Von Kind an lieber Gangster als Winnetou
KURIER: Sie haben kürzlich die Intendanz der Raimundspiele Gutenstein übernommen. Wie kam es dazu?
Johannes Krisch: Ich kam wie die Jungfrau zum Kind. Nachdem ich da 2019 in „Brüderlein fein“ Ferdinand Raimund gespielt habe, hat man mich gefragt, ob ich die Intendanz übernehmen möchte. Nach einigem Zögern habe ich mich dann dafür entscheiden, weil ich es sehr spannend finde, das Ruder in die Hand zu nehmen und so ein Festival zu leiten.
Andrea Eckert hat sich selbst als Prinzipalin der Raimundspiele bezeichnet, werden Sie auch einen Namen für sich kreieren?
Ich glaube nicht – Künstlerische Leitung, damit bin ich zufrieden. Oder Sie können auch Kapitän zu mir sagen. (lacht)
Und was wird das Publikum mit Ihnen als Kapitän erwarten?
Na, Raimund würde ich sagen. Wir werden aber auch Lesungen und Musik anbieten. Aber im Vordergrund steht natürlich Ferdinand Raimund. Ob das heuer noch sein wird, ist derzeit noch vollkommen unklar.
Sie sind zuletzt in den Kammerspielen bei „Alzheimer“ von Peter Turrini auf der Bühne gestanden. Das ist schon eine Weile her.
Das ist jetzt knapp ein Jahr her, kurz danach kam der Lockdown. Und dann haben die Proben für den Bockerer begonnen. Wir sind fertig mit der Arbeit und warten jetzt eigentlich nur darauf, dass es losgehen kann.
Wie geht es Ihnen damit, so lange der Bühne fern zu sein?
Es ist schwierig natürlich, wenn man möchte und nicht darf. Ich weiß es gar nicht, ob man es überhaupt noch kann. Nein, natürlich kann man es noch. Man freut sich darauf, aber man hat auch eine gewisse Nervosität davor, aber ich glaube, man verlernt es nicht, es ist wie Radfahren. Meine Texte gehe ich auch immer wieder durch, damit man vorbereitet ist, wenn’s wieder losgeht.
Ist neben dem Bockerer noch Weiteres in der Pipeline?
Ja, filmtechnisch. Aber man weiß auch da nicht, wann es losgeht und darum ist es auch so schwer für uns zu planen – überhaupt für Schauspieler, die am Theater und im Film tätig sind. Der Film engagiert dich dann weniger gerne, wenn du keine Sperrtermine angeben kannst und sagen kannst, wann du drehen kannst – es ist ein ganzer Rattenschwanz da, der die Ausübung des Berufs behindert.
Und was machen Sie lieber? Stehen Sie lieber auf der Theaterbühne oder vor der Kamera?
Ich liebe beides. Ich brauche das Publikum. Es ist schön zwei, drei Stunden eine Vorstellung zu tragen und die Reaktionen zu haben. Aber es macht auch große Freude, sehr klein zu arbeiten vor der Kamera und einen Menschen ganz ehrlich und blank zu zeigen für die Kamera, das ist ein ganz anderes Arbeiten. Es sind zwei verschiedene Berufe und ich brauche beides.
In beiden spielen Sie sehr oft schwermütige Rollen oder den Bösewicht. Haben Sie sich das so ausgesucht oder wurden Sie da hineingedrängt?
Drängen lasse ich mich gar nicht, aber ich glaube, da ist halt viel mehr Fleisch da in solchen Rollen, nicht? Als einfach nur den Guten zu spielen, das hat mich schon als Kind nicht interessiert. Ich war nicht gerne Winnetou, ich war eher der Gangster. Da ist die Bandbreite größer, da kann man mehr aus dem Vollen schöpfen.
Der Schauspieler ist 1966 in Wien geboren. Er lebt mit seiner Frau Larissa Fuchs und Kindern in Haugsdorf (Bezirk Hollabrunn). Nach 30 Jahren als Ensemblemitglied des Burgtheaters, wechselte er 2019 in die Josefstadt. International bekannt wurde er als Hauptdarsteller im Film „Revanche“, der 2008 für den Auslandsoscar nominiert war. 2017 gewann der Film „Aus dem Nichts“ einen Golden Globe, bei dem Krisch mitspielte. Seit 2021 ist er künstlerischer Leiter der Raimundspiele Gutenstein
Sie haben auf nahezu allen Wiener Bühnen gespielt, aber auch in Berlin, München oder Hamburg. Gibt es da einen Unterschied?
Es ist schön, an so vielen unterschiedlichen Orten zu spielen und verschiedenes Publikum kennenzulernen. Ich würde sagen, die Deutschen sind ein bisschen kopflastiger, ein bissl intellektueller. Bei uns ist es halt doch ein bissl herzlicher und mehr seelenvoller.
Gibt es noch viele Bühnen, auf denen Sie spielen möchten?
Ein Fußballer hat einmal gesagt: Da wo mich der Trainer hinstellt, da spiele ich – ich glaube, so ähnlich ist das bei mir. Wenn die Geschichte stimmt und die Rolle stimmt, dann ist mir das ganz egal, wo ich auftrete.
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