Bergrettung NÖ schlägt nach Einsatzmarathon Alarm

Bergrettung NÖ schlägt nach Einsatzmarathon Alarm
Zehn Einsätze binnen weniger Tage auf der Rax. Mehrstündige Suche nach einer vermissten Wienerin in der Nacht auf Dienstag als bisheriger Höhepunkt.

Coronabedingt haben in der Pandemiezeit viele Unerfahrene die Liebe zum Bergerlebnis entdeckt. In den Wiener Alpen in Niederösterreich gipfelt dies in einem noch nie da gewesenen Einsatzmarathon. In den vergangenen Tagen musste die Bergrettung Reichenau an der Rax zu insgesamt zehn Einsätzen ausrücken – allesamt wegen Menschen, die sich verirrten, in die Finsternis kamen, oder schlicht mit der Situation am Berg überfordert waren. „So schlimm wie derzeit, war die Situation noch nie. Fast jeder Einsatz ist auf Unerfahrenheit und fehlende Tourenplanung zurück zu führen“, schlagen Lukas Turk und Oliver Himmel von der Bergrettung NÖ/Wien Alarm.

Bergrettung NÖ schlägt nach Einsatzmarathon Alarm

Ein Polizeihubschrauber suchte mit Hilfe eines Scheinwerfers nach der Vermissten auf der Rax

Besonders dramatisch gestaltete sich ein Einsatz in der Nacht auf Dienstag. Eine junge Frau aus Wien löste eine mehrstündige nächtliche Suchaktion mit allen dazugehörigen Komplikationen auf der Rax aus. Die Frau hatte beim Aufstieg am späten Nachmittag über den Holzknechtsteig Richtung Seehütte zwei junge Männer getroffen, die ihr aufgrund der bereits fortgeschrittenen Tageszeit vorschlugen, sie im Anschluss an ihre geplante Tour mit dem Pkw mit zurück nach Wien zu nehmen. Nachdem die 19-Jährige nicht am vereinbarten Treffpunkt auftauchte, verständigten die beiden Männer geistesgegenwärtig kurz vor 22 Uhr die Einsatzkräfte, erklärt Turk.

Handy-Akku war leer

Da lediglich der Vorname der jungen Frau bekannt war und sie zudem den Männern gegenüber angegeben hatte, dass der Akku ihres Smartphones leer ist, konnte die Vermisste nicht erreicht werden. Auch eine Handyortung war nicht möglich. Eine Rückfrage bei den verschiedenen Schutzhütten und Suchflüge mit dem Hubschrauber des Innenministeriums blieben vorerst erfolglos.

Drei Einsatzmannschaften der Bergrettung Reichenau blieb nichts anderes übrig, als zu Fuß auszurücken und das riesige Gebiet terrestrisch abzusuchen. „Es war ein riesiges Glück, dass wir kurz vor 1 Uhr nachts Rufkontakt mit der jungen Frau herstellen konnten“, so die Bergretter.

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Suchmannschaften am Berg

Es stellte sich heraus, dass die 19-Jährige beim Abstieg über den Holzknechtsteig bei einsetzender Dunkelheit die Orientierung verloren hatte. Weil sie weder vor noch zurück und auch keine Hilfe rufen konnte, wollte sie dort in der Natur übernachten. Wohlgemerkt ohne Schlafsack, Decke oder andere nützliche Bergausrüstung.

Höhepunkt einer Serie

„Dieser Vorfall stellt den vorläufigen Höhepunkt einer aktuellen Einsatzserie im Rax-Schneeberg-Gebiet dar. Innerhalb der letzten zwölf Tage wurden wir zu zehn Einsätzen gerufen. In der Hälfte der Fälle mussten erschöpfte bzw. überforderte Personen von Wanderwegen abgeholt werden, drei Einsätze gingen auf Orientierungsverlust zurück. Lediglich in einem Fall war ein Sturz mit Verletzungsfolge Anlass für die Alarmierung“, heißt es vonseiten der Bergrettung.

Betroffen waren Männer und Frauen verschiedener Altersgruppen. Die Einsatzkräfte appellieren daher dringend, die Tourenplanung nicht außer Acht zu lassen und Routen dem eigenen Können, der Tageszeit und vor allem auch der Witterung entsprechend auszusuchen. Es herrsche seit geraumer Zeit eine gewisse Vollkasko-Mentalität, meint die Bergrettung. „Es wird einfach losgegangen und wenn man nicht mehr kann, wählt man den Notruf“, so Lukas Turk.

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Horrende Kosten 

Dabei sind die Bergekosten für fahrlässig verursachte Einsätze nicht zu unterschätzen. Durch das pauschale Verrechnungssystem der Bergrettung NÖ/Wien schlägt sich ein Standardeinsatz mit 425 Euro pro Stunde zu Buche, ein Großeinsatz wie in der Nacht auf Dienstag sogar mit 825 Euro die Stunde. Richtig teuer wird es dann, wenn auch der Hubschrauber zum Einsatz kommt und oft mehrere Tausend Euro für die Flugzeit verrechnet werden. Besteht keine Bergungskostenversicherung, kann der Verursacher des Einsatzes zur Kasse gebeten werden.

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