Über 80 Einwände: Widerstand gegen Hotelprojekt am Semmering
Die Euphorie war riesig, als 2019 und 2021 zwei Hoteliers und Unternehmer mit dem Kauf des Südbahnhotels und des Kurhauses eine neue touristische Zeitrechnung am krisengebeutelten Semmering einleiten wollten.
Jahre später sind Christian Zeller und der Grazer Hotelier Florian Weitzer am Boden der Realität angekommen. Zum Leidwesen der Tourismusregion und der Gemeindeführung haben die Denkmalhüter des UNESCO Weltkulturerbes Semmeringbahn sowie besorgte Anrainer die ambitionierten Pläne eingebremst.
Anrainer wollen keine Neubauten
Am 14. Mai um Mitternacht endet die Einspruchsfrist für die geplante Flächenumwidmung im örtlichen Raumordnungsprogramm rund um das historische Südbahnhotel. Über 80 besorgte Bewohner, zum Großteil sind es Zweitwohnsitzer, haben ihre Anliegen und Einwände gegen die Umwidmungspläne schriftlich eingebracht.
Am Dienstag langte das Schreiben samt der Unterschriftenliste auf der Gemeinde ein, bestätigt Bürgermeister Hermann Doppelreiter (ÖVP). Bei einer Infoveranstaltung der Gemeinde waren bereits zuvor die Emotionen hochgekocht.
Die Anrainer machen gegen die Umbaupläne von Südbahnhotel-Chef Christian Zeller mobil. Er will nicht nur das alte Gebäude restaurieren, sondern mit einem neuen Hoteltrakt (100 Betten) samt Tiefgarage, zwei Villen sowie einem Wellnessbereich an die Glanzzeiten des legendären Grandhotels anschließen.
Fremdenverkehr
Dafür ist aber zuvor eine Umwidmung der Flächen von "Grünland Park“ auf “Bauland Sondergebiet Fremdenverkehr“ notwendig. Im örtlichen Entwicklungskonzept ist das Areal bereits seit Jahren dafür vorgesehen, bestätigt Bürgermeister Doppelreiter. Den Kritikern schmeckt das aber nicht. Sie bekritteln unter anderem die "Verschandelung der Region“. Zubauten würden die ungetrübte Aussicht stören und nicht zum Bild der historischen Monumentalbauten passen. "Bevor man großartig dazu baut, sollte man lieber das bestehende Hotel sanieren und nicht neue Bettentrakte in die grüne Wiese stellen“, so die Kritiker.
Manker hat eine Rechnung offen
Einer von ihnen ist Paulus Manker. Der Wiener Theatermacher wohnt zwar nicht am Semmering, hat nach seinem unsanften Rauswurf samt Zwangsräumung nach seinem Kultklassiker "Alma" im Südbahnhotel mit Christian Zeller anscheinend noch eine Rechnung offen. Denn auch Manker macht gegen die Umwidmung mobil. "Wenn das in die Tat umgesetzt wird, ist der kostbare Kern am Semmering auf immer zerstört“, so der Tenor.
Bürgermeister Hermann Doppelreiter kann die Argumentation nicht nachvollziehen. "Es wird hier ein Bau- mit einem Umwidmungsverfahren verwechselt“, so der Ortschef. Aktuell gehe es nur um die Änderung der Raumordnung um eine touristische Entwicklung überhaupt zu ermöglichen.
Alle Details zu Neubauten, Gebäudehöhen, der Architektur, dem Landschaftsbild etc. müssen viel später in einem Bauverfahren gesondert behandelt werden, sagt Doppelreiter. Alles was bislang vorliege, sei lediglich eine Projektstudie. "Niemand weiß, ob das so vom Bauwerber eingereicht wird“.
Als unbedenklich eingestuft
Von Seiten der Raumordnung bzw. der Gutachter wird die geplante Umwidmung derzeit als unbedenklich eingestuft. Spätere Zu- und Neubauten müssen sich aber dem Altbestand "unterordnen“.
Die Gemeinde steht jedenfalls voll hinter den Plänen und führt das Behördenverfahren "möglichst emotionslos" weiter. Die Tourismusregion und der Ort würden so ein "qualitativ hochwertiges Angebot“ dringend benötigen. "Wir haben im Winter wie im Sommer zu wenige Betten“, sagt Doppelreiter.
Das zweite große Hotelprojekt am Semmering steht aktuell auf Messers Schneide. Der Grazer Hotelier Florian Weitzer will das Kurhaus revitalisieren und ebenfalls groß dazu bauen. Weil der Monumentalbau nicht nur auf Landschafts- und EU-Schutzgebiet, sondern auch mitten im UNESCO-Weltkulturerbe Semmeringbahn liegt, läuft deshalb bereits seit 2021 ein Behördenverfahren.
Gericht entscheidet
Die Denkmalschützer der Alliance for Nature (AfN) torpedieren den Hotel-Zubau und haben mehrmals dagegen berufen, dass das Land Niederösterreich keine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) vorschreibt. Derzeit liegt das Verfahren deshalb wieder beim Bundesverwaltungsgericht. Aus dem Umfeld von Weitzer heißt es, dass die Situation "zermürbend“ sei.
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