Der 12. Juni 1114 war ein besonderer Tag in Klosterneuburg. Herzog Leopold III. ließ den Grundstein für eine Stiftskirche neben seiner Burg legen. Und weil die Augustiner-Chorherren alles genau aufgeschrieben haben, wissen wir heute auch noch, dass damals mit Wein aus eigenem Anbau gefeiert wurde.
Es ist damit die erste offizielle Erwähnung des Weingutes, das 910 Jahre später noch immer ohne Unterbrechung von den Chorherren geführt wird und damit das älteste Weingut ganz Österreichs ist. Wobei Wein hier schon viel früher zur Römerzeit angebaut wurde.
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Nicht ganz so alt ist das unterirdische Reich von Weingutleiter Dietmar Pfeiffer – es hat aber auch schon etliche Jahrhunderte „auf dem Buckel“. Der riesige Weinkeller führt auf vier Etagen bis 36 Meter unter den Stiftsplatz. „Wir haben hier so viele Schätze, da dachten wir, daraus müssen wir etwas machen“, sagt Pfeifer.
Herausgekommen ist ein neu gestalteter „Erlebniskeller“, der nun eröffnet wurde.
Weingeschichte(n) von einem Frauenkloster und Kaiserin Sisi
Das Motto ist „Alter Keller im neuen Licht“. Mit rund 1.000 Leuchtmitteln, für die 3.000 Meter Stromkabel verlegt wurden, setzte man die Kellergewölbe in Szene. Auch fast 400 Weinflaschen wurden für die Umbauten verbraucht, sagte Propst Anton Höslinger bei der Eröffnung mit einem Augenzwinkern.
Sie wurden aber nicht etwa ausgetrunken, sondern sind Teil der neuen Lichtinstallationen. Eine Aufwertung der ehrwürdigen Gewölbe. Die Weinkellerführungen waren schon zuvor ein „Renner“ bei Besuchern und sollen es künftig noch mehr sein.
Die Guides haben im Zuge einer solchen Führung viel zu erzählen. Den Beginn macht das Presshaus, über das es schon einige Geschichten gibt – denn eigentlich ist es eine Kirche. Die Chorfrauenkirche, im Mittelalter gab es hier nämlich auch ein Frauenkloster. 1568 aber starb die letzte Chorfrau und ab 1722 wurde schließlich die Kirche für die Weinbereitung verwendet. Und das ist heute noch so – im Inneren wurde natürlich entsprechend umgebaut.
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Vom Presshaus folgen die Besucher über eine Wendeltreppe hinunter in den Gärkeller mit großen Eichenfässern. Daran schließt der 300 Jahre alte Barock-Keller an. Beeindruckend sind die geschnitzten Fronten historischer Fässer, wie etwa jene von Kaiser Franz Josef und seiner Sisi.
Beeindruckend ist aber auch, wenn man sich vorstellt, dass die Außenmauern gut 5,5 Meter dick sind, nach einer 50 Zentimeter breiten Hinterlüftung steht sogar eine weitere, 2,5 Meter breite Mauer. Die besondere Konstruktion sorgt nicht nur dafür, dass die Luft hier unten gut und trocken ist, sondern auch für konstante 14 Grad.
Kriegsbeute durstiger Soldaten
Zwei Stockwerke tiefer steht man im Barrique-Keller mit 200 kleinen Eichenfässern. 18 Monate reifen hier die großen Rotweine des Stifts. In der Nähe findet sich auch ein kleiner Keller, verschlossen mit einem Schmiedeeisengitter. Hier lagern die ältesten Flaschen. Jahrgänge vor 1955 aber sind verschwunden, ausgetrunken von durstigen Soldaten nach dem Zweiten Weltkrieg.
Hier hängt auch ein Foto von einem besonderen Gast. US-Präsident Jimmy Carter stärkte sich hier 1979 vor seinem Treffen mit UdSSR-Chef Leonid Breschnew in Wien.
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Zu erzählen gäbe es noch viel. Wie Napoleon 1805 den Stiftswein verkostete und die Franzosen dann den gesamten Weinvorrat beschlagnahmten etwa. Oder wie 1330 bei einem Brand der Verduner Altar mit Wein vor den Flammen gerettet wurde, als das Wasser ausging. Dieser Ort hat eben schon viel erlebt, auch was den Wein betrifft.
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