Morde und Gewalt: Prozessmarathon nach Zwangspause
Ein hoch angesehener Banker, der zugegeben hat, seine wohlhabende Kundin getötet zu haben, oder ein Familienvater, der seine Frau und die beiden Kinder ermordet haben soll: Nach dem Corona-Lockdown der Gerichte gibt es in Wiener Neustadt in den kommenden Wochen ein Mammutprogramm zu bewältigen. Zwischen dem 26. Mai und Anfang September gehen insgesamt acht große Geschworenenprozesse über die Bühne – darunter drei aufsehenerregende Mordfälle. Und das in Zeiten der Pandemie natürlich unter verschärften Bedingungen. Noch ist fraglich, ob sich wegen des Ansteckungsrisikos auch ausreichend Laienrichter für die Verfahren finden, oder eine große Absagewelle der Geschworenen die Situation weiter zuspitzt.
Wie die Vizepräsidentin des Landesgerichts Wiener Neustadt, Birgit Borns, gegenüber dem KURIER bestätigt, wurden die vergangenen Tage damit verbracht, die Termine mit den Anwälten, Sachverständigen und Beisitzern zu koordinieren. Die jeweiligen Ladungen für die Laienrichter gehen dieser Tage hinaus. „Sie können sich natürlich auch Coron-bedingt entschuldigen. Bei den bisherigen Schöffenverhandlungen hat es deswegen aber keine Absagen gegeben“, so Borns.
Pro Prozess werden acht Geschworene und vier Ersatz-Laienrichter benötigt. Weil auf der Geschworenentribüne im Gerichtssaal aber nicht der nötige Sicherheitsabstand gewährleistet ist, muss die Sitzordnung bei den Prozessen geändert werden. „Ob eine Maskenpflicht beim Prozess angeordnet wird, entscheidet der Richter“, erklärt Borns.
Los geht der Prozessreigen in Wiener Neustadt am 26. Mai mit einem Fall von NS-Wiederbetätigung. Am 9. Juni folgt der Prozess zu einem Mordversuch in Bad Fischau, bei dem ein junger Kosovo-Albaner im Zuge eines Familienfestes auf seinen Schwiegervater eingestochen haben soll.
Kehle durchtrennt
Nachdem ein damals 17-jähriger Syrer vergangenen Winter in Wimpassing bei Neunkirchen seinen älteren Bruder beinahe mit einem Messer getötet haben soll, muss er sich am 17. Juni wegen Mordversuchs verantworten.
Sechs Tage später gibt es das Urteil gegen Ioan P.. Der 38-jährige Rumäne war beim ersten Prozesstag vor dem Shutdown voll geständig, einer 83-jährigen Pensionistin in Gloggnitz die Kehle durchgeschnitten zu haben. An zwei Prozesstagen (30.06. und 07.07.) wird der Mordversuch auf dem Wr. Neustädter Bahnhof verhandelt. Der 30-jährige Asylwerber Morteza M. soll dabei einen 28-jährigen Burgenländer ein Messer in die Brust gerammt haben.
Mit großem Publikumsinteresse und Medienandrang wird am 21. und 28. Juli gerechnet, wenn einem ehemaligen Top-Banker der Mordprozess gemacht wird. Der 61-jährige Jurist hat gestanden, aus Angst um seinen guten Ruf eine betuchte 85-jährige Kundin im Bezirk Neunkirchen erstickt zu haben. Er habe bei Veranlagung ihres Vermögens kein glückliches Händchen gehabt.
Am 5. und 11. August muss sich der syrische Asylweber Abdullah S. für den Mordversuch an einem Türsteher in Wr. Neustadt verantworten, bevor es im September zum Prozess nach einem Verbrechen kommt, das viele betroffen machte. Samet A. (31) ist angeklagt, vergangenen Oktober in Kottingbrunn das Leben seiner Ehefrau sowie der beiden Kleinkinder ausgelöscht zu haben.
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