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Seit rund hundert Jahren prägte das Geschirrgeschäft Anzenberger das Ortsbild von Böheimkirchen (Bezirk St. Pölten Land). Doch nun habe man der „Realität ins Auge blicken“ müssen, wie Viktoria Anzenberger erzählt. „Der Konkurrenzdruck von den Großen wurde einfach zu viel. Mittlerweile bekommt man in jedem Möbel- und Lebensmittelgeschäft Geschirr. Sicher nicht in der Qualität, die wir haben, aber wenn man schon dort ist, nimmt man es mit“, sagt die Chefin.
"Es geht auch ohne"
Der Entschluss zur Schließung fiel nach den letzten Lockdowns: „Der Anteil des Geschirrgeschäfts in unserem Unternehmen lag unter 30 Prozent. Wir haben gemerkt, dass es eigentlich genauso ohne geht und uns gefragt, warum wir uns die zusätzliche Arbeit aufhalsen“, erklären Viktoria und Peter Anzenberger. Sie wollen den Fokus künftig auf ihre Glaserei legen.
Während bei den Stammkunden die Trauer über die Schließung überwiegt, blicken die Geschäftsführer auch mit einem lachenden Auge in die Zukunft. Noch laufe der Abverkauf, danach folgt der Umbau der Räumlichkeiten zu einem neuen Schauraum der Glaserei.
Konditorei ohne Kaffeehaus
Während in Ober-Grafendorf (Bezirk St. Pölten Land) die Langer Mühle nach 67 Jahren komplett schließt, wird auch in der St. Pöltner Traditionskonditorei „Punschkrapferl“ umgebaut. 30 Jahre lang empfing Eleonora Brandstetter im dazugehörigen Kaffeehaus Gäste aus der Region. Da sich die Unternehmerin nun in den Ruhestand verabschiedet, gehen ihr Sohn Andreas und Schwiegertochter Katharina aber neue Wege. Ab 1. März wird der Verkaufsraum erweitert.
Auch eine Schaukonditorei entsteht, wo Kunden beispielsweise beim Tortenverzieren und Marzipanfigurenformen zusehen können. „An der gewohnten Qualität und an der Vielfalt unserer Produkte wird sich nichts ändern“, kündigt man im Gespräch mit der Stadt St. Pölten sogar den Ausbau des Sortiments an. Kaffee und Snacks gibt es dann mit Anfang April nur noch zum Mitnehmen.
Dass sich im Raum St. Pölten derzeit so viele Unternehmen mit mehr als 30-jähriger Geschichte verändern, sei laut WKNÖ aber kein genereller Trend. Tatsächlich verfüge „gerade Niederösterreich über eine große Zahl an Betrieben, die seit vielen Jahrzehnten aktiv sind – teils auch 100 Jahre und mehr“, heißt es.
Oft werde die Frage der Nachfolge zum Verhängnis, die WKNÖ hilft mit einem Beratungsservice oder der Nachfolgebörse. „Neben den traditionellen Übergaben in der Familie hat sich in vielen Fällen auch die Übernahme des Betriebs durch bisherige Beschäftigte als erfolgreiches Konzept bewährt“, so die Wirtschaftskammer.
Tradition im Wandel der Zeit
Dass Tradition alleine nicht den Unternehmensbestand gewährt, dem ist man sich auch in einem der ältesten Betriebe der Landeshauptstadt – der Buchhandlung Schubert – bewusst. Seit 185 Jahren gehört das Unternehmen zum Inventar der St. Pöltner Innenstadt. Fast 45 Jahren davon ist auch Wolfgang Hintermeier Teil der Buchhandlung und hat seither viele Veränderungen miterlebt.
Die Konkurrenz ist groß: „Mittlerweile werden in jedem Baumarkt, Bastelmarkt und jeder Tierhandlung Bücher verkauft. Sogar im Autohaus gibt es Bücher zu Fahrzeugen, Wanderkarten erhält man im Sportgeschäft“, so Hintermeier.
Nicht mit Großen mithalten
Der Buchhändler kennt das langjährige Erfolgsrezept seines Arbeitgebers: „Man darf nicht den Fehler machen, mit den Großen mithalten zu wollen“, erklärt Hintermeier. Neben dem allgemeinen Sortiment gehe es im Fachhandel darum, auf Kundenwünsche einzugehen und seine eigene Nische zu finden.
Um den Buchhändler-Nachwuchs sorgt aber auch er sich: „Kinder, die Bücher lesen gehen heute in höhere Schulen und machen keine Lehre.“
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