Welttag der Frauen in der Wissenschaft: Wenn Forschung beflügelt

KURIER: Sie sind Gründerin und Leiterin des Goffin-Labs Goldegg der Universität Wien im Bezirk St. Pölten-Land, was passiert dort?
Alice Auersperg: Wir erforschen die Intelligenz des indonesischen Goffini-Kakadus, um Rückschlüsse auf die Evolution von intelligentem Verhalten zu ziehen. Er ist ein Vogel mit einem großen Gehirn, der sehr verspielt ist. Er sucht Lösungen für technische Probleme – im Rahmen von Versuchen, stellen wir die Tiere immer wieder vor welche. Das größte Projekt, das gerade läuft, ist das START-Projekt (dafür erhielt Auersperg 2020 den begehrten START-Preis des Wissenschaftsfonds FWF, Anm.) Darin erforschen wir die Ursprünge von Werkzeuggebrauch bei Mensch und Tier. Um das besser verstehen zu können, werden Vergleiche mit entfernt verwandten Tierarten durchgeführt, die ähnliche Fähigkeiten besitzen. Der Goffini-Kakadu kann auf ähnlichem Level wie höhere Primaten spezifische Werkzeuge benutzen und sogar herstellen.

Was war Ihr persönlicher Beweggrund, einen Weg in der Forschung einzuschlagen?
Neugier war es – der Grund für die meisten Forscher. Ohne Neugier kann man keine gute Forschung machen. Ich habe mich schon als Kind für Verhaltensforschung interessiert und habe schon von klein auf Tiere stundenlang beobachtet. Hätte man mich mit zehn Jahren gefragt, was ich einmal werden will, hätte ich wahrscheinlich gesagt Verhaltensforscherin.
Heute haben Sie eine Tenure-Track-Professur an der Veterinärmedizinischen Universität Wien und im Vorjahr vier Forschungspreise erhalten, darunter auch den Wissenschaftspreis des Landes NÖ. Wie fühlt sich das an?
Ich freue mich über die Anerkennung für meine Forschung, auch in Anbetracht dessen, dass es schon eine lange Geschichte der Verhaltensforschung in Österreich gibt.

2020 erhielt Auersperg den hoch dotierten START-Preis für ihre Forschungstätigkeit mit den Goffini-Kakadus.
Der Internationale Tag der Frauen in der Wissenschaft soll darauf aufmerksam machen, dass Frauen in der Wissenschaft unterrepräsentiert sind. Laut Eurostat-Daten waren in Österreich 2019 etwa 30 Prozent der in der Forschung Beschäftigten weiblich. Was sind Ihrer Meinung nach die Gründe dafür?
Ich könnte mir vorstellen, dass oft die Familienplanung konservativer verteilt wird, als es möglich sein könnte und die Leute, wenn sie sich lange Kinderpausen nehmen müssen, schwer wieder Anschluss finden. In der Wissenschaft tut sich irrsinnig viel in kurzer Zeit. Bei den Professuren ist der Männeranteil dadurch wahrscheinlich auch höher. Aber ich habe große Hoffnung für die Zukunft, inzwischen werden Frauen auch etwas besser unterstützt.

Um ein Problem zu lösen, bauen die Goffini-Kakadus Werkzeuge.
Sie sind selbst Mutter von zwei Kindern. Wie vereinbaren Sie Familie und Beruf?
Zum Glück ist mein Labor nicht weit weg von unserem Zuhause in Wimpassing an der Pielach, da ist das relativ gut zu handhaben. Außerdem interessieren sich meine Kinder sehr für meine Arbeit und kommen oft mit zu den Tieren. Sie fragen die Studierenden über die Tiere und die Versuche aus. Und zuletzt haben sie auch freiwillig bei Pilotstudien mitgemacht, da haben wir das Lernen von Kindern im Werkzeuggebrauch mit dem der Kakadus verglichen. Das hat ihnen großen Spaß gemacht. Aber natürlich ist auch viel Organisation dahinter, ich bekomme auch große Unterstützung von meiner Familie, das ist nicht bei allen so.
Sehen Sie sich selbst als Vorbild für andere Frauen in der Wissenschaft?
Über eine Rolle als Frauenvorbild habe ich noch nicht wirklich nachgedacht. Allerdings nehme ich meine Rolle als Mentorin für meine eigenen Studenten sehr ernst, es macht mir wirklich Freude und ich fühle mich geehrt, an der Bildung von der zukünftigen wissenschaftlichen Generation teilzuhaben. Es würde mich freuen, wenn sie sich inspirieren lassen von den Studien, die mich inspiriert haben.
Sie wurde am 25. 6. 1981 in Bayern geboren. Alice Auersperg ist studierte Zoologin. Im Rahmen eines Erwin-Schrödinger-Stipendiums des FWF beforschte sie in Kollaboration mit der Universität Oxford das Verhalten von Raben und Papageien. Aktuell ist Auersperg mit mehreren Projekten (FWF und WWTF) als wissenschaftliche Leiterin des von ihr gegründeten Goffin-Labs am Messerli Forschungsinstitut der Veterinärmedizinischen Universität Wien tätig. Seit 2021 ist sie Mitglied der Jungen Akademie der ÖAW. Alice Auersperg lebt mit ihrer Familie in Wimpassing (NÖ).
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