Verhandlungen beendet: ÖVP und FPÖ einstimmig für Pakt in NÖ

Verhandlungen beendet: ÖVP und FPÖ einstimmig für Pakt in NÖ
Mikl-Leitner hat angekündigt, Wirtschaftsagenden zu übernehmen. Zu Mittag gehen Johanna Mikl-Leitner und Udo Landbauer an die Öffentlichkeit.

Kein Schwenk in letzter Minute doch noch zurück zur SPÖ und auch keine Neuwahlen: Die Volkspartei und die FPÖ haben sich in Niederösterreich auf Arbeitsübereinkommen geeinigt, heute werden Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und Landesparteiobmann Udo Landbauer die Details zu dem Pakt präsentieren.

"Ambitioniertes Arbeitsprogramm"

Zu Inhalten des Arbeitsübereinkommens hielt man sich vorerst bedeckt. Verwiesen wurde auf eine für Nachmittag geplante Pressekonferenz. "Im Ringen um Lösungen haben wir uns auf Maßnahmen geeinigt, die Niederösterreich voranbringen werden", betonte ÖVP-NÖ-Chefin Mikl-Leitner in der Nacht auf Freitag in einer Aussendung. "Wir haben uns auf ein ambitioniertes Arbeitsprogramm im Sinne einer echten Veränderung und unserer Landsleute geeinigt", teilte FPÖ-Landespartei- und -klubobmann Landbauer mit.

Am 23. März findet die konstituierende Sitzung des Landtags in St. Pölten statt.

Ressortverteilung

Nach dem ÖVP-Verlust bei der Landtagswahl in Niederösterreich werden die Zuständigkeiten in der Landesregierung neu geordnet. Landeshauptfrau Mikl-Leitner hat bereits Anfang Februar angekündigt, selbst den Bereich Wirtschaft übernehmen zu wollen. Wie zu hören ist, sollen die Bereiche Kultur, Bildung, Finanzen und auch die Kliniken bei der ÖVP bleiben. Straßen und Verkehr sowie Asylthemen sollen künftig bei der FPÖ angesiedelt sein. Selbst der Bereich Arbeitsmarkt soll nicht vom früheren AMS-NÖ-Geschäftsführer Sven Hergovich, jetzt designierter SPÖ-Parteichef, wandern, sondern von den Blauen übernommen werden.

Vor allem in Sachen Corona hatten die Freiheitlichen zuletzt viel Druck in den Verhandlungen erzeugt. „Die ÖVP muss vom Corona-Saulus zur Corona-Paulus werden“, verlangte Landbauer „schonungslose Aufarbeitung“, eine „Generalamnestie“ mit unbürokratischer Rückzahlung von Corona-Strafen, aber auch Entschädigung für Impfschäden sowie Eingestehen von Fehlern samt „Ende der Diskriminierung von Ungeimpften in allen Bereichen“. Es dürfe keine weiteren Lockdowns oder „menschenverachtenden Maßnahmen“ mehr geben, hieß es.

Mikl-Leitner ging in diesem Punkt jedenfalls auf die FPÖ zu. "Die Entscheidung für die Impfpflicht war ein Fehler", sagte sie.

Einen Mittelweg könnte es bei der Wahl der Landeshauptfrau geben. Die Freiheitlichen haben stets betont, bei der konstituierenden Landtagssitzung am 23. März nicht für Mikl-Leitner zu votieren. Sie werden laut Landbauer eine Wahl der Landeshauptfrau aber nicht verhindern. Im Raum steht, dass die 14 FPÖ-Abgeordneten ungültig wählen könnten. Damit wäre mit den 23 ÖVP-Vertretern bei insgesamt 56 Mandataren die erforderliche Mehrheit erreicht. Es zählen nur gültige Stimmen.

"Pakt katapultiert Land in Vergangenheit"

Das bevorstehende schwarz-blaue Bündnis in Niederösterreich stößt auf Kritik. SPÖ-Klubobmann Hannes Weninger sieht in der Vereinbarung „kein Renommee“ für das Bundesland. „Ein Pakt zwischen ÖVP und FPÖ katapultiert das Land in die Vergangenheit“, meinte die Grüne Landessprecherin Helga Krismer am Freitag. SOS Mitmensch rief gemeinsam mit weiteren Organisationen zu einer Protestkundgebung am Donnerstag, dem Tag der konstituierenden Landtagssitzung, in St. Pölten auf.

„Die ÖVP hat mit Landbauer, Waldhäusl und Co. handzahme Bettvorleger für den Erhalt ihres absolutistischen Machtanspruches gefunden“, befand Weninger in einer Aussendung zum Bündnis, das er als „Kickl-Mikl-Pakt“ und „Holzhacker-Koalition“ bezeichnete. Die SPÖ, die bis zur Vorwoche selbst längere Zeit mit der ÖVP vergebens ein Übereinkommen verhandelt hat, werde nun im Landtag „Punkt für Punkt Mehrheiten für ein soziales und demokratisches Niederösterreich suchen“.

Volkspartei und Freiheitlichen gehe es um Machtverliebtheit, sagte Krismer. Unter diesen Vorzeichen könnten die Grünen Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) nicht zur Landeshauptfrau wählen, wurde in einer Aussendung angekündigt. „Wer auf die Idee kommt, mit Klimaleugnern, Wissenschaftsverweigerern, Kunstfeinden und Hetzern einen Pakt einzugehen, hat die Liebe zum Land verloren“, meinte Krismer über die Obfrau der Volkspartei Niederösterreich.

Kritik auch von Künstlern

Allerdings sorgt die schwarz-blaue Zusammenarbeit bereits im Vorfeld für massive Kritik. 17 Künstlerinnen und Künstler haben einen Brief an die ÖVP-Landeshauptfrau geschrieben, die Botschaft ist eindeutig. Sie sprechen sich gegen eine Zusammenarbeit der Volkspartei mit den Freiheitlichen aus.

Das Miteinander dürfe nicht nur für Menschen mit „Muttersprache Niederösterreichisch“ gelten, schreiben etwa Kabarettist Josef Hader, Schriftsteller Peter Turrini und Regisseurin Anna-Maria Krassnigg. Sie appellieren an Mikl-Leitners christliche Werte und ihre europäische Überzeugung.

Die ÖVP hat bei der Landtagswahl am 29. Jänner auf 39,93 Prozent (minus 9,70 Prozentpunkte) erreicht und damit die absolute Mehrheit im Landtag und erstmals auch in der Landesregierung verloren. Die FPÖ erzielte mit 24,19 Prozent ein Rekordergebnis und löste die Sozialdemokraten auf Platz zwei ab.

Wie die Schwarzen fuhren auch die Roten (20,65 Prozent) ihr schlechtestes Resultat im Bundesland seit 1945 ein. Die Volkspartei stellt vier, die FPÖ drei und die SPÖ zwei Mitglieder in der nach dem Proporzsystem gebildeten Landesregierung. Die Grünen erreichten mit 7,59 Prozent wieder Klubstärke, die NEOS kamen auf 6,67 Prozent.

Kommentare