„So darf es in Zukunft nicht mehr weitergehen, der Unmut wird immer größer.“
Johann Stixenberger, erfahrener Stadt- und Dorferneuerer und offizieller Innenstadtkoordinator in Waidhofen/Ybbs sieht wegen der durch die Pandemie verhängten Lockdowns akuten Handlungsbedarf der Politik. Weil Waidhofen in seiner Altstadt zwar eine intakte, aber sehr kleinteilige Geschäftsstruktur hat, seien die Auswirkungen durch Wettbewerbsverzerrung und überschießende Sicherheitsregeln dramatisch, so Stixenlehner. „Das ist Mobbing gegen die Innenstädte“, kritisiert er.
Die Ungleichbehandlung gegenüber dem nahen Oberösterreich sei in Waidhofen in allen vom Lockdown betroffenen Branchen zu spüren, wird bei einem KURIER-Lokalaugenschein versichert. In den Einkaufsstädten Steyr, Linz oder Enns gab es weder Osterruhe noch nachfolgenden Lockdown.
"Unfaire Konkurrenz"
Für Elisabeth und Karl Holubovsky, Betreiber der Boutique Arcada in der Altstadt, ist die unfaire Konkurrenz der Modeshops in OÖ deutlich spürbar, aber nur eines der vielen Probleme. „Mittlerweile können wir durch die Lockdowns schon die dritte Saisonware nicht verkaufen“, so Karl Holubovsky. Um das 2020 verlorene Geld hätte man ein kleines Haus bekommen, beklagt er. Zermürbend sei vor allem die Unplanbarkeit. Sorgsamkeit und Qualität würden die Kundinnen, die oft weite Anfahrten in Kauf nehmen schätzen, „für sie wären auch Zutrittstest kein Problem.“, ist Arcada-Chefin Elisabeth Holubovsky überzeugt.
Als völlig überzogen sieht Stixenberger, dass kleine städtische Fachgeschäfte mit großen Einkaufszentren, wo es regelmäßig zu Massenaufläufen kommt, gleichgestellt sind. „In den Shops befinden sich immer nur wenige Personen, die nach dem Einkauf wieder an der frischen Luft sind, in den Zentren geht das nicht. Deshalb muss man beim Wiederöffnen differenzieren“, fordert er.
Nahversorger
Gut aufgestellt sei man in der Waidhofener City, weil es 15 Nahversorgergeschäfte gibt, die Frequenz bringen und die Arbeitsplätze halten, betont der City-Koordinator. Doch den Bäckereien und Konditoreien ist das für das Innenstadtflair so wichtige Kaffeehausgeschäft untersagt, weshalb der wirtschaftliche Druck immer größer wird. „Die Bevorzugung der großen Ketten ist ungeheuerlich, das Kleingewerbe wird in die Kategorie zweite Klasse abgeschoben“, beklagt Sigrid Hartner. Sie ist Chefin einer Bäckerei samt zweier Cafés mit 38 Mitarbeitern. Monika Forster, Geschäftsführerin eines Elektrobetriebs pflichtet ihr bei. In der Vorwoche bewarb ein Diskonter Elektrogeräte und vor dem Supermarkt stand eine Menschenschlange. Sie selber muss ihre Waren im click&collect-System zwischen Tür und Angel verkaufen.
„Diese Differenzierungen dürfen nicht mehr gemacht werden. Ich fühle die Betroffenheit mit“, sagt Gottfried Pilz, Obmann der Wirtschaftskammer im Bezirk Amstetten. Material für die nächste Protestbotschaft Richtung Osten habe er in Waidhofen jedenfalls genug bekommen.
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