Grabungen bei S4: Siedlungsreste aus der Jungsteinzeit entdeckt

Grabungen bei S4: Siedlungsreste aus der Jungsteinzeit entdeckt
Archäologische Funde belegen, dass der Raum um Bad Sauerbrunn zu den ältesten fix besiedelten Gebieten Mitteleuropas zählt.

Das Burgenland schreibt Geschichte: Nicht nur die Feiern zum 100-jährigen Bestehen des Bundeslandes werden 2021 zelebriert. Immer wieder lassen neue Erkenntnisse betreffend der Besiedelung aufhorchen.

Erst vor Kurzem wurde der Fund eines etwa 6.300 Jahre alten Skelettes in Lutzmannsburg bekannt – der KURIER berichtete. Jetzt ist man im Zuge des geplanten Ausbaus der Mattersburger Schnellstraße S4 auf weitere archäologische Funde gestoßen, wie der Straßenerhalter Asfinag meldet: Die mehr als 9.000 Jahre alten Exponate würden Zeugnis davon geben, dass die Gegend bei Bad Sauerbrunn zu den ältesten fix besiedelten Gebieten Mitteleuropas zählt.

Bei den Grabungen zwischen den Bezirken Mattersburg und Wiener Neustadt wurden Funde aus mehreren Epochen freigelegt: Und zwar von der Jungsteinzeit über die Besiedelung durch die Römer bis in das Frühhochmittelalter Ende des 10. Jahrhunderts.

„Die ältesten Funde sind unter anderem Langhäuser aus neolithischer Zeit“, schildert Grabungsleiter Kurt Fiebig, der mit einem Team aus 20 Experten u. a. bei Pöttsching forscht.

Durch die Grabungen habe man festgestellt, dass die Gegend damals dicht besiedelt gewesen ist. „Über die Größe der Dörfer aus dem Neolithikum ist man in der Forschung noch uneins. Langsam kristallisiert sich aber heraus, dass diese Dörfer doch relativ beachtliche Größen erreichen. Das Dorf in Pöttsching ist ein Beispiel dafür, dass man auf einen Fleck 10, 15 große Häuser mit Seitenlängen von 35 bis 40 Meter hatte. Die Häuser standen nebeneinander“, sagt Fiebig.

Grabungen bei S4: Siedlungsreste aus der Jungsteinzeit entdeckt

Reste eines jungsteinzeitlichen Hauses

Reste eines jungsteinzeitlichen Hauses

Grabungen bei S4: Siedlungsreste aus der Jungsteinzeit entdeckt

Knochengriff: Fundstück aus der Römerzeit

Knochengriff: Fundstück aus der Römerzeit

Seit Beginn der Ausgrabungen wurden etwa 40 Prozent der archäologischen „Verdachtsflächen“ – in einer Größe von insgesamt rund 15.000 Quadratmeter – von der oberen Bodenschicht befreit. Bisher konnten mehr als 3.000 interessante archäologische Einzelbefunde erstellt werden. Als bisher jüngstes Artefakt wurde ein Backofen freigelegt. „Aufgrund der Begleitfunde datieren wir ihn zwischen das ausgehende neunte und das Ende des zehnten Jahrhunderts.“

"Stück Menschheitsgeschichte"

Alle beweglichen Funde werden sortiert, gereinigt und zusammengesetzt. „Wir bewahren damit ein Stück Menschheitsgeschichte für die Nachwelt auf.“

Auch Alexander Walcher, Geschäftsführer der Asfinag Bau Management GmbH, betont die Bedeutung der archäologischen Forschungsarbeit: „Für uns ist wichtig, dass solche Zeugnisse der menschlichen Kultur erhalten bleiben.“

Nach speziellen Voruntersuchungen, wie einem Bodenradar, wurden im burgenländischen Teil des Projektgebiets 19 und im niederösterreichischen Teil acht solcher Verdachtsflächen ausgemacht. Das Gebiet wird bis Ende 2021 untersucht.

Wo im Burgenland Grabungen stattfinden

Archäologin Dorothea Talaa ist  an mehreren Standorten mit Forschungsarbeit beschäftigt. Nach den Grabungsarbeiten in Lutzmannsburg, die ergeben haben, dass das Gebiet seit 7.000 Jahren durchgehend besiedelt war, laufen nun die Auswertungen.
Auch in Sigleß, wo  1.200 Jahre alte Awaren-Gräberfelder entdeckt wurden, werden die Funde genau unter die Lupe genommen. Hier seien in den kommenden Wochen spannende Ergebnisse zu erwarten, verspricht Talaa.

Weitere Grabungsarbeiten finden auch in Mattersburg statt. Die bereits entdeckten Gräber stammen aus der Zeit zwischen dem fünften und neunten bzw. zehnten Jahrhundert  nach Christus. Ein Zentrum der Grabungs- bzw Forschungsarbeiten sei auch Draßburg.
Grabungen  seitens des Landes gibt es  im südburgenländischen Schandorf, wo eisenzeitliche Hügelgräber, die um  800 v. Chr datieren, gefunden wurden.

In Müllendorf (Bez. Eisenstadt-Umgebung), wo Archäologen Reste eines römischen Dorfes freigelegt haben, untersuchen das Land und die Uni Wien die Fundstelle noch bis 2022.

Dieser Tage wurde bei Rechnitz die Suche nach den Gräbern der rund 180 jüdischen Zwangsarbeiter begonnen, die 1945 von Nationalsozialisten ermordet und verscharrt worden sein sollen.

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