Umweltpolitik: Ohne Gemeinden geht kein Klimaschutz
Eigentlich ist die Zeit abgelaufen - und trotzdem: Irgendwie wird in Sachen Klimaschutz vor allem gewartet. Die Bundespolitik wartet auf technische Innovationen, die Länder und Gemeinden auf Vorgaben vom Bund und viele Bürger darauf, dass man ihnen sagt, ob sie nun 100 statt 130 auf den Autobahnen fahren dürfen.
Dabei haben es gerade die Länder, Gemeinden und auch Bürger selbst in der Hand, zur Rettung des Klimas beizutragen. Immer öfter formieren sich Bürgerinitiativen und machen etwa gegen Flächenumwidmung für einen neuen Bauhof mobil oder verhindern den Bau einer Supermarkt-Filiale am Ortsrand auf einer grünen Wiese. Dennoch: Im Vorfeld dreier Landtagswahlen in Niederösterreich, Kärnten und Salzburg spielt das Thema kaum eine Rolle.
Dabei seien viele Kompetenzen in Sachen Klimaschutz eigentlich Ländersache, wie Wissenschaftler von Scientists4Future erklären. Ihnen kommt etwa beim Ausbau von Windkraft und der Photovoltaik-Anlagen eine zentrale Rolle zu. Sie könnten die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass die Sanierung von Häusern stärker gefördert werde als der Neubau oder die Kommunalsteuer überarbeiten. Aktuell sorge diese nämlich eher dafür, dass Unternehmensansiedelungen auf der grünen Wiese passieren, meint Juristin Birgit Hollaus von der WU Wien.
Auch für eine von den Klimaräten vorgeschlagene befristete Baulandwidmung, die verhindern soll, dass wertvolles Bauland Jahrzehnte brach liegt, könnten die Länder gesetzliche Regelungen schaffen. "Die Länder entscheiden also darüber, inwieweit Gemeinden zu Klimaschutzakteuren werden können", sagt Hollaus.
Raumplanung für Klimaschutz
Doch schon jetzt können Gemeinden mit ihrer Zuständigkeit in der örtlichen Flächenwidmung und der Festlegung der Bebauungspläne beim Klimaschutz tätig werden. Wenn es nämlich darum geht, den Bodenverbrauch zu senken. Raumplanung, da sind sich die Experten einig, ist nämlich besonders klimarelevant. Aktuell werden österreichweit 41 Quadratkilometer Boden pro Jahr versiegelt. Vom Zielwert für 2030, nur neun Quadratkilometer pro Jahr zu versiegeln, sei man weit entfernt, warnt der nö. ÖVP-Gemeinderat und Boku-Wissenschaftler Franz Fehr.
Vor allem die Bürgermeister als oberste Baubehörde in den Gemeinden seien oft "inhaltlich überfordert", zudem seien sie Verantwortungskonflikten ausgesetzt, wenn es um Bodenschutz einerseits und die Entwicklung der Gemeinde andererseits gehe. Eine Lösung könnte eine überregionale Raumplanung sein, bei der den Ländern eine größere Rolle zukomme.
Dass Niederösterreich aktuell Grundlagen für einen neue regionale Raumplanung erarbeite, sieht der Experte als Schritt in die richtige Richtung. Wichtig seien jedenfalls strengere Regelungen bei der Neu-Umwidmung von Grün- auf Bauland.
Generell sei aber noch mehr Bewusstseinsbildung für nachhaltige Entwicklung und Umweltschutz notwendig, meint Fehr. Einerseits bei den Gemeinden selbst, aber auch bei den Bürgern, die dann Klimaschutzpolitik von ihren Bürgermeistern verlangen.
Denn natürlich können auch die Kommunen in ihrem Rahmen tätig werden. Etwa in Sachen Mobilität. Laut Zahlen des Landes NÖ ist der Verkehr aktuell für rund 43 Prozent aller verursachter CO2-Emissionen verantwortlich. "Aber nur ein Drittel der Niederösterreicher besitzt einen eigenen Pkw", erklärt Forscherin und SPÖ-Politikerin Ilse Bartosch.
Regionale Mobilitätskonzepte könnten allerdings rasch dazu beitragen, die Emissionen zu senken. Als gutes Beispiel führt Bartosch etwa das Anrufsammeltaxt Istmobil im Bezirk Korneuburg an, das dafür sorgt, dass Menschen auch in einer Region ohne Pkw unterwegs sein könne, die vom regulären Öffi-Verkehr nicht flächendeckend erschlossen ist.
Radwege retten Klima
Was ebenfalls rasch umgesetzt werden könne seien Temporeduktionen, meint Fehr. Und, auch wenn es vielerorts unpopulär erscheint, Radwege. Und zwar keine überregionalen Routen für touristische Zwecke, sondern Strecken für tägliche Fahrten. "Wichtig ist, dass sich die lokale Bevölkerung traut, die Straße mit dem Rad zu betreten", sagt er. Ein Radweg zu jedem Bahnhof müsse Standard sein.
Denn gerade, was die Senkung des CO2-Ausstoßes betrifft, hätten Länder und Gemeinden durchaus Handlungsspielraum, erklärt Bartosch. So hat Niederösterreich beispielsweise einen Klima- und Energiefahrplan für die Jahre 2020 bis 2030 im Landtag beschlossen, um die von den Vereinten Nationen festgelegten Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.
Dieser enthält Maßnahmen wie Klima- und Energieprogramme aus sechs unterschiedlichen Bereichen, wie Bauen und Wohnen oder Mobilität. Dafür werde stark auf die Gemeinden gesetzt, die mit einem Umwelt-Gemeinde-Service unterstützt werden.
Allerdings, bemängelt, Bartosch, würden Meilensteine und verpflichtende Vorgaben fehlen, um regional die entsprechenden Maßnahmen auch umzusetzen. Es hänge alles von engagierten Akteuren wie etwa in Korneuburg ab. Laut Forscherin Bartosch lohne sich auch ein Blick auf die Vorschläge der in Österreich etablierten Klimaräte. "Sie könnten wichtige Impulsgeber in den Gemeinden sein", meint sie.
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