Nicht viel gelernt: Bilanz nach einem Jahr Feuerinferno Hirschwang

Nicht viel gelernt: Bilanz nach einem Jahr Feuerinferno Hirschwang
Immer noch muss die Feuerwehr wöchentlich zu Waldbränden ausrücken. Über die Lehren aus der Katastrophe wurde Bilanz gezogen

Hat man aus der Katastrophe gelernt? Die Allgemeinheit anscheinend nicht, denn immer noch werden die Feuerwehren fast wöchentlich wegen illegaler Lagerfeuer in den Bergen zu Hilfe gerufen. „Wenn heute eine kleine Windböe kommt und das nicht optimal abgelöscht ist, haben wir ein zweites Hirschwang, und das wollen wir auf keinen Fall“, erklärt Niederösterreichs Landesfeuerwehrkommandant Dietmar Fahrafellner.

"Nicht der letzte Waldbrand"

Ein Jahr nach dem verheerenden Waldbrand auf dem Mittagstein im Rax-Schneeberggebiet (Bezirk Neunkirchen) mangelt es immer noch an der Vernunft Erholungsuchender. Dies ist die ernüchternde Erkenntnis nach dem Inferno.

„Hirschwang wird zwar hoffentlich der größte, aber leider nicht der letzte Waldbrand gewesen sein“, erklärte auch nö. Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) am Donnerstag in einer Pressekonferenz in Tulln. Gemeinsam mit Wiens Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ), sowie Forstdirektor Andreas Januskovecz wurde über die Katastrophe Bilanz gezogen.

Was hat man aus dem Inferno gelernt?
Um für künftige Waldbrände gerüstet zu sein, wurde in Ausrüstung und Ausbildung investiert. Seit dem Vorjahr wurden 18 neue Waldbrand-Spezialfahrzeuge um 3,7 Mio. Euro angeschafft. In den nächsten Monaten soll die Flotte um acht Waldbrand-Löschfahrzeuge sowie acht Pick-ups und 56 Rollcontainer ergänzt werden. Kostenpunkt: 4,3 Mio. Euro. Derzeit werden in Niederösterreich 212 Waldfachpläne erstellt. Darin enthalten sind Wasserversorgungspunkte und Wegbeschaffenheit von einzelnen Forstwegen, um künftige Einsätze besser koordinieren zu können. Die Stadt Wien hat außerdem eine Drohne angeschafft, die mittels Wärmebildkamera Lagerfeuer und Hitzequellen aus der Luft erkennt. Über Lautsprecher können damit auch Durchsagen abgesetzt werden. Die auf Waldbrand spezialisierten Einheiten der Feuerwehr wurden von 400 auf 600 Personen aufgestockt.
Warum ist das nö. Waldgebiet auch für Wien wichtig?
Wien finanzierte nicht nur die Drohne, sondern auch Einsatzfahrzeuge im benachbarten NÖ, erklärt Klimastadtrat Czernohorszky. Wieso auch der Wald um Wien für die Stadt von Bedeutung ist, sei auf die Wiener Hochquellwasserleitung zurückzuführen. „Damit dieses Wasser nach Wien gelangen kann, braucht es Quellschutzwälder. Insgesamt sind es über 32.000 Hektar Wald.“ Ein Brand, wie der in Hirschwang, könnte sich auf die Wasserqualität auswirken.
Wie steht es jetzt um den Wald?
Schon einen Tag, nachdem „Brand aus“ gegeben werden konnte, wurde mit der Wiederaufforstung des Waldes begonnen. Seither herrscht auf dieser Fläche ein behördliches Betretungsverbot. Durch den Brand fehle es jetzt laut dem Forstdirektor an kleinen Bäumen, die die Erde mit ihren Wurzeln halten könnten. Deswegen wurden in letzter Zeit Grassamen gesät, sowie wärmeverträglichere und tiefwurzelnde Jungbäume, wie Schwarzkiefer oder Nuss gepflanzt. Über die nächsten etwa 20 Jahre werden die Flächen nach und nach aufgeforstet, so Januskovecz. Jährlich werden bis zu 100.000 Euro investiert.
Wer hat den verheerenden Waldbrand verursacht?
Ermittler des nö. Landeskriminalamts haben gemeinsam mit einem Gutachter festgestellt, dass der Brand „grob fahrlässig“ herbeigeführt wurde. Jemand hat sich trotz enormer Dürre über die geltende Waldbrandverordnung hinweg gesetzt, und bei einem beliebten Aussichtsplatz am Mittagstein ein Lagerfeuer entzündet. Die Feuerstelle innerhalb eines Steinkreises wurde nicht ausreichend abgelöscht.
Welche Konsequenzen drohen dem Verursacher?
Ermittelt wird gegen unbekannte Täter wegen Brandstiftung. Möglich wären im Falle einer Verurteilung bis zu zehn Jahre Haft. Dafür benötigt es aber den Nachweis einer vorsätzlichen Tat. Die Auswertung der noch verwertbaren Handydaten vom Tatort brachte kein entscheidendes Ergebnis. Forensiker werteten Tausende Datensätze aus und überprüften an die 3.000 Mobilfunknutzer, die im relevanten Zeitraum in einem der Sender rund Hirschwang eingeloggt waren. Aktuell suchen die Ermittler nach zwei wichtigen Zeugen, die zur relevanten Zeit im Brandgebiet genächtigt haben. Einer der beiden jungen, Deutsch sprechenden Männer hatte ein auffälliges, grünes Rapid-Handtuch bei sich.

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