Die herzkranke Frau sitzt seit sechs Monaten in Untersuchungshaft, ebenso ihr 52-jähriger mutmaßlicher Komplize Herbert P. (Name geändert und der Redaktion bekannt). Beiden drohen bis zu zwanzig Jahre Haft oder lebenslang. Wie der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Erich Habitzl, bestätigt, wurde Anklage wegen der versuchten Bestimmung zum Mord eingebracht.
Begonnen hat alles im April mit einem mysteriösen Anruf bei der Polizei. „Ich habe einen Mordauftrag“, hieß es. Ein Mann, der bekannterweise an Schizophrenie leidet, erzählte den Beamten eine haarsträubende Geschichte: Herbert P., für den er Gelegenheitsarbeiten an dessen Haus in Ungarn hätte durchführen sollen, soll versucht haben, ihn für einen Mord anzuheuern. Und das im Auftrag der 79-jährigen Witwe, die sich demnach ihres Schwiegersohns entledigen wollte.
Für die Polizei klang die Geschichte zunächst abstrus, doch die Ermittler klemmten sich hinter den Fall und brachten Indizien ans Tageslicht. „Es gab eine Hausdurchsuchung bei meiner Mandantin, man nahm ihr das Handy ab, aber sie wurde zunächst nicht verhaftet“, schildert der renommierte Anwalt der 79-Jährigen, Stefan Traxler. Auch Datenträger vom polizeibekannten Herbert P. wurden ausgewertet. Darauf fanden sich Chat-Protokolle der handelnden Personen. Der Verdacht erhärtete sich – beide wurden schließlich Ende April wegen dringenden Tatverdachts festgenommen.
Der bereits verstorbene Ehemann der 79-Jährigen und Herbert P. hatten einander gekannt. Später habe die Witwe Herbert P. einmal in einer finanziellen Notlage mit Geld ausgeholfen. Als Dankeschön und aus Loyalität, heißt es in dem Akt, soll P. der Seniorin beim mutmaßlichen Mordkomplott zur Seite gestanden haben.
Aber was wäre das Motiv? Wieso sollte die 79-Jährige ihren Schwiegersohn umbringen lassen wollen? Vermutlich dürfte es seit längerer Zeit ernsthaften Streit zwischen der Frau und ihrer Tochter und deren Lebensgefährten gegeben haben.
Kommuniziert wurde offenbar nur noch mit Klagen über das Gericht. Laut Traxler habe seine Mandantin der Tochter das Anwesen im Bezirk Mödling im Wert von einer Million Euro überschrieben. Nach dem Tod des Vaters soll die Tochter dann die Mutter auf ihren Pflichtteil des Erbes geklagt haben. Laut Traxler sei dies freilich kein Grund, jemanden umbringen zu lassen, er erachte die Anklage nach Paragraf 75 wegen Bestimmung zum versuchten Mord als „unschlüssig und konstruiert“. Entlastendes Material will er aber aus taktischen Gründen erst im Geschworenenprozess am aufs Tapet bringen.
Die 79-Jährige ist damit derzeit die mit Abstand älteste Frau in der Justizanstalt Wiener Neustadt. Auch Herbert P. wartet im selben Haus ein paar Zellen weiter auf den Geschworenenprozess. Der Termin soll noch vor Weihnachten stattfinden.
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