NÖ: "Finanzführerschein" für Junge gegen die Schuldenfalle

Jugendliche verlieren leicht den Überblick über ihre Finanzen: Verlockungen über das Internet und auch Tricks und Fallen sind allgegenwärtig
Zusätzliche Finanzbildung soll Schülern vor dem Eintritt in die Arbeitswelt den richtigen Umgang mit dem eigenen Geld vermitteln. Schuldnerberatung, AKNÖ und Land NÖ starten Initiative zur Prävention

Die Omnipräsenz im Internet und die Verlockungen, dort über das Handy jederzeit einkaufen zu können, erweist sich für immer mehr Jugendliche als gefährliche Schuldenfalle. Um der Jugend besseres Wissen zur Finanz- und Konsumwelt zu vermitteln und sie vor finanziellen Tricks und Fallen zu warnen, wird in Niederösterreich das Pilotprojekt „Finanzführerschein“ an den Schulen ausgeweitet.

Die NÖ Schuldnerberatung, die AK und das Land NÖ wollen jetzt gemeinsam junge Menschen mit besserer Finanzbildung für das Leben wappnen. Denn es herrscht Handlungsbedarf: Immer mehr überschuldete junge Leute werden bei der Schuldnerberatung vorstellig. 30 Prozent der 4.000 Klienten im Jahr 2023 seien jünger als 35 Jahre gewesen, berichtet Michael Lackenberger, Geschäftsführer der NÖ Schuldnerberatung. Im Durchschnitt waren sie mit 48.000 Euro verschuldet. Die Betroffenen kämen aus allen Gesellschaftsschichten, wobei nach Corona Junge aus dem Mittelstand auffällig zunahmen, so Lackenberger.

NÖ: "Finanzführerschein" für Junge gegen die Schuldenfalle

 Finanzführerschein: v.r. Experte  Lackenberger, LR Königsberger-Ludwig, Präs. Wieser, LR Teschl-Hofmeister 

Gestiegen ist auch die Zahl der verschuldeten Jungen bis 25 Jahre. Deren Durchschnittsminus auf ihren Konten habe von 26.758 Euro im Jahr 2019 auf 28.081 Euro im Vorjahr zugenommen, schildert die Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ). Auch die Jugend bleibe von Krisen und Teuerung nicht verschont, dazu komme die massive Konsumverlockung über das Handy, sagt Landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister (ÖVP). Den Finanzführerschein sieht sie als „Hilfe zur Selbsthilfe“. So wie für die Landesrätinnen ist es auch für AKNÖ-Präsident Markus Wieser besonders sinnvoll, im ersten Schritt die modulare Schulung zum Finanzführerschein in Polytechnischen Schulen anzubieten.

Kurz vor dem Start einer Berufsausbildung würden Schüler des Polytechnikums im ersten Lehrjahr auch ihr erstes Geld verdienen. Den jungen Verdienern würden dann auch viele Fallen in der Konsum- und Finanzwelt gestellt, weshalb sie präventive Unterstützung bekommen sollen, so Wieser. Er bezeichnet das Projekt als „beispielgebend und wegweisend“.

Pilotschulen

Beim im Vorjahr gestarteten Pilotprojekt mit drei Polytechnischen Schulen hätten sich mittlerweile knapp 200 Schüler für den Finanzführerschein engagiert, berichtet Teschl-Hofmeister. Nun wird die Initiative auf zwölf Schulen ausgeweitet. „Wir wollen mündige Käuferinnen und Käufer, mündige junge Menschen, die ihre Entscheidungen treffen, weil sie wissen, was sie tun“, so die Landesrätin. Ihre Kollegin Königsberger-Ludwig glaubt, dass der Finanzführerschein eine willkommene Fortführung der Finanzbildungsberatung der Schuldnerberatung für Erwachsene ist. 650 Niederösterreicher nahmen diese im Vorjahr in Anspruch.

Als Gründe, warum Jugendliche so leicht in die Schuldenfalle tappen, nannte Experte Lackenberger die zahllosen Verlockungen über die sozialen Medien mit Marketing-Hypes wie „Black Friday“, „Cyber Monday“ oder Slogans wie „Kauf jetzt und zahle später“. Dazu komme, dass der Jugend die Vorerfahrung, wie man mit Geld umgeht, fehlt. Regelmäßiges Taschengeld betrachtet Lackenberger als besonders wichtig, um schon Kindern die Einteilung und den Umgang mit Geld beizubringen.

Fünf Module

Zur Erlangung des Finanzführerscheins besuchen Schüler fünf zweistündige Präsenz- und E-Learning-Module. Umfassende Kompetenz im Umgang mit Geld ist das Ziel. Es werden Themen wie Lebenshaltungskosten, Finanzüberblick, aber auch Führung des Kontos, Wissen über Zinsen und Zinseszinsen, Werbe- und Verkaufstricks im Internet oder im Supermarkt behandelt. Zum Abschluss geht es um Budgetplanung und um persönliche Ziele als kritischer und unabhängiger Konsument.

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