Bruckner, der Traditionsavantgardist
Während manche Vertreter der Wirtschaft und der Industrie die Lage des Landes wegen der wirtschaftlichen Stagnation zumindest durchwachsen sehen, ist Norbert Trawöger, künstlerischer Direktor der Bruckner Orchester und Chef der KulturEXPO ausgesprochen optimistisch. „Es ist bei uns viel selbstverständlich. Es ist für uns selbstverständlich, dass wir im Logenplatz des Weltgeschehens sitzen und dass es uns gut geht“, sagt der 53-Jährige im Gespräch mit dem KURIER.
Brucknerisch
Kultur schaffe Zusammengehörigkeit, auch bei aller Gegensätzlichkeit. Im Land sei durch die Europäische Kulturhauptstadt Bad Ischl und durch das Jubiläumsjahr 200 Jahre Bruckner wieder eine Bewegung spürbar, „wo uns bewusster wird, dass wir ein unglaublicher Standort sind. Das ist brucknerisch. Ich sage immer, Bruckner war ein Traditionsavantgardist. Er war beides, Traditionalist und Avantgardist. Das ist in einer bestimmten Mischung oberösterreichisch.“
Das Ars Electronic Center (AEC)
Es gebe wirtschaftlich viele Weltmarktführer, „wir haben Spitzenleistungen an der Kepleruniversität“, trotzdem sei Linz nur eine Stadt mit 220.000 Einwohner. Das Ars Electronica Festival seien die Salzburger Festspiele der elektronischen Kunst. Trawöger: „In der Welt draußen wissen sie es überall. Mehr und mehr weiß man das auch in der Stadt.“ Es wird immer wichtiger, denn im Ars Electronica Center (AEC) werde das formatiert, was unsere Zeit bestimme. „Das verhandeln die schon lange.“
Blick vom Hauptplatz
Wenn man sehen wolle, was Linz ausmache, brauche man sich nur auf den Hauptplatz stellen. „Stell’ dich auf den Hauptplatz, da ist die Pestsäule, da sind die Hitlerbauten (Brückenkopfgebäude), die auch zu uns gehören. Wenn man über die Donaubrücke schaut, sieht man das Ars Electronica Center und den Pöstlingberg. Das erzählt viel über den Standort. Da ist ein großes Traditionsbewusstsein, eine große, lange Geschichte, mit Johannes Kepler, Adalbert Stifter und Anton Bruckner, Giganten in der kleinen Stadt.“ Linz zähle heute 220.000 Einwohner, zu Bruckners Zeiten seien es 29.000 gewesen.
Weltbedeutung
Wie Linz inzwischen profiliert sei, belegt Trawöger mit einer persönlichen Geschichte. „Als ich 1998 in Göteborg studiert habe, hat mich der Kompositionsprofessor gefragt, von wo ich komme. Ich antwortete zuerst mit Österreich, aus der Region zwischen Salzburg und Wien. Er fragte weiter, von wo genau. Ich antwortete mit Linz. Er sagte darauf, ich war einer der ersten Preisträger des Prix Ars Electronica. Da ging mir das Licht auf, dass ich etwas nicht weiß, was man woanders viel mehr wahrnimmt. Die Ars Electronica hat Weltbedeutung, von Japan bis Amerika. Es gefällt mir, wenn das Festival stattfindet, weil so viel internationales Publikum da ist.“
Dynamische Identität
Der Vorteil von Linz und Oberösterreich sei, „dass wir unsere Identität noch schreiben, das Ganze ist beweglich und flexibel. Das ist in der Zeit, in Verbindung mit dem Alten.“ Salzburg und Wien seien dagegen „ausverhandelt. Lipizzaner, Philharmoniker, Sängerknaben, alles großartig. Das sind museale Dinge. Aber diese Dynamik, die in der Stadt nach wie vor in einer gewissen Weise da ist, finde ich in keiner anderen österreichischen Stadt.“
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