Prozess nach fatalem Narkosefehler mit einer Toten in Kinderwunschklinik

Laut Hersteller sind Durchstichflaschen von Propofol nach Anbruch sofort, aber spätestens nach zwölf Stunden aufzubrauchen
Arzt hatte Propofol zwischen Lebensmitteln gelagert. Eine Frau starb, zwei fielen ins Koma.

Für drei Frauen war es der Herzenswunsch, ein Kind zu bekommen. Eine überlebte den dafür notwendigen Eingriff nicht, zwei andere fielen in ein lebensbedrohliches Koma. Wegen eines fatalen Behandlungsfehlers in der Kinderwunschklinik in Baden (NÖ) muss sich am Mittwoch ein erfahrener Anästhesist wegen grob fahrlässiger Tötung und grob fahrlässiger Körperverletzung in zwei Fällen am Landesgericht Wiener Neustadt verantworten. Dem Mediziner drohen im Falle eines Schuldspruches bis zu fünf Jahre Haft.

Laut Anklageschrift hat sich der Anästhesist mit mehr als 30 Jahren Berufserfahrung einen tödlichen Fehler geleistet. Pia M. (32) und zwei weitere Frauen waren am 3. Juni dieses Jahres für eine Follikel-Punktion in der Badener Kinderwunschklinik.

Eizellen entnommen

Allen Frauen wurden unter Narkose Eizellen entnommen. Allerdings, so stellte es der Sachverständige fest, wurde den Patientinnen offensichtlich verkeimtes Propofol zur Narkose injiziert. Der Vertragsanästhesist hatte das Mittel zu den Eingriffen selbst in die Klinik mitgenommen und davor „unsachgemäß“ gelagert, heißt es im Gutachten.

Statt unter sterilen Bedingungen wurde die Arznei im privaten Kühlschrank des Anästhesisten zwischen den Lebensmitteln aufbewahrt, wie der Mediziner in seiner Einvernahme später gestand. Diese Bedingungen dürften der Nährboden für Keime gewesen sein. Propofol ist laut führenden Anästhesisten „hoch antiseptisch“ zu verwenden – das bedeutet: steril aufbewahrt, kühl gelagert und gegen jede Form der Verunreinigung geschützt.

Prozess nach fatalem Narkosefehler mit einer Toten in Kinderwunschklinik

Die Tragödie ereignete sich am 3. Juni in der Kinderwunsch-Klinik in Baden

Als erste Patientin hatte Pia M. am 3. Juni die höchste Dosis des kontaminierten Mittels abbekommen. Bei den beiden anderen Patientinnen danach dürfte die Konzentration durch Vermischung mit dem Inhalt eines weiteren Fläschchens geringer gewesen sein. Nur kurze Zeit nach dem Eingriff traten bei allen drei Frauen schwerste Komplikationen auf. Sie wurden im lebensbedrohlichen Zustand auf Intensivstationen eingeliefert.

Multiorganversagen

Pia M. starb am 5. Juni an einem Multiorganversagen nach einem septischen Schock im Krankenhaus Hietzing. Die beiden anderen betroffenen Patientinnen rangen im Landesklinikum Baden beziehungsweise im Wiener AKH mit dem Tod. Beide überlebten den Zwischenfall und konnten nach einiger Zeit das Spital wieder wohlauf verlassen.

Neben der Anklage wegen grob fahrlässiger Tötung geht es im Prozess gegen den Arzt auch um Schadenersatzforderungen der Opfer. Ein Urteil wird noch am Mittwoch erwartet.

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