Braune Peckerl im Braunauer Freibad: Staatsanwalt ist Strafe zu gering

Braune Peckerl im Braunauer Freibad: Staatsanwalt ist Strafe zu gering
Innviertler wurde zu zwei Jahren Haft, davon acht Monate unbedingt, verurteilt. Dem Staatsanwalt ist daszu wenig.

Ein langärmeliges weißes Hemd und eine Jeans bedeckten am Dienstag, worum es eigentlich ging: Jene Nazi-Tätowierungen wegen denen sich ein 32-Jähriger Innviertler vor dem Landesgericht Ried wegen Wiederbetätigung verantworten muss.

Wie berichtet, soll der Mann am 9. und 15. Juli diese im Freibad von Braunau zur Schau gestellt, und drei Mal Fotos von sich mit eindeutig rechtsradikalen Peckerl auf Whatsapp und Facebook gepostet haben.

Wegen besagter Postings gab es bereits im Mai eine Hausdurchsuchung bei ihm.

Am Dienstag zogen sich die Geschworenen kurz nach 16 Uhr zur Beratung von fünf Hauptfragen zurück. Zwei betreffen die Geschehnisse wegen einer möglichen Wiederbetätigung im Bad, drei jene in sozialen Medien. Die Höchststrafe lag bei 10 Jahren.

Staatsanwalt meldete Berufung an

Der Angeklagte wurde zu zwei Jahren teilbedingter Haft verurteilt: 8 Monaten unbedingt, 16 Monate bedingt.

Die Vorhaft wird angerechnet, somit bleiben gut 5 Monate tatsächlich hinter Gittern übrig. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Dem Staatsanwalt ist die Strafe aber zu gering. Er meldete dagegen innerhalb der gesetzlichen Frist Berufung an. Das teilte er am Freitag mit.

Der Innviertler erhielt außerdem die Weisung sich innerhalb von einem Jahr vier Nazi-Tattoos überstechen lassen.

Blut-und-Ehre muss weg

Darunter eine schwarze Sonne, ein Totenkopf mit SS-Zeichen und zwei Blut-und-Ehre-Schriftzüge. Diese wurden angeklagt, obwohl sie in Östererich eigentlich nicht strafbar sind.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Für die Postings wurde der Angeklagte von den acht Geschworenen freigesprochen. Für die Besuche im Bad schuldig. Somit wurden auch der Schriftzug "Blut-und-Ehre" berücksichtigt, der von der Staatsanwaltschaft Ried angeklagt wurde.

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"Cool sein" mit Nazi-Tattoos

Der Angeklagte verantwortet sich so: "Ja, was soll ich dazu sagen. Ich war jung und dumm. Das sind Sachen, die mir aus der Vergangenheit geblieben sind." Entstanden seien seine NS-Tätowierungen als er 15 bis 20 Jahre alt war.

Eine Erklärung, die er auch immer wieder nannte, als er im Prozess auf andere Tätowierungen auf seinem Körper angesprochen wurde. Ebenso wie diese: "Ich wollte cool sein."

Erste Vorstrafe wegen Wiederbetätigung mit 16

Der 32-jährige Vater ist bereits drei Mal nach dem Verbotsgesetz vorbestraft. Die erste einschlägige Vorstrafe gab es bereits im Alter von 16 Jahren. Daneben hat der Beschuldigte laut KURIER-Recherchen neun weitere Vorstrafen.

Alleine die Verlesung der Vorstrafen dauerte am Dienstag zu Beginn des Prozesses mehrere Minuten. Wiederbetätigung, Urkundenunterdrückung, gefährliche Drohung, Tierquälerei waren nur einige Worte, die dabei fielen.

Oberkörper zugemüllt mit Nazi-Tattoos

"Jeder der Anfang Juli eine Zeitung aufgemacht hat, der weiß, worum es heute hier geht", erklärte Staatsanwalt Alois Ebner bei seinen Eröffnungsplädoyer. "Der Oberkörper des Angeklagten war zugemüllt mit braunen Nazi-Tattoos. Er steht zum vierten Mal deswegen vor einem Geschworenengericht."

Dabei wurde auch klar, dass sich der 32-Jährige vor den nun angeklagten Tätowierungen bereits ein Hakenkreuz und ein Adolf-Hitler-Porträt hatte stechen lassen. Diese ließ er mittlerweile übertätowieren.

"Erinnern an das Dritte Reich. Das darf man nicht. Das verbietet das Verbotsgesetz und das hat der Angeklagte gewusst. Was wird er uns heute sagen? Ich hoffe nicht, dass er in dümmlicher Verantwortung sagt, er hat es nicht gewusst", sagte Ebner.

Familienausflug ins Freibad

"Das Verbotsgesetz steht im Widerspruch zur Meinungsfreiheit in Österreich", betonte hingegen der Verteidiger des Angeklagten, Hartmut Gräf. Und weiter: "Welchen Vorsatz hatte mein Mandant, als er ins Freibad mit seiner Familie, mit seinem Sohn, seiner Freundin und deren Tochter ging? Wollte er seine braunen Peckerl präsentieren, oder wollte er sich einfach abkühlen." Es sei ihm einfach heißt gewesen.

Der Angeklagte bekannte sich "nicht schuldig". Die Präsentation seiner Tätowierungen auf einer Leinwand im Gerichtssaal nahm er regungslos hin. "Ich schau mich jede Woche 70 Mal in den Spiegel, ich nehm das doch gar nimma wahr", erklärte der Innviertler im tiefsten Dialekt. Deswegen habe er auch die Tätowierungen im Schwimmbad nicht abgedeckt. "Ich habe da einfach nicht daran gedacht."

Die Tätowierung " H und 8" auf seinen Fingern wollte er nicht als "Heil Hitler" verstanden haben, sondern als "Hate".

Nazi-Tätowierungen aus "Zeitmangel" nicht entfernt

Was er zum Zeichen der SS auf seiner Haut zu sagen habe? "Ich wollte cool sein." Und ja, "damals habe er die NS-Ideologie verherrlicht." Warum er sich die Tätowierungen nicht entfernen ließ? Zeitmangel. 

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Für die Polizei war der Mann jedenfalls ein alter Bekannter, der jedoch für einen Polizeieinsatz sorgen sollte, der die Wellen hochgehen ließ. Denn als ein deutscher Polizist seine österreichischen Kollegen am 9. Juli über seinen mit Nazi-Tattoos versehenen Liegenachbarn informierte, rückte die Polizei zwar an, betrat das Bad aber nicht. Aus "einsatztaktischen Gründen", wie es von der Landespolizeidirektion Oberösterreich hieß.

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Wegen des Nicht-Einschreitens laufen Ermittlungen.

Der Polizist und seine Frau sagten auch am Dienstag im Prozess aus. "Der Angeklagte hat sich sonst unauffällig in dem Freibad verhalten."

Bademeister schritt bei zweitem Bad-Besuch ein 

Vergangene Woche wurde dann bekannt, dass der 32-Jährige aber nicht nur am 9. Juli samt Nazi-Tattoos im Bad war, sondern  in aller Seelenruhe einen Sonntag später wieder in das Freibad ging. Zu dieser Zeit bereits gesucht von der Polizei. Ein Bademeister warf ihn schließlich aus dem Bad. Auch er kam am Mittwoch in Ried zu Wort kommen. 

Der Angeklagte selbst will von dem "Wirbel" um seine Person erst nach dem zweiten Freibadbesuch erfahren haben. "Meine Freundin hat mir ein Posting von irgendeiner Zeitung gezeigt und ich hab mir nur dacht: Hoffentlich, meinen die nicht mich."

Nicht gerne im Freibad

Besagte Freundin, die mit dem Angeklagten seit drei Jahren in einer Beziehung ist, kam auch zu Wort. Man sei nur 2 Mal im Freibad Braunau gewesen, an den angeklagten Daten und das sehr spontan. "Wir gehen generell nicht gerne ins Bad." Sie selbst habe auch nicht daran gedacht, dass die Tätowierungen ihres Freundes zu Problemen führen könnten. Und kenne sich mit "Nazi-Tattoos nicht aus".

Vom Polizeieinsatz am 9. Juli habe die Familie nichts mitbekommen.

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Der Bademeister bekam auch zu sehen, was der 32-Jährige am Dienstag unter seinem weißen Hemd und der Jeans verbarg. Jene Tätowierungen, die von einem privaten Tätowiere aus Deutschland stammen sollen.

Ein lachender Totenkopf mit Stahlhelm samt zwei SS-Runen, dem Zeichen der Waffen-SS. 

Eine schwarze Sonne, das geheime Erkennungssymbol unter Nazis, vor der ein Skinhead eine vermutlich deutsche Fahne emporhält. Eintätowiert und präsentiert auf der Brust des Mannes. Direkt über seinem Herzen.

Der Schriftzug "Rahowa" – eine Abkürzung für Racial Holy War. Der "heiliger Rassenkrieg" tobt am Unterarm. 

Auf einem Oberarm steht: Sturm 18 – 18 als Abkürzung der Buchstaben für Adolf Hitler. Auf dem anderen Oberarm ein Totenkopf mit Blood-and-Honour-Schriftzug zu sehen. 

Seitlich am Körper findet sich nochmals riesig: Blut und Ehre.

Auf der Wade: ACAB, alle Polizisten sind Bastarde. 

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