Wohnen im Alter: Ruhestand ohne Stillstand
Vermietet wird ein voll ausgestattetes Neubau-Apartment in einem schönen Wohnviertel, in unmittelbarer Nähe zum Stadtzentrum. Sämtliche Infrastruktureinrichtungen sind zu Fuß oder per Rad erreichbar, bis in die Bundeshauptstadt sind es nur 40 Minuten mit dem Zug. Die Wohnung bietet einen direkten Zugang zum Garten. Im angrenzenden Gebäude befinden sich zudem Gemeinschaftsräume, die von den Mietern jederzeit für Treffen genutzt werden dürfen.
Klingt nach einem Studententraum? Ist aber keiner. Denn wer in diese Wohnung in Neunkirchen einziehen will, der muss mindestens 60 Jahre alt sein.
Zurück in die Stadt
„Top Dancing“ nennt sich das Projekt, das ab 2024 modernes Wohnen für Junggebliebene bieten wird. Und der Name kommt nicht von ungefähr: Das Gebäude, in dem die Gemeinschaftsräume angesiedelt werden, war nämlich früher eine Diskothek. Die künftigen Bewohner können in ihrem Ruhestand also dort feiern, wo sie einst womöglich als Jugendliche abgetanzt haben. Ein angrenzender Neubau bietet barrierefreie Wohnungen. Services wie Carsharing, Wäsche- und Putzdienst oder Essensdienst können genutzt werden – wenn die Hausgemeinschaft es denn so wünscht.
„Vereinsamung ist im höheren Alter definitiv ein Thema“, sagt Architekt Dieter Spath, der das Projekt umsetzt. Er hat sich intensiv damit auseinandergesetzt, wie ältere Menschen in Zukunft wohnen könnten. Denn für viele bedeutet die Pension noch immer, in einem zu groß gewordenen Haus zu leben mit hohen Kosten und viel Arbeit. Spath will mit „Top Dancing“ eine Alternative dazu bieten; ein Leben in einer Gemeinschaft und mit allen Annehmlichkeiten, selbstbestimmt und aktiv. „Es ist ja nicht jeder Mensch im höheren Alter so bedient, dass er in einem Pflegeheim leben muss“, macht Spath bewusst. Und sollte irgendwann tatsächlich eine Pflege nötig sein, lässt sich diese bis hin zu einem hohen Pflegebedarf auch in der Wohngemeinschaft umsetzen.
Wie entscheidend ein Austausch mit anderen Menschen für die mentale Gesundheit ist, weiß auch Wolfgang Kogler, der in Wieselburg die „Wohnvilla“ umgesetzt hat. „Die Menschen blühen nach einiger Zeit richtig auf“, erzählt er. Drei Jahre ist es her, dass er das ehemalige Wohnhaus gekauft und saniert hat. Dort findet das Gemeinschaftsleben der Senioren statt. Zudem gibt es einen Garten. Ein Neubau, in dem die Wohneinheiten untergebracht sind, wurde ebenfalls rein privat finanziert.
Doch die Gesellschaft beschränkt sich für die Bewohner nicht nur auf andere Senioren; in der „Wohnvilla“ kommen auch Studierende unter, und das sogar gratis. Ihnen wird damit eine Wohngelegenheit im Zentrum des Fachhochschulstandorts Wieselburg geboten. Im Gegenzug helfen sie in der Wohngemeinschaft mit. „Sie gehen für die Bewohner einkaufen oder helfen ihnen bei digitalen Angelegenheiten“, nennt Kogler Beispiele. Er ist überzeugt, dass Konzepte wie seine „Wohnvilla“ die Zukunft sind.
Was aber, wenn man nicht bereit ist, das Leben auf dem Land im Alter gegen eine Wohnung in der Stadt zu tauschen?
Raus aufs Land
Dann ist man bei Christa Schwinner in Maria Roggendorf (Bezirk Hollabrunn) goldrichtig. Derzeit wird noch eifrig an ihrem „Sonnenplatzerl“ gebaut, bald können die Bewohner dort aber ein Leben umgeben von Natur und Tieren führen. „Wohnen im Alter neu zu denken, ist für mich langfristig der Schlüssel, um einem Pflegenotstand entgegenzuwirken“, sagt Schwinner. Denn auch im Ruhestand brauchen Menschen die Möglichkeit, aktiv zu sein.
Wer im „Sonnenplatzerl“ wohnt, der darf etwas zur Gemeinschaft beitragen; sei es kochen, garteln oder das Versorgen der Tiere auf dem Hof. „Wer aktiv bleibt, der bleibt auch fit“, spricht Schwinner, die in der Pflege tätig war, aus Erfahrung.
Die Nachfrage für ihr Projekt ist jetzt schon groß – nicht nur bei Menschen vom Land, sondern auch bei Wienern, die die Stadt hinter sich lassen wollen.
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