Witz über Haarausfall: Betroffene versteht Ohrfeige auf Oscar-Bühne
Als Mediatorin und hauptberufliche Krisen- und Kommunikationsmanagerin hat Barbara Hörndler für Ohrfeigen und gewalttätige Wutausbrüche keine Sympathie übrig. Doch für die Aktion des Hollywood-Stars Will Smith, der Sonntagnacht auf der Oscar-Bühne in Los Angeles den Komiker Chris Rock ohrfeigte, weil dieser über seine kahlköpfige Frau witzelte, zeigt die Niederösterreicherin durchaus Verständnis.
„Gewalt ist keine Lösung, aber Witze über die Frisur von Frauen gehen ebenfalls gar nicht. Manche Frisur sucht sich frau nicht aus. So wie ich und Jada Pinkett Smith mit der Autoimmunerkrankung #alopeciauniversalis“, schrieb Hörndler auf Facebook.
Fünf Jahre ist es her, dass sie durch die Autoimmunreaktion „Alopecia areata“ büschelweise ihre blonden Haare verlor. Jada Pinkett Smith durchlebte dasselbe Schicksal. Zuerst massiv geschockt und dann mit professioneller Hilfe psychisch gefestigt, entschied sich Hörndler, so wie die Schauspielerin, gegen Perücken und für ein kahles Haupt.
Stich ins Herz
„Es gehört eine ordentliche Portion Mut dazu, wenn eine Frau zu ihrer ‚Nicht-Haar-Frisur‘ steht und keine Perücke trägt“, schrieb Hörndler. Ihr kahler Kopf sei zwar nur selten ein Thema, „dennoch kenne ich die Blicke, Kommentare und Witze nur zu gut. Meistens perlen sie an mir ab, oft lache ich bei den Witzen mit, weil es ja auch wichtig ist, dass man über sich selbst lachen kann. Aber in Wirklichkeit ist es ein Stich mitten ins Herz. Eine Grenzverletzung, auf die ich nicht immer angemessen reagieren kann“, gab Hördler ihren Facebook-Freunden Einblick in ihr Inneres.
In solchen Momenten wünsche sie jeder Frau einen Menschen an ihrer Seite, der wie Will Smith die emotionale Verletzung erkenne und für (s)eine Frau aufstehe und sie beschützt. „Es muss ja keine Watschn sein“, schrieb die Mostviertlerin noch.
„Als ich am Montag diese Aktion von Will Smith mitbekommen habe, war ich sowohl von meiner persönlichen, als auch von meiner beruflichen Seite her emotional völlig gepackt“, erzählt die 40-jährige Unternehmerin aus Waidhofen/Ybbs über ihre Betroffenheit.
Spontanaktion
Gerade der Umgang mit verbaler Gewalt gegen Menschen außerhalb der Norm sei ein gerne unterdrücktes Thema in unserer Gesellschaft, empfindet Hörndler. Den Kommentar habe sie dann spontan abgesetzt, die vielen Likes und Kommentare darauf freuen sie. Dass das Thema just auf der Oscar-Bühne der US-Traumfabrik eskalierte, erinnere sie auch an den Start der „Me Too“-Debatte.
Der heimtückische Haarausfall namens „Alopecia areata“ beschäftigt Barbara Hörndler laufend. Grundsätzlich gelte die Erkrankung als unheilbar, erklärt sie. Bei manchen Patienten setze der Haarwuchs wieder ein, vor dem neuerlichen Ausfall sei man aber nie gefeit. In den USA wird mit Immunsuppressiva behandelt. Dabei bestehe das große Risiko, dass der Immunschutz generell geschwächt wird. „Ich hatte eine schwere Corona-Erkrankung, da war ich froh, dass ich mein Immunsystem zuvor nicht noch zusätzlich geschwächt hatte“, erinnert sich Hörndler an dramatische Wochen im Jahr 2020.
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