Niederösterreichs Gastronomie wandelt sich: Kreative Wirte überleben länger

Niederösterreichs Gastronomie wandelt sich: Kreative Wirte überleben länger
Corona und der Fachkräftemangel setzen den Wirten zu. Wer sich anpasst und neue Angebote entwickelt, kann sich aber trotzdem behaupten.

Die Zahl der Gasthäuser in Niederösterreich ist in den vergangenen zehn Jahren deutlich zurück gegangen - um rund 300 von 1.654 auf 1.340. Mario Pulker, Fachgruppenobmann Gastronomie in der Wirtschaftskammer NÖ, spricht von einem „langfristigen und kontinuierlich anhaltenden Trend, der sich bereits seit den frühen Achtzigerjahren abzeichnet.“ Denn: „Tankwarte, Bauern, Möbelhäuser, Vereine, oder Feuerwehren werden zu Nebenerwerbsgastwirten, die sich mit Ausschank und Verabreichungen ein Zubrot verdienen.“ Dazu komme aktuell der Fachkräftemangel.

Letztes Gasthaus sperrt zu

Das Wirtesterben ist besonders in ländlichen Regionen ein Dauerbrenner, wie ein aktuelles Beispiel aus der Buckligen Welt zeigt. In Hochwolkersdorf (Bezirk Wiener Neustadt) sperrt in wenigen Tagen das letzte noch verbliebene Gasthaus samt Festsaal für Bälle, Hochzeiten und Feiern zu. Die Pächterin geht in Pension.

Jetzt überlegt Bürgermeister Martin Puchegger (ÖVP) sogar den Betrieb als Gemeinde selbst anzukaufen. Mittwochabend wurde im Gemeinderat wieder darüber debattiert. Derzeit fehlt aber eine Mehrheit, weil die SPÖ dagegen ist.

Angebot

Auch wenn die Landgasthäuser weniger werden, steigt das gesamte Gastronomieangebot in Niederösterreich. „Es verändert sich und wird vielfältiger – etwa durch Spezialitätenrestaurants, Schnellgastronomie, Fast Food und Catering“, weiß Pulker. So sei die Gesamtzahl von 7.350 Lokalen im Jahr 2012 auf 7.494 Ende 2021 angewachsen.

Umso mehr ist Anpassungsfähigkeit gefragt, um wirtschaftlich überleben zu können. Ein Beispiel dafür ist Hans Fromwald, der den Hubertushof in Bad Fischau-Brunn (Bezirk Wiener Neustadt) in dritter Generation führt. „Wir haben in den letzten Jahren laufend in Neuerungen investiert“, betont er. Beim letzten großen Umbau im Jahr 2015 seien elf Gästezimmer dazugekommen. Das klassische Dorfwirtshaus, von denen es immer weniger gibt, ist sieben Tage pro Woche geöffnet.

Niederösterreichs Gastronomie wandelt sich: Kreative Wirte überleben länger

Hans Fromwald, Mariella Klement-Kapeller (Wiener Alpen in NÖ)
und Landesrat Jochen Danninger 

Neben Wirtshausklassikern mit einem besonderen Augenmerk auf Wild, habe man etwa ein Frühstücksbuffet neu ins Angebot aufgenommen, erzählt der Chef. Weil er beobachtet habe, wie Tagesgäste Pizzakartons mit in ihre Zimmer brachten, habe er kurzerhand selbst einen Pizzaofen angeschafft.

Verstaubtes Image

Wer nicht investiert und die Bedürfnisse des Gastes erkennt, werde auf kurz oder lang unter die Räder kommen, sagen Touristiker. Eines der besten Beispiele dafür sei der Semmering, dem das verstaubte Image des einstigen Sommerfrischeortes der „feinen Gesellschaft“ immer noch nachhängt.

Dass es sich auszahlt zu modernisieren, davon sind zwei Vorzeigebetriebe überzeugt. Das Traditionswirtshaus Kirchenwirt in Maria Schutz, über die Landesgrenzen hinweg für seine Klosterkrapfen bekannt, hat aus den alten Gästezimmern wahre Schmuckstücke gemacht.

Holz und Leder

Für Gastgeber Helmut Auer war es allerhöchste Zeit für eine zeitgemäße und moderne Ausstattung. Naturnahe Farben, Holz und Ledermaterialien, moderne Badezimmer und Balkone mit einem atemberaubenden Ausblick auf Sonnwendstein, Semmering und Schneeberg sprechen vor allem wieder Gäste mit Qualitätsanspruch an.

Im Rahmen eines Semmering-Trips besuchte Danninger (ÖVP) auch das Hotel Belvedere am Semmering.

Nachfrage steigt

Die Betreiberfamilie Engelschall hat viel Geld in den Ausbau von Hallenbad und Wellnessbereich gesteckt. Die Nachfrage werde immer größer. Beide Häuser wurden seitens des Landes bei ihren Investitionen unterstützt. „Betriebe wie der Kirchenwirt oder das Hotel Belvedere am Semmering tragen dazu bei, dass sich Niederösterreich heuer ganz besonders als qualitätsvolles Tourismusland präsentieren kann“, sagt Danninger.

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