Welche Geheimnisse hinter dem perfekten Kunstschnee stecken
Wenn in drei Wochen die weltbesten Skirennläuferinnen vor einem Millionenpublikum ihre Stahlkanten in den steilen Weltcuphang des Semmerings pressen, muss die Unterlage perfekt sitzen.
Verantwortlich dafür zeichnet sich im Vorfeld Jörg Jesernik mit seinem Team von den Bergbahnen am Hirschenkogel. Der "Schneemacher“ vom Zauberberg ist der Mann mit dem besonderen Gespür für Kunstschnee.
Ohne Kunstschnee kein Pistenzauber
Muss er auch sein. Denn nur ein Grad Celsius und paar Prozent Luftfeuchtigkeit mehr oder weniger haben maßgeblichen Einfluss auf Menge und Konsistenz der weißen Pracht. Klimawandel hin oder her, Kunstschnee ist selbst in den höchstgelegenen Skigebieten Österreichs nicht mehr wegzudenken. Schon gar nicht auf den flachen Ausläufern der Ostalpen – die Talstation am Semmering liegt auf, für ein Skigebiet bescheidenen 980 Metern Seehöhe, der Gipfel des Hirschenkogels auf 1.340 Metern.
160.000 Kubikmeter Wasser aus den beiden Speicherteichen benötigt man am Semmering pro Wintersaison für die Beschneiung. Das entspricht in etwa der Wassermenge von 800 Vier-Personen-Haushalten.
Steuerung von Zuhause
Während früher jede Schneekanone täglich mühevoll mit dem Ski-Doo oder Pistengerät angefahren werden musste, um sie in Betrieb zu nehmen, zu kontrollieren oder umzustellen, macht die moderne Technik diese Arbeit heute wesentlich leichter, erklärt Jesernik. Ein Blick auf die spezielle Handy-App offenbart dem Betriebsleiter der Bergbahnen in Echtzeit beinahe alles, was er für die Schneeerzeugung wissen muss.
Ein Begriff sticht dabei sofort ins Auge: die Feuchtkugeltemperatur. Sie setzt sich aus dem Verhältnis von Außentemperatur und relativer Luftfeuchtigkeit zusammen. "Das ist eines der wichtigsten Instrumente. Je feuchter es ist, desto kälter muss es für die Beschneiung sein. Bei Trockenheit brauchen wir etwa minus 3,5 Grad um die Maschinen zu starten“, gibt Jesernik einen Einblick in die komplizierte Wissenschaft der Schneemacherei.
Schneemacher
Der Geschäftsführer der Bergbahnen, Nazar Nydza
Schneemacher
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Jörg Jesernik und Nazar Nydza auf Schneekontrolle
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Mit der App lassen sich die Schneekanonen steuern und kontrollieren
Besondere G'spür
Viel mehr als ein Schnellsiederkurs bei Humboldt nutzt in dem Metier die Erfahrung und das besondere G’spür für Schnee. Ändern sich rasch die Temperaturen und Bedingungen, kann Jesernik oder seine Kollegen sogar ganz bequem von zu Hause aus einzelne Schneekanonen mittels der App ansteuern und dirigieren. Im Skigebiet haben aber immer fünf Mitarbeiter gleichzeitig Schicht.
95 Kanonen und Lanzen sorgen auf dem Semmering dafür, dass bei idealen Bedingungen in 72 Stunden eine Grundbeschneiung auf die Hänge gezaubert werden kann. Kein billiges Unterfangen. Eine Schneekanone neuester Generation kostet in etwa so viel wie ein Mittelklasse-Audi – rund 35.000 Euro, erklärt der Geschäftsführer der Bergbahnen, Nazar Nydza.
Keine Chemikalien, nur Wasser
Jesernik räumt mit einer alten Mär auf, wonach Kunstschnee wegen beigemengter Chemikalien schlecht für die Umwelt sei. "Blödsinn“, so der Betriebsleiter. Es handelt sich um reines Wasser ohne Zusätze, das mit 20 bar Druck in die eiskalte Luft geblasen wird. Um den idealen Gefrierpunkt zu erreichen, wird das Wasser aus den Speicherteichen in Kühltürmen von 6 Grad auf 3 Grad Celsius herunter temperiert, erklärt Jesernik. "Desto kälter das Wasser, desto schneller gefriert es, wenn es durch die Schneekanone beschleunigt wird“.
Ohne Beschneiung, würde es in Ostösterreich kein einziges Skigebiet mehr geben, erklärt Nydza. Der Stromverbrauch ist mit den Seilbahnen, dem Flutlicht und der Beschneiung in etwa so groß wie der von 500 Haushalten. Das alles müsse berücksichtigt werden, wenn über die gestiegenen Preise der Liftkarten diskutiert wird, meint Nydza.
54 Euro kostet heuer eine Tageskarte am Zauberberg.
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