„Wir leben hier als Menschen zweiter Klasse“

Sie zählten im vergangenen Jahr zur eher geringen Zahl jener, die der Corona-Krise etwas Positives abgewinnen konnten: Die Mitglieder der „Plattform SOS Ostregion“ im Raum Schwechat. Die Bürgerinitiative kämpft gegen Lärmbelastung durch den Flughafen Wien, die während Lockdowns und Reisebeschränkungen zurückgegangen war. Mittlerweile nimmt die Zahl der Starts und Landungen wieder zu – und mit ihnen auch der Unmut der Anrainer.
In einem offenen Brief an Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) klagt die Plattform SOS Ostregion daher nun, man fühle sich im Stich gelassen. „Die ungleiche Lärmverteilung zwischen NÖ und Wien bleibt.“ Denn über Wiener Stadtgebiet gelte zwischen 21 Uhr und 7 Uhr morgens ein Verbot von nächtlichen Starts und Landungen. Die Mitglieder der Bürgerinitiative meinen deshalb: „Wir leben hier als Menschen zweiter Klasse.“
66 Flugzeuge
Man will eine Flugsperre zwischen 21 und 7 Uhr. „Es geht um unsere Gesundheit“, appelliert man an die Landeshauptfrau. „2019 gab es über 24.000 Starts und Landungen zwischen 22 Uhr und 6 Uhr – im Schnitt heißt das: 66 Mal Lärm-Horror pro Nacht. Unsere Verzweiflung ist groß.“
Weniger Flugbewegungen
Im Büro des zuständigen Landesrates Ludwig Schleritzko (ÖVP) verweist man auf das „Dialogforum Flughafen Wien“ und auf die vertraglich vereinbarten Ergebnisse des Mediationsverfahrens, an denen auch der Großteil der repräsentativen Bürgerinitiativen mitarbeite. Diese hätten bereits Verbesserungen gebracht, Kompromisse seien dabei aber nötig, „denn nur solche Maßnahmen haben auch eine Chance, umgesetzt zu werden“.
Festgelegt sei, dass Flugbewegungen zwischen 23.30 und 5.30 Uhr schrittweise abzubauen sind. Heuer dürfen es maximal 4.700 pro Jahr sein, also durchschnittlich 13 Flugbewegungen pro Nacht, wobei Überschreitungen in den Folgejahren zu kompensieren seien. Bei der Entstehung dieser Nachtflugregelung seien durch einen medizinischen Gutachter auch gesundheitliche Aspekte berücksichtigt worden.
Verkehrslärm
Das Land NÖ unterstütze die Bemühungen, sei aber selbst für die Abwicklung des Flugverkehrs nicht zuständig, betont man. Und: „Der Flughafen Wien-Schwechat ist für Niederösterreich ein wichtiger Arbeitgeber, er hat auch bestimmte Versorgungsfunktionen zu erfüllen. Ihn einfach 10 Stunden zuzusperren ist schwer vorstellbar und sicher nicht einseitig machbar.“
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