Ein Ort für Abschied und Trost im Waldviertel

Robert Inghofer und Nicole Katzian organisierten ein Sternenkinder-Grab in Heidenreichstein.
Manchmal bedeutet eine Geburt gleichzeitig auch Abschied nehmen zu müssen. In Österreich sterben jedes Jahr zwischen 10.000 und 12.000 Kinder vor, während oder kurz nach der Entbindung.
Damit Eltern und Angehörige einen Ort zum Beisetzen, Gedenken und Trostfinden haben, gibt es in vielen Friedhöfen eigene Gräber für sogenannte Sternenkinder.
Oft gibt es aber keine Ruhestätte, wie etwa auch in Heidenreichstein, Bezirk Gmünd.
Der Bestatter Robert Inghofer hat sich aber um eine Lösung gekümmert.
"Wollt ihr eure Kleine nicht in der Nähe haben?"
"Mich hat das Thema schon in meiner Ausbildung zum Bestatter bewegt. Als wir einen aktuellen Fall im Freundeskreis hatten, wäre das Kind der Familie in ein Grab nach Horn gekommen, also relativ weit weg von uns", erzählt Inghofer. "Das habe ich zum Anlass genommen und sie gefragt: ’Wollt ihr eure Kleine nicht in der Nähe haben?’ Sie waren sofort begeistert", sagt der Bestatter.

In St. Pölten wurde im Oktober eine neue Grabstätte eröffnet.
So hat er ein Grab am Heidenreichsteiner Friedhof gekauft, das er nun Familien von Sternenkindern kostenlos zur Verfügung stellt. Auch die Gemeinde unterstützt, indem keine Graböffnungsgebühren verlangt werden. Es könnten also nur Kosten anfallen, wenn man einen Kindersarg braucht. Hier würde man aber nur den Materialpreis verrechnen. Auch um die Abholung aus dem Krankenhaus sowie die Organisation einer Zeremonie kümmere sich die Bestattung.
Tabuthema
Natürlich gibt es auch die Möglichkeit, ein Sternenkind in einem Familiengrab beizusetzen. Sehr junge Familien hätten ein solches aber oft noch gar nicht, gibt Inghofer zu bedenken. Und gerade auf kleineren Friedhöfen sei ein Sternenkindgrab noch nicht üblich.
- Im Vorjahr kamen laut Statistik Austria rund 77.600 Kinder in Österreich auf die Welt.
- Doch jedes Jahr sterben laut Informationen des Klinikum Wels auch 10.000 bis 12.000 Kinder vor, während oder kurz nach der Geburt.
- Im Gesetz spricht man nicht von Sternenkindern. Eine "Fehlgeburt" liegt vor, wenn kein Zeichen einer Lebendgeburt vorhanden ist und das Kind noch keine 500 Gramm wiegt.
- Als "tot geboren" gilt ein Kind dann, wenn kein Zeichen einer Lebendgeburt erkennbar ist und das Kind ein höheres Geburtsgewicht als 500 Gramm hat.
Das Thema Sternenkinder wird auch heute noch oft als Tabu gesehen. Bis 2017 gab es bei einem Geburtsgewicht unter 500 Gramm nicht einmal die Möglichkeit, die Kinder in ein Namensregister einzutragen.
Für Sternenkinder unter dieser Gewichtsgrenze gilt in allen Bundesländern außer Kärnten, Tirol und Oberösterreich eine Bestattungspflicht. Es gibt aber überall ein Recht darauf, das heißt, die Eltern können entscheiden, welche Variante sie bevorzugen.
Hinter der Wortschöpfung „Sternenkinder“ steckt die Vorstellung, dass die früh verstorbenen Kinder als Stern am Himmel funkeln – in Anlehnung an die Worte aus "Der kleine Prinz" von Antoine de Saint-Exupéry: "Wenn du bei Nacht den Himmel anschaust, wird es Dir sein, als lachten alle Sterne, weil ich auf einem von ihnen wohne, weil ich auf einem von ihnen lache. Du allein wirst Sterne haben, die lachen können."
Laut dem Verein Pusteblume, wurde der Verlust eines Kindes während der Schwangerschaft noch vor wenigen Jahren mit "neutralen" Begriffen, wie Fehlgeburt oder Totgeburt bezeichnet.
"Beide Begriffe versachlichen eine emotional tiefgreifende Erfahrung, die das Leben der Eltern für immer verändert. Die liebevolle Bezeichnung Sternenkinder weckt die Assoziation zu funkelnden Sternen am Himmel und zu einem Lichtblick im Dunkel der Trauer", heißt es vonseiten des Vereins.
Die Initiative unterstützt Eltern österreichweit, "die erfahren haben, dass ihr Kind im Mutterleib verstorben ist oder an einer lebensverkürzenden Erkrankung leidet und die Geburt voraussichtlich nicht überlebt oder kurz danach sterben wird".
In Österreich gibt es etliche unterstützende Organisationen, an die man sich wenden kann. Der Wiener Verein Regenbogen ist eine Gruppe von Eltern, deren Babys durch Fehlgeburt, Abtreibung, Totgeburt oder kurz nach der Geburt verstorben sind, und sieht sich als reine Selbsthilfe-Initiative, die Gesprächsgruppen organisiert.
In Niederösterreich kann man sich an den Verein Augenblick wenden, wo man sich auf das Schaffen von Erinnerungen spezialisiert hat.
Mittlerweile gibt es auch immer mehr Verantwortungsträger, die sich mit dem Thema auseinandersetzen. In den vergangenen Jahren wurden mehrere Gedenkstätten und Gräber speziell für Sternenkinder gestaltet. Am Hauptfriedhof in St. Pölten werden sie seit fast 25 Jahren beigesetzt und regelmäßig Gedenkfeiern abgehalten. Erst heuer konnte eine neue Grabstätte gestaltet und um einen ökologischen Urnenbereich erweitert werden.
Gedenkstätten
Auf dem Stadtpfarrfriedhof Baden findet sich seit 2022 wiederum eine überkonfessionelle Sternenkinder-Gedenkstätte. Der Verein Hospiz Mödling hat erst im Vorjahr einen derartigen Gedenkort am Friedhof Maria Enzersdorf gestaltet. Der Platz – ein Spiralweg auf einer kleinen Wiese, inmitten von Bäumen mit einer Skulptur im Zentrum – soll zum Innehalten einladen.
„Während in den Familien die Erinnerung an Sternenkinder fest verankert ist, gibt es in unserer Gesellschaft oft keinen Platz für sie, sie bleiben unbeachtet und unsichtbar. Das wollten wir mit diesem Projekt ändern“, heißt es vom Verein.
Auch Robert Inghofer hofft, dass noch mehr dieser Plätze geschaffen werden.
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