Schwieriger Eiertanz um grüne Böden in Wr. Neustadt

Der Zustrom von jährlich fast 700 Bürgern hat seinen Preis. Wiener Neustadt ist im österreichischen Städtevergleich ein Negativ-Beispiel, was die Pro-Kopf-Quote an versiegelter Bodenfläche anbelangt. Die Berechnung des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen hat zwar Schönheitsfehler (siehe Infobox), in der Stadt versucht man dennoch, mit einem Bündel an Maßnahmen dem ungezügelten Wildwuchs an Bauwerken einen Riegel vorzuschieben.
Aufbauend auf den Stadtentwicklungsplan 2030 wurde am Montag im Rathaus ein weiteres Paket für den Bodenschutz vorgestellt. Mit 1. Oktober wird die maximale Bauplatzgröße in Wiener Neustadt mit 900 m2 reglementiert. Diese Regelung betrifft vor allem Grundteilungen oder Zusammenlegungen. „Damit vermeiden wir große Wohnbauprojekte in Siedlungen mit Einfamilienhaus-Charakter“, erklären Wiener Neustadts Bürgermeister Klaus Schneeberger und Baustadtrat Franz Dinhobl (ÖVP).
Baugründe, die jetzt bereits größer als 900 m2 sind, sind von dieser Regelung nicht betroffen.

Wildwuchs
In der Stadt weiß man ganz genau, dass es rechtlich nicht viele Möglichkeiten gibt, um den Wildwuchs im Bau stark einzudämmen. Jedes widmungskonforme Projekt muss von der Gemeinde auch genehmigt werden, sagt Schneeberger. Damit aber nicht ein Wohnblock nach dem anderen die Bestrebungen nach weniger Bodenversiegelung zunichte macht, muss seit 2019 jedes Vorhaben mit mehr als zehn Wohneinheiten über den Tisch des „Fachbeirats zur Entwicklung und Planung von Wohn- und Gewerbeobjekten“.
Nur jene Projekte, die ausdrücklich vom Baudirektor, den Verkehrsplanern und den anderen Mitgliedern des Beirates empfohlen werden, bekommen grünes Licht für ein Bauverfahren.
Mit der neuen Bodenschutzoffensive gibt es ab Oktober strengere Vorschriften für Bauträger. Die Stadt schreibt verpflichtende Baumpflanzungen für neue Wohnhausanlagen vor. Für 5 bis 20 Wohneinheiten müssen zwei Bäume gepflanzt werden, bis 50 Wohneinheiten sind es sechs und bis 100 Einheiten 15 Schattenspender.
Vorgeschrieben werden außerdem Projekte für „Urban Gardening“. Ab 50 Wohnungen ist die Errichtung eines Gemeinschaftsgartens vorgeschrieben. Für Umweltstadtrat Norbert Horvath (SPÖ) auch eine Möglichkeit, um das soziale Zusammenleben in den Stadtvierteln zu stärken.
Um das Zubetonieren oder Asphaltieren großer Flächen hintanzuhalten, greift die Regelung auch in den Parkplatzbau ein. Beim Bau von mehr als drei KFZ-Stellplätzen, dürfen 50 Prozent der weiteren Stellplätze nicht versiegelt und nur mit einer versickerungsfähigen Oberfläche gebaut werden. „Und wir schaffen mehr Platz für Fahrräder, indem wir bei neu zu errichtenden Abstellflächen die Pflicht-Parkplätze reduzieren und die Rad-Abstellplätze erweitern“, so die Politiker.
Bisher war in der Bauordnung pro 50 m2 Wohnfläche ein Autoabstellplatz zwingend vorgeschrieben. Bei einer guten Anbindung der Örtlichkeit an den öffentlichen Verkehr, reduziert sich diese Zahl nun um 25 Prozent oder mehr. Stattdessen erhöht sich jene der Rad-Abstellplätze.
Der Bebauungsplan wurde am Montag im Ausschuss beschlossen. Danach erfolgt eine sechswöchige Auflagefrist. Bauprojekte, die bereits innerhalb der Frist eingereicht werden, fallen schon unter die neue Regelung. Die Beschlussfassung im Gemeinderat erfolgt im September.
Was die Bautätigkeit anbelangt, ist Wiener Neustadt seit 2020 mit fast 3.000 geplanten und fertiggestellten Wohneinheiten klare Nummer eins im Städtevergleich in Niederösterreich.
583Quadratmeter ist laut Bundesamt für Vermessungswesen die verbaute Fläche pro Einwohner. Bei der Stadt zieht man diese Angaben in Zweifel. Inkludiert ist bei der Zählung nämlich auch der Trockenrasen des Militärflugplatzes. Das Natura-2000-Gebiet ist nicht versiegelt und macht immerhin 6 Prozent der gesamten Stadtfläche aus
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