Sexuelle Gewalt im Jugendvollzug: Heuer bereits vier Fälle

Gerasdorf
Nach den Fällen in Wien und NÖ meldet das Justizministerium zwei weitere Übergriffe.

Die Debatte um den Jugendstrafvollzug in Österreich reißt nicht ab. Am Dienstag wurde bekannt, dass es seit Jahresbeginn zu insgesamt vier schweren Übergriffen in Jugendstrafanstalten gekommen ist. Das Justizministerium bestätigte einen Bericht der Presse.

Die Geschichte des 14-jährigen U-Häftlings, der in der Justizanstalt Wien-Josefstadt von drei älteren Insassen mit einem Besenstiel vergewaltigt worden sein soll, ist damit kein Einzelfall.

Ein weiterer Übergriff hat sich auch in der Jugendstrafanstalt Gerasdorf (NÖ) ereignet. Dort soll Anfang Jänner ein 17-jähriger Insasse von einem um ein Jahr älteren Mithäftling mit einem Besenstiel malträtiert worden sein, bestätigt der stellvertretende Leiter der Vollzugsdirektion, Christian Timm im Gespräch mit dem KURIER. „Es wurden sofort alle notwendigen Schritte gesetzt“, erklärt Timm.

Gemeint ist damit eine medizinische Untersuchung des 17-Jährigen. Dabei wurden vom Anstaltsmediziner Hämatome am Körper des jungen Mannes festgestellt. „Eine rektale Untersuchung hat er allerdings abgelehnt“, so Timm. Auch ein Psychologe wurde hinzugezogen.

Gelockerter Vollzug

Zu dem Übergriff soll es im gelockerten Wohngruppen-Vollzug gekommen sein. Die Insassen können sich dort innerhalb einer Abteilung frei bewegen. „Das ist bei der Unterbringung von Jugendlichen üblich“, erklärt Timm.

Nach derzeitigem Ermittlungsstand sind sich die beiden Häftlinge an einem Wochenende tagsüber in die Haare geraten. Die tätliche Auseinandersetzung hat sich fernab der Blicke der Justizwachebeamten in einem Freizeitraum abgespielt. Dabei soll das Opfer mit dem Besenstiel vergewaltigt worden sein. Der vermeintliche Täter gibt zwar den Streit und die Schläge, die zu den blauen Flecken des 17-Jährigen geführt haben, zu. Die Sache mit dem Besen bestreitet der Insasse jedoch vehement. Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt sieht das anders. „Wir haben eine Anklageschrift wegen des Verbrechens der Vergewaltigung eingebracht“, bestätigt Sprecher Erich Habitzl.

Zwei weitere Verdachtsfälle sind der Justiz auch bekannt. Laut Christian Timm hat sich in den Jugendabteilungen der Justizanstalten Graz und Linz auch jeweils ein Vorfall ereignet.

Justizministerin Beatrix Karl hat nach Bekanntwerden der Missstände alle Gefängnisse des Landes aufgefordert, ihr allfällige Übergriffe direkt zu melden.

Razzia in der Josefstadt

In der Justizanstalt Josefstadt fand am Dienstag zudem eine Hausdurchsuchung statt. In diesem Fall geht es um Korruptions- und Drogenvorwürfe. Mehr dazu lesen Sie unter Razzia in Justizanstalt Josefstadt.

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