Kinderwunsch-Klinik: Anästhesist gesteht fatalen Fehler ein
Die Ursache für die tödliche Tragödie in einer Kinderwunsch-Klinik in Baden (NÖ) scheint festzustehen. Laut neuesten Erkenntnissen wurde das eingesetzte Narkosemittel Propofol vor den Eingriffen an drei Patientinnen unsachgemäß gelagert. Statt unter sterilen Bedingungen wurde die Arznei im privaten Kühlschrank des Anästhesisten aufbewahrt, wie der Mediziner in seiner Einvernahme gestand. Diese Bedingungen dürften in einem bereits angestochenen Injektionsfläschchen der Nährboden für Keime gewesen sein.
Laut dem Rechtsanwalt des beteiligten Anästhesisten, Gerhard Huber, bedauere sein Mandant das Ableben der Patientin zutiefst. Mehr wolle er aber nicht sagen.
Seine Aussage fügt sich jedoch laut Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt in das bisherige Bild. Laut derzeitigem Stand – ermittelt wird wegen grob fahrlässiger Tötung sowie grob fahrlässiger schwerer Körperverletzung – geht man von einem fatalen Behandlungsfehler aus. Um dies zu klären, hat die Staatsanwaltschaft einen Gutachter der Anästhesiologie und Intensivmedizin hinzugezogen. „Wir warten noch auf die Ergebnisse. Danach wird über eine Anklage entschieden“, sagt Sprecher Erich Habitzl.
Follikel-Punktion
Pia M. (32) und zwei weitere Frauen waren am 3. Juni für eine Follikel-Punktion in dem Badener Wunschbaby-Institut. Allen Frauen wurden unter Narkose Eizellen entnommen. Stunden später traten schwerste Komplikationen auf. Alle Patientinnen wurden auf Intensivstationen verlegt. Pia M. starb am 5. Juni an einem Multiorganversagen nach einem septischen Schock. Laut einem mikrobiologischen Gutachten wurde ein Keim als Ursache festgestellt. Die beiden anderen Frauen überlebten den Zwischenfall nur knapp und befinden sich bereits auf dem Weg der Besserung.
Bei dem behandelnden Anästhesisten handelt es sich um einen über 60-jährigen Mediziner mit mehr als 30-jähriger Berufserfahrung. Wie einem so erfahrenen Arzt ein solcher Fehler unterlaufen konnte, sorgt in Fachkreisen für Rätselraten. Propofol ist laut führenden Anästhesisten „hoch antiseptisch“ zu verwenden – das bedeutet: steril aufbewahrt, kühl gelagert und gegen jede Form der Verunreinigung geschützt. Wegen der Anfälligkeit auf Keime sind Durchstechflaschen sofort nach dem Öffnen zu verwenden und der übrige Inhalt danach zu entsorgen.
Haushaltskühlschrank
Ein gewöhnlicher Haushaltskühlschrank zur Lagerung eines geöffneten Fläschchens gilt wegen der Vielzahl von Keimen und Bakterien auf Lebensmitteln als absolutes Tabu.
Als erste Patientin am 3. Juni hatte Pia M. offensichtlich die höchste Dosis des kontaminierten Mittels abbekommen. Das überlebte sie nicht. Bei den anderen Patientinnen dürfte die Konzentration durch Vermischung mit dem Inhalt eines weiteren Fläschchens geringer gewesen sein. In dem Institut finden auch sechs Wochen nach dem tödlichen Eingriff immer noch keine Eizellen-Punktionen statt. „Es herrscht eine furchtbar traurige Stimmung und man ist dabei, die Sache aufzuarbeiten“, so Sprecherin Julia Ecker. Die Leiterin des Instituts, Nazira Pitsinis, bedauere den Zwischenfall zutiefst.
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