Zu viele Kunden, zu wenig Ware: Sozialmärkte in Not
Das Schild „Bitte nur 1 Einheit pro Einkauf“ könnte von Kunden auch als böser Scherz verstanden werden. Denn die Kisten, in denen in dem Sozialmarkt üblicherweise Obst und Gemüse verkauft werden, sind an diesem Vormittag gähnend leer.
Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) bekam beim Lokalaugenschein im Soogut-Markt in Amstetten (NÖ) noch so manch andere aktuelle Mankos zu sehen und zu hören, mit denen Sozialmärkte derzeit zu kämpfen haben. Er sagte spontan einen runden Tisch mit Managern der Märkte zu.
„Wir leben mehr schlecht als recht“, machte Geschäftsführer Wolfgang Brillmann auf akute Nöte aufmerksam. Teuerung und Energiepreisexplosion belasten die Haushaltsbudgets und bescheren den Sozialmärkten einen enormen Zulauf. Immer mehr Menschen haben Probleme, ihre Grundbedürfnisse zu decken.
Einen Zuwachs um 60.000 auf 280.000 Einkäufer hatten Brillmanns zwölf Soogut-Märkte samt einigen Mobilläden 2022 zu verkraften. So wie der größte Anbieter in NÖ berichten auch andere Sozialmärkte vom Ansturm.
Wettlauf um Waren
Die Märkte mit den gespendeten Nahrungsmitteln und Gebrauchsartikeln, die für Tausende Menschen zum Rettungsanker geworden sind, seien im Sozialbereich Fixgrößen, betont Brillmann. Dass Sozialminister Rauch im Rahmen des zugesagten Termins über einen Zugang zum Armutstopf des Bundes für die Märkte beraten will, sei höchst notwendig, so der Marktmanager.
„Unterstützung kann es nur unter klaren Qualitätsmerkmalen geben“, sagte Rauch. Im mühsamen Bestreben, täglich genug Waren in ihren Geschäften bieten zu können, bekomme man immer größere Konkurrenz von „Trittbrettfahrern“, schilderte ihm Brillmann ein rasant wachsendes Problem. Vereinsgeschäfte, die als „Sozialmärkte“ gesammelte Waren an jedermann verkaufen und dabei keine sozialen Kriterien wie Einkommensgrenzen für die Kunden einziehen, haben nicht Armutsbekämpfung, sondern nachhaltige Produktverwertung im Sinn.
Ebenso sei wichtig, dass die Ware nicht im Kofferraum herangeschleppt wird und dass Kühlketten und Hygienebestimmungen eingehalten werden müssen, wollen die Proponenten der „echten“ Sozialmärkte Unterstützung vom Minister einfordern.
Wichtig wären auch mehr hauptberufliche Mitarbeiter. 2018, also vor den Krisenjahren, wurden bundesweit geförderte Arbeitsmodelle für Wiedereinsteiger mit dem AMS gestrichen. Die Soogut-Kette etwa muss mit 36 Vollzeit-Arbeitsplätzen auskommen. Um wirtschaftlich überleben zu können, helfen in den Supermärkten für Arme noch 330 Ehrenamtliche mit.
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