor ein paar Jahren vorgenommen. Da braucht es auch jemand, der hinter den Monitoren sitzt und den Zugriff tätigt, wenn es zu Übergriffen kommt, nicht nur im Nachhinein bei der Aufklärung. Dazu fehlt bei der Polizei das Personal.

Soll der Ordnungsdienst dafür aufgewertet und mit mehr Kompetenzen ausgestattet werden?
Der Ordnungsdienst hat sich gut bewährt, die Mitarbeiter sind sehr engagiert. Ich glaube nicht, dass man den zu einem bewaffneten Sicherheitsdienst aufwerten soll, das ist Aufgabe der Polizei und des Bundes, für genug Personal zu sorgen.

Der Bürgermeister von Linz braucht mehr Kontrolle. Würden Sie diesen Satz unterschreiben?
Der Bürgermeister von Linz wird wie jeder andere Bürgermeister aufgrund der gesetzlichen Vorgaben kontrolliert. Es gibt alle Instanzen, und wir haben die politische Kontrolle durch den Gemeinderat…

… die aber bei Klaus Luger nicht funktioniert hat…
In diesem Fall gäbe es noch die Kontrolle durch die ausgelagerten Aufsichtsräte. Da gab es eine Gemengelage und Funktionen in Personalunion des Klaus Luger als Aufsichtsratsvorsitzender und Eigentümervertreter. In diesem Fall hat die Kontrolle nicht funktionieren können, das hat sich gezeigt.

Eine kurze Frage zur SPÖ in Oberösterreich: Warum ist es so schwer, einen Landesparteichef zu finden?
(Denkt sehr lange nach) Wir haben in der Vergangenheit wenig strategisch überlegt, in Nachwuchsarbeit und Führungskräfteaufbau zu investieren. Mit Michael Lindner hatten wir einen guten jungen Kandidaten, einen Vollblutpolitiker, wo wir darauf vertraut haben, dass er uns in die Landtagswahl 2027 führt. Das ist jetzt anders, seine Entscheidung ist zu respektieren. Uns stellt das aber vor Schwierigkeiten. Wir sind an sich personell nicht so schlecht aufgestellt. Evi Holzleitner etwa sieht ihre Zukunft aber im Bund und ist auch der Frauenorganisation verpflichtet. Alois Stöger bemüht sich, sehr breit zu suchen und gemeinsam mit dem Präsidium einen Kandidaten oder eine Kandidatin zu finden. Das wird aber noch herausfordern sein.

Für Sie ist Landesrat und/oder Parteichef in OÖ kein Thema?
Nein.

Eine Option, wenn Sie nicht Bürgermeister werden?
Davon gehe ich nicht aus, aber nein. Ich bin in Linz sozialisiert und hier aufgewachsen. Ich war immer ein Linzer. Für mich ist Linz das Geilste, was man politisch tun könnte.

In weniger als einer Woche ist die Wahl. Wie zufrieden ist „der Didi“ mit dem Wahlkampf und seiner Bekanntheit jetzt in Linz?
Wir sind unter sehr schwierigen Bedingungen gestartet. Mir ist es am Anfang auch nicht gut gegangen. Da lastet ein enormer Druck auf den Schultern, den Bürgermeistersessel zu halten, nämlich auch geschichtlich. Mittlerweile bin ich guter Dinge.

Dass die FPÖ in Linz so stark wird, den Bürgermeister zu stellen, glauben Sie nicht?
Ich glaube, ich habe die besten Chancen, im ersten Wahlgang die Nummer ein zu sein und aus der Stichwahl als Sieger hervorzugehen. Die FPÖ-Mitglieder sind sicher motiviert, aber das Potenzial in Linz ist nicht so groß wie anderswo.

Wer kommt am Sonntag in die Stichwahl?
Ich würde Michael Raml mit mir in der Stichwahl sehen.

Sie kommen fix in die Stichwahl? Und wenn nicht, treten Sie dann zurück?
Fix ist nichts. Ich bemühe mich sehr, aber es ist keine „g’mahte Wies’n“ und keine Selbstverständlichkeit, dass die SPÖ den Bürgermeister stellt. Falls das nicht so ausgeht, habe ich mir über die Zeit danach noch keine Gedanken gemacht.

Bleiben Sie Vizebürgermeister, wenn Sie in der Stichwahl verlieren?
Diese Frage habe ich mir noch nicht gestellt.

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