Tiere in Film und Werbung: Wie kommt das Tier vor die Kamera?
Ob ein sprechendes rosa Ferkel oder eine kleine Maus, die in den „Tatort“-Folgen über die Fallakten läuft. Haarige und gefiederte Stars trifft man in Werbung und Film immer wieder an. Was auf dem Bildschirm aber so natürlich aussieht, erfordert in Wahrheit viel Arbeit und Kreativität. Die Wienerin Katja Hawliczek schafft es seit mehr als 25 Jahren aber dennoch, dass jedes Tier eine gute Figur vor der Linse macht. Und das für bekannte Produktionen.
Begonnen hat diese ungewöhnliche Berufswahl 1996 als ihr Hund in einer Komödie von Kurt Palm mitspielen sollte. Damals studierte sie noch Tiermedizin. Beim Casting angekommen erhaschte Katja Hawliczek dann einen Blick auf die Liste der benötigten Tiere. „Unter anderem suchten sie eine tote Katze. Als ich dann scherzhaft meinte, dass sie das früher hätten sagen sollen, weil ich im Sezierkurs gerade eine auf dem Tisch hatte, wurde mir die ganze Liste in die Hand gedrückt“, sagt sie.
Immer das passende Tier
Seitdem steht ihr Telefon nicht mehr still. Kein Wunder, immerhin ist sie die einzige Tierärztin in diesem Beruf. Das beschert ihr auch internationale Aufträge in Schweiz, Italien und Frankreich. Mit ihrer Dauergenehmigung der BH St. Pölten ist sie außerdem schnell einsetzbar. Denn jeder Dreh mit Tieren muss genehmigt werden und "so eine Genehmigung kann schon bis zu sechs Wochen dauern", erklärt sie. Aber auch in diesem Business wird nicht immer gesetzeskonform gearbeitet. Auch Komparsenagenturen bieten Tiere an.
So einfach, wie es dort häufig gehandhabt werde, sei es aber nicht. „Man braucht immer das passende Tier.“ Sowohl für den Schauspieler als auch für die Produktion. „Ich lege Wert auf heimische, alte Rassen. In einem Heimatfilm oder einem historischen Film kann keine moderne Züchtung mitspielen.“
Tiere hält Hawliczek in ihrem Filmtierhof in Niederösterreich selbst. Bei anderen hingegen setzt sie auf ihr Netzwerk. „Ich habe einen sehr großen Bekanntenkreis mit sehr vielen geeigneten Tieren.“
Außerdem achte sie bei der Wahl des Tieres auf ihre Vorbildwirkung. Sogenannte „Tea-Cup-Schweinchen“, die in Wirklichkeit Saugferkel sind, versuche sie nicht zum Einsatz zu bringen. „Die Leute sollen sich nicht unüberlegt wegen eines Films oder einer Werbung ein Tier nach Hause holen“, sagt sie.
Voller Körpereinsatz
Damit bei den Produktionen selbst alles klappt, seien voller Körpereinsatz und kreative Ideen gefordert. „Ich möchte gar nicht wissen, wie oft ich schon zwischen Autositzen lag, um einen Hund zu halten.“
Ihre Arbeit sei deshalb weniger die einer Tier-, als öfter die einer Motivations-Trainerin. „Es geht darum, das Tier zu einer bestimmten Sache zu motivieren. So, dass es glaubt es aus eigener Überzeugung getan zu haben.“ Vieles erreiche sie deshalb mit sanften Tricks. Etwa, wenn verlangt werde, dass ein wohlerzogener Rüde an einen Weihnachtsbaum im Wohnzimmer pinkelt. Nur mit abgewandten Blicken und etwas Urin eines fremden Hundes habe sich der Rüde dazu verleiten lassen. „Wenn die Kamera nicht gelaufen wäre, hätten wir das kein zweites Mal erreicht. Diesen Mut hätte der Hund kein zweites Mal gehabtt.“ Das war ein absolutes Beispiel für perfektes Timing.
Bei einem anderen Dreh hingegen, habe ein 900 Kilo schwerer Stier Brüllen sollen. Das habe erst geklappt als „mir eingefallen ist, die Kuhherde am Stall vorbeizutreiben“.
Kinchenschema
Den Grund dafür, warum Werbetreibende auf Tiere setzen, sieht Jörg Matthes, Professor für Werbeforschung an der Universität Wien, vor allem im „Kindchenschema“. „Dabei handelt es sich um einen Reiz, der intuitiv positive Gefühle auslöst, ohne dass wir darüber nachdenken“, sagt der Experte. Wie so oft gehe es auch hier um den Kampf um Aufmerksamkeit. Nur Nacktheit könne ähnliche Aufmerksamkeitsspannen erzeugen. „Dabei kann sich der Werbetreibende aber mehr Kritik holen, als beim Einsatz von Tieren“, so der Experte. Neben dem Kindchenschema können aber auch Tierwohl oder Nachhaltigkeit Gründe dafür sein, dass Tiere in der Werbung eingesetzt werden. „Mit Bildern überzeugt man Menschen, die die Werbung nur nebenbei rezipieren, einfacher als mit Argumenten.“
Die Tiere von Hawliczek können aber nicht nur über den Bildschirm bestaunt werden. Derzeit laufen gleich fünf Theater-Produktionen, in denen ihre Ziegen, Hasen und Hühner auf der Bühne stehen. Und auch für die Zukunft stehen viele Projekte an.
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