Wie Profis helfen, zerrissene Familien wieder zu vereinen
Vom Großeinsatz in der Corona-Pandemie sind die Einsatzkräfte des Roten Kreuzes ansatzlos in die Hilfseinsätze rund um den Ukraine-Krieg eingestiegen. Trotz enormer Belastungen gelingt es der Organisation auch noch, zusätzliche Spezialfelder, etwa den Suchdienst nach vermissten Personen oder die internationale Familienzusammenführung, weiter auszubauen. So wurde in Niederösterreich nun bereits das dritte regionale „Restoring Familiy Links Center“ zur Unterstützung betroffener Menschen eröffnet.
„Auf der Flucht musste ich mit meiner Familie unsere sechs Monate alte Tochter Aida im Iran zurücklassen. Die Leute vom Roten Kreuz haben nicht nachgegeben und mir geholfen, bis sie bei uns war“, ist Ali Baqeri dankbar. Aus politischen Gründen musste der studierte Designer und Politwissenschafter aus Afghanistan fliehen. 2016 in Österreich angekommen, dauerte es dann ein halbes Jahr, bis die kleine Aida zur Familie geholt werden konnte und die mittlerweile schwer erkrankte Mutter in die Arme schließen durfte.
Über Botschaftskontakte und die Schwesterorganisation Roter Halbmond ermöglichten ihm die Rotkreuz-Spezialisten schließlich, die gefundene Tochter selbst aus dem Iran nach Österreich zu holen, erzählt Baqeri. Er selbst hat sich mittlerweile als Gartendekorateur selbstständig gemacht.
Und in der Freizeit versuche er als Ehrenamtlicher beim Rotem Kreuz etwas von der Hilfe zurückzugeben, die ihm in Österreich zuteilgeworden war, schildert der Vater von drei Kindern.
2.548 Familien
Der Suchdienst des Roten Kreuzes, der Ali Baqeri geholfen hatte, gehört zu den ureigensten Aufgaben der Hilfsgemeinschaft. Es werden Menschen, die durch bewaffnete Konflikte, Kriege, Katastrophen, Flucht, Vertreibung oder Migration von ihren Familien getrennt wurden, unterstützt. 2.548 Familien konnten so 2021 in Österreich zusammengeführt werden. Dazu gab es 854 neue Suchaufträge im Rotkreuz-Netzwerk. Auf der Online-Plattform „Trace the Face“ finden sich mittlerweile über 8.000 von Österreich aus eingegebene Vermisste.
„Grundsätzlich bearbeiten wir Schicksalsklärungen, die bis zum Zweiten Weltkrieg zurückreichen“, sagt Philipp Pechhacker-Martinek, Abteilungsleiter für Migration und Suchdienst beim nö. Roten Kreuz. Dort habe man nun in der Bezirksstelle Amstetten das dritte regionale Center eingerichtet. Betroffene, die Hilfe suchen, müssen nicht mehr zur Landeszentrale in Tulln fahren, sondern werden in ihrer Region von ausgebildeten Mitarbeitern betreut. In NÖ gibt es derzeit 15 dieser Experten.
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