Prozess: Mordkomplott nach Streit ums Erbe

Renate K. (79) und Christian F. (52) beteuern ihre Unschuld
Geschworenenprozess gegen 79-Jährige und einen Komplizen in Wiener Neustadt. Die Seniorin soll die Beseitigung ihres Schwiegersohns beauftragt haben

Ein harmonisches Familienleben sieht anders aus. Nach dem Tod des Vaters klagte der Sohn die Mutter sofort auf seinen Pflichtanteil. Im Gegenzug rechnete die 79-Jährige in einem bitterbösen Brief mit dem Sohn für immer ab. Noch deftiger wurde es allerdings beim Streit über das Erbe mit der Tochter. „Dein Vater ist nicht dein Leiblicher, ich hätte dich damals abtreiben lassen sollen“, schrieb die Mutter ihrem Kind.

Aber war der Hass so groß, um gleich einen Mord in Auftrag zu geben? So sieht es jedenfalls die Staatsanwaltschaft. Vor dem Hintergrund tief zerrütteter Familienverhältnisse soll die betagte Frau aus dem Bezirk Mödling ein filmreifes Mordkomplott gegen ihren verhassten Schwiegersohn in Auftrag gegeben haben.

Deshalb steht die 79-Jährige zusammen mit dem 52-jährigen Schulwart Christian F. seit Freitag am Landesgericht Wiener Neustadt wegen versuchter Bestimmung zum Mord vor den Geschworenen. Für ein paar Tausend Euro soll Christian F. versucht haben, einen Killer zu finden, der den schmutzigen Job erledigt. Dies war der Gelegenheitsarbeiter Markus P.. Der psychisch schwer beeinträchtige Mann ging jedoch zur Polizei und ließ den Plan auffliegen.

Prozess: Mordkomplott nach Streit ums Erbe

Richter Hans Barwitzius arbeitete im Prozess den tiefen Konflikt zwischen der 79-Jährigen und ihren Kindern auf. Während sie 15 Jahre lang den schwer kranken Ehemann pflegte, sollen die Kinder auf großem Fuß gelebt und das Geld des Vaters „beim Fenster hinaus geworfen“ haben, sagte die 79-Jährige. Die Tochter bekam ein Haus samt Liegenschaft um eine Million Euro, der Sohn eine Eigentumswohnung. Und als der Vater tot war, eskalierte der Streit um das Pflichterbe, schilderte die Angeklagte.

Es gab begründete Zweifel der Kinder, dass die betagte Mutter ein kleines Vermögen an Internetbetrüger verloren hat. Fast 500.000 Euro an Vermögen seien binnen kurzer Zeit verschwunden. „Sie wollten mich entmündigen lassen“, beschwert sich die 79-Jährige. Sie machte den Schwiegersohn in spe dafür verantwortlich. Darin sieht die Staatsanwältin auch das Motiv für das Mordkomplott.

Geldübergabe

Markus P. lieferte den Ermittlern entscheidende Indizien, die auch mittels Standortdaten der Handys und durch Kontoöffnungen überprüft werden konnten. Demnach hob Renate K. am 17. Februar 2020 auf ihrer Bank 49.900 Euro in bar ab. Am selben Tag soll Christian F. 5.000 Euro „Vorschuss“ für den Auftrag bekommen haben. Wie das Zeit-Weg-Diagramm der Polizei ergab, traf der Verdächtige darauf hin Markus P., um ihm das Haus des Schwiegersohns zu zeigen. Dort soll man eine Stelle ausgekundschaftet haben, von wo aus sich das Opfer ideal erschießen lasse.

Die beiden Angeklagten beteuerten ihre Unschuld. Der Verteidiger der Pensionistin, Stefan Traxler und sein Kollege Wolf Heistinger, der Christian F. vertritt, halten den Kronzeugen Markus P. aufgrund seiner psychischen Erkrankung für wenig glaubwürdig. Dem widerspricht der psychiatrische Sachverständige Peter Hofmann, der den Mann für aussagefähig hält. Der Prozess wird am 30. November fortgesetzt.

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