Anti-Corona-Lokal, Drohungen, Übergriffe: Gemeinde bittet Innenminister um Hilfe

Anti-Corona-Lokal, Drohungen, Übergriffe: Gemeinde bittet Innenminister um Hilfe
Ein ganzer Ort in Sorge: Ternitzer Bürgermeister und sein Vize fordern angesichts massiver Drohungen und Verleumdungen Unterstützung vom Bund.

Eigentlich sollte das Lokal mit griechischen Spezialitäten Feinschmecker und hungrige Gäste verwöhnen. Jetzt gilt das "Siga Siga“ in Ternitz als Zentrale einer rechtsradikalen, antidemokratischen Bewegung – genannt „NÖ Parteizentrale Partei Bündnis-Grundrechte“.

Sein lautstarker Protest gegen Lockdowns und andere Corona-Maßnahmen der Regierung haben den griechischen Wirten Ioannis P. zu  einer Galionsfigur der Anti-Corona-Bewegung gemacht. Schützenhilfe bekommt er nun sogar von Rechtsaußen in der Figur von Österreichs bekanntestem Neonazi Gottfried Küssel.

Hilfe vom Innenminister

Weil das Lokal, für das es weder Betriebsanlagenbewilligung noch Gewerbeberechtigung gibt, seit Wochen von Corona-Maßnahmengegnern und der Neonazi-Szene als Privattreffpunkt genutzt wird, schrillen bei der Politik die Alarmglocken. In einem zweiseitigen Brief, rufen der Ternitzer Bürgermeister Rupert Dworak und sein Vize, Landtagsabgeordneter Christian Samwald (beide SPÖ), nun Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) um Hilfe.

Beide Politiker und deren Familien stehen wegen der Anfeindungen gegen sie bereits unter dem Schutz des Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT). Ein Bedrohungsszenario, dass für Dworak in mehr als 30 Jahren in der Politik völlig neu und unbegreiflich ist.

Anti-Corona-Lokal, Drohungen, Übergriffe: Gemeinde bittet Innenminister um Hilfe

„Es ist für mich völlig inakzeptabel, dass hier antidemokratische und freiheitsfeindliche Elemente versuchen ein Vereinslokal für die Neonazi-Szene einzurichten“, so Dworak. Weil er in einem Interview Unverständnis über die regierungsfeindliche Haltung des griechischen Wirten geäußert hat, ist der Stadtchef zum Feindbild mutiert. Er wird aus dem Milieu öffentlich verbal angegriffen und verunglimpft.

Über 100 Personen

Bei einer der vielen Razzien in dem Lokal fand man vergangene Woche 107 Personen in der Gaststube vor, 61 davon ohne 2G-Nachweis. Ein lautstarker Gottfried Küssel wurde wegen aggressiven Verhaltens gegenüber den Polizisten angezeigt. „Die Bevölkerung ist zu Recht über dieses Treiben besorgt“, sagt Dworak. In dem Schreiben an Karner fordert er, „unverzüglich alle rechtsstaatlichen Mittel auszuschöpfen, um diesen besorgniserregenden Entwicklungen entschieden entgegen zu treten.“

In sozialen Medien wird Dworak regelmäßig von dem griechischen Wirten und Gefolgsleuten angegriffen. „Die Drohungen haben ein Ausmaß, das an strafrechtswidriges Verhalten grenzt und auch unsere Familienmitglieder betrifft“, so der Bürgermeister.

Klärendes Telefonat

Am Mittwoch hat es bereits ein Telefonat zwischen Dworak und Karner in der Sache gegeben. Das Ministerium sichert volle Unterstützung zu.

Der Ternitzer Stadtchef ist nicht der einzige Politiker, dem das LVT zur Seite steht. Seit dem Vorjahr gebe es Präventionsprogramme für gefährdete Einrichtungen und Personen zum Schutz vor Corona-Maßnahmengegnern, heißt es aus dem Innenministerium.

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Gleich nach Gründung der neuen Direktion für Staatsschutz sei ein Leitfaden zum Umgang mit Verschwörungserzählungen und Falschinformationen zu COVID-19 ausgearbeitet worden. In einer Videokonferenz wurden im Dezember fast 500 Bürgermeister und später diverse Gesundheitseinrichtungen dazu geschult. „Folge der Sensibilisierung war auch eine verstärkte Überwachung durch private Sicherheitsdienste im Außen- und Innenbereich“, so das Ministerium.

Ioannis P. beschäftigt mittlerweile auch Behörden und Gerichte. Auf die Anzeigenflut gegen seine Person reagiert er nur mit bitterbösen Briefen an Ämter und dem Vorwurf des „faschistoiden Vorgehens“ gegen seine Person. Eine diesbezügliche Verhandlung am Mittwoch auf dem Landesverwaltungsgericht NÖ in Wiener Neustadt, hat der Wirt einfach geschwänzt.

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