Propofol im Wurstfach: Neuer Prozess nach tödlicher Spritze

Laut Hersteller sind Durchstichflaschen von Propofol nach Anbruch sofort, aber spätestens nach zwölf Stunden aufzubrauchen
Verkeimtes Narkosemittel war in einer Kinderwunschklinik injiziert worden.

Pia M. wünschte sich sehnlichst ein Kind. Dass die Behandlung in einer Kinderwunschklinik in Baden (NÖ) für die 32-Jährige tödlich und für zwei weitere Frauen in einem Koma endete, ist auf einen Narkosefehler zurückzuführen.

Zwei Jahre danach muss der Prozess gegen den 65-jährigen Anästhesisten Andrzej Z. neu aufgerollt werden. Das Verfahren gilt als richtungsweisend für die Notfallmedizin und Anästhesie. Denn es dreht sich um die ordnungsgemäße Verwendung des gängigsten Narkosemittels Propofol und die Frage, ob es gängige Praxis ist, bereits angestochene und geöffnete Fläschchen des Injektionsmittels wieder zu verwenden.

Zwischen den Lebensmitteln

Das hat der Anästhesist mit 23-jähriger Berufserfahrung nämlich gemacht und im ersten Prozess am Landesgericht Wiener Neustadt bereits eingestanden. Andrzej Z. hat ein bereits geöffnetes Fläschchen aus einem Wiener Spital in seiner Tupper-Jausenbox mitgenommen und zwischen Käse und Wurst über Nacht im Kühlschrank aufbewahrt.

Hat der Mediziner wirklich nicht gewusst, dass das Medikament laut Fachmeinung und Hersteller wegen der hohen Anfälligkeit auf Keime „hoch antiseptisch“ zu verwenden ist? Durchstechflaschen sind sofort nach dem Öffnen zu verwenden und der übrige Inhalt zu entsorgen.

Mit Darmkeim kontaminiert

Stattdessen hatte der Vertragsarzt im Juni 2020 drei Patientinnen bei einer Eizellen-Entnahme mit dem Propofol narkotisiert. Allerdings war es laut dem Sachverständigengutachten bereits mit einem Darmkeim kontaminiert. Pia M. erhielt die volle Dosis, sie starb zwei Tage später an Multiorganversagen. Bei den beiden weiteren Patientinnen, Aleksandra M. und Anna B., kam es zur Vermischung mit einer frischen Flasche des Medikaments. Sie fielen ins Koma, überlebten aber aufgrund der geringeren Konzentration an Keimen.

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