Stockerau: Grabstätten aus der Völkerwanderungszeit entdeckt

Stockerau: Grabstätten aus der Völkerwanderungszeit entdeckt
Die Artefakte, die im Rahmen eines Bauprojekts zu Tage gefördert wurden, stammen aus dem fünften Jahrhundert nach Christus.

Es war eine Zeit, in der kein Stein auf dem anderen blieb: Zwischen 375 und 568 nach Christus zogen verschiedene Völkerstämme durch das heutige Europa. Über ihr rastloses Leben ist bisher nur wenig bekannt.

Umso sensationeller ist nun ein Fund in Stockerau zu bewerten: Im Zuge von Bauarbeiten wurden drei Grabstellen aus der Völkerwanderungszeit entdeckt.  

Stockerau: Grabstätten aus der Völkerwanderungszeit entdeckt

Schmuck aus Glas und Knochen wurde in den Gräbern der Mädchen entdeckt.

Im fünften Jahrhundert nach Christi fand nahe der heutigen Schlösslgasse eine Frau ihre letzte Ruhestätte, nur Teile ihrer Knochen sind noch vorhanden. Links und rechts von ihr wurden zwei Mädchen beigesetzt. Ob es sich um die Töchter der Frau handelte? Man weiß es nicht.

Kleine Glasperlen, eine verzierte Knochenperle und ein Amulett aus Knochen – ein heidnisches Fruchtbarkeitssymbol bekannt als „Donarskeule“ – wurden in ihren Gräbern entdeckt. Zudem fand sich eine Fibel, also eine Gewandnadel aus Buntmetall. Sie zählt zu den typischen Bestandteilen einer ostgermanischen Frauentracht.

Stockerau: Grabstätten aus der Völkerwanderungszeit entdeckt

Von Oktober bis Februar arbeitete ein kleines Team von Archäologen am Areal.

„Funde aus der Zeit der Völkerwanderung sind selten“, weiß Anthropologin Anna-Maria Kriechbaum. Seit Oktober arbeitete ein kleines Team von Archäologen im historischen Zentrum von Stockerau, ein neuer Wohnkomplex der Firma SÜBA soll an dieser Stelle entstehen.

Zuvor galt es jedoch, Spuren aus längst vergangener Zeit  zu sichern. Akribisch wurden so die ältesten bekannten Nachweise der größten Stadt des Weinviertels zutage gefördert.

Stockerau: Grabstätten aus der Völkerwanderungszeit entdeckt

Auch Relikte aus dem Mittelalter und der Neuzeit wurden gefunden. 

Der Großteil der Funde stammt aus der Neuzeit, zum Beispiel Reste eines Fabriksgebäudes aus der Zeit um 1900 sowie Brunnen, Erdspeicher und Latrinen aus dem 15. bis 18. Jahrhundert. Auch Spuren aus dem Hochmittelalter – wie  Bruchstücke von Keramikgefäßen und Tierknochen – wurden entdeckt. Die älteste Siedlungstätigkeit im heutigen Stockerau reicht bis in die Römerzeit zurück; kleine Keramikfragmente zeugen davon, sie sind 1.800 bis 1.900 Jahre alt. 

 

Stockerau: Grabstätten aus der Völkerwanderungszeit entdeckt

Freude über die Funde: Franz Pieler, der wissenschaftliche Leiter des MAMUZ Museum Mistelbach, Manfred Wachtler, Vorstand der Baufirma SÜBA AG, Bürgermeisterin Andrea Völkl, Archäologe Alexander Pollak-Schmuck (Archäologischer Dienst GesmbH, Anthropologin Anna-Maria Kriechbaum, Archäologe Felix Köstelbauer und Michael Exenberger, Prokurist SÜBA AG. 

Die Grabanlagen aus der Völkerwanderungszeit wurden erst kurz vor Ende der Arbeiten im Februar entdeckt. Drei unscheinbare Verfärbungen am Boden führten zum Sensationsfund. Der Stockerauer Archäologe Felix Köstelbauer wird die Funde wissenschaftlich aufarbeiten und eine Ausstellung im Bezirksmuseum Stockerau zur frühen Besiedelung der Stadt gestalten.

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