Das Vorhaben ist so groß wie der Name selbst. Aus dem geschichtsträchtigen Kurhaus soll das Grand Semmering werden – ein neues Leuchtturmprojekt des Grazer Hoteliers Florian Weitzer, das die Region in Sachen Nächtigungstourismus aus dem Dornröschenschlaf holen soll.
Soweit der ambitionierte Plan, in den Gemeinde, Touristiker und Kulturveranstalter große Hoffnungen setzen. Eineinhalb Jahre hat es gedauert, bis diese Woche nach umfangreicher Prüfung der positive Gewerberechts- und Baubescheid ausgestellt wird. Aber es wäre nicht der Semmering und die viel beachtete UNESCO-Welterberegion, würde sich nicht auch Widerstand regen.
Die Naturschutzorganisation „Alliance for Nature“ (AfN) hat jahrzehntelang den Bau des Semmering-Basistunnel mit Einsprüchen torpediert und den fast vier Milliarden Euro teuren Bahntunnel damit jahrelang hinausgezögert. Jetzt haben die Hüter des Weltkulturerbe Semmeringbahn ein neues Ziel im Auge.
Einspruch hat aufschiebende Wirkung
Mit einem Einspruch geht AfN-Generalsekretär Christian Schuhböck gegen den Bescheid der NÖ Landesregierung vom 20. Dezember 2022 rechtlich vor, wonach für den groß angelegten Um- und Ausbau des Kurhauses keine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) notwendig ist. Damit wandert der Akt in die nächste Instanz zum Bundesverwaltungsgericht (BVwG).
Weil dieser Einspruch aufschiebende Wirkung hat, ist das Projekt damit bis zu einer Entscheidung des Gerichts auf Eis gelegt. Da die AfN als anerkannte Umweltorganisation „gebetsmühlenartig alle möglichen Großprojekte beeinsprucht, aber nur in wenigen Verfahren damit Erfolg hat“, geht man beim Land NÖ mit keiner großen Überraschung durch das BVwG aus. „Wir haben genau geprüft und erwarten, dass unsere Entscheidung tragfähig ist“, sagt der Leiter für Anlagenrecht beim Land, Leopold Schalhas.
Schuhböck ist bemüht, in der Öffentlichkeit nicht als großer Verhinderer und Buhmann dazustehen. „Alliance for Nature begrüßt ausdrücklich die denkmalschutzgerechte Revitalisierung des Kurhaus Semmering. Es stellt sich jedoch die Frage, ob es für das Vorhaben all die aufgelisteten Zubauten und Maßnahmen braucht“.
Eingereicht ist neben der Renovierung des Stammhauses mit 95 Zimmern ein Hotel-Zubau (55 Zimmer), ein neues „Palmenhaus“ als Wellnessbereich, ein Mitarbeitertrakt mit 46 Zimmern sowie eine Tiefgarage mit 187 Stellflächen für Gäste und weiteren 36 Parkplätzen für Mitarbeiter. Insgesamt beansprucht das Projekt inklusive Straßen, Wege und Grünflächen 4,2 Hektar Fläche.
Während bei der Ernennung 1998 die alte Semmeringbahn plus umliegende Landschaft mit insgesamt rund 8.800 Hektar zum UNESCO-Welterbe ernannt wurde, nahm Österreich später eine Korrektur vor. Die schützenswerte Kernzone wurde auf die unmittelbare Bahntrasse (156 Hektar) beschränkt, die restlichen rund 8.600 Hektar sind als „Pufferzone“ ausgewiesen. „Dafür fehlt allerdings der Beschluss des Welterbe-Komitees“, kritisiert Schuhböck.
Am Semmering, wo man qualitativ hochwertige Gästebetten laut Touristikern wie einen „Bissen Brot“ benötigt, hofft man auf keine nennenswerte Verzögerung des Projekts. Bürgermeister Hermann Doppelreiter (ÖVP) spricht davon, dass das Vorhaben fast zwei Jahre von Experten und einem Sachverständigen-Gremium unter der Aufsicht der Donau-Uni Krems bis ins kleinste Detail geprüft wurde. „Sobald wir Rechtssicherheit haben, werden wir versuchen, das Projekt so rasch wie möglich umzusetzen“, sagt Weitzer-Geschäftsführer Michael Pfaller.
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