„Bei uns hier weicht der Ärger über die Ungleichbehandlung der Resignation“, beschreibt Alfred Buchberger die Situation des Handels bei einem Lokalaugenschein des KURIER im Grenzgebiet des Bezirks Amstetten. Der frühere Bürgermeister der Gemeinde Ennsdorf ist Projektleiter des Vereins „Westwinkel“, in dem sich 189 Betriebe, vom Industriekonzern bis zum Einmannhändler aus fünf Gemeinden um regionales Wirtschaften bemühen.
An der Ennsbrücke, dort wo einst die russischen Soldaten ihren Checkpoint an der Demarkationslinie eingerichtet hatten, berichtet Buchberger auf nö. Seite, dass die Kleinunternehmer besonders die mehrmalige unberechenbare Verlängerung des Lockdowns extrem schmerze. „Ein Wirt hat mir gestern versichert, dass er schon nicht mehr an eine Öffnung am 2. Mai glaubt“, erzählt Buchberger.
Auch wenn in der Verordnung zum verlängerten Lockdown in der Ostregion klar festgehalten ist, dass etwa Niederösterreicher nicht zum Shoppen ins Nachbarbundesland reisen dürfen, sei klar, dass diese Einkäufe passieren, sind Buchberger und Westwinkel-Obmann Andreas Gartner überzeugt. Vor allem den tausenden Niederösterreichern, die im Großraum Linz arbeiten, könne man fast keinen Vorwurf machen, wenn sie auf der Heimfahrt schnell eine Lampe oder eine Fernbedienung kaufen, die daheim kaputt gegangen ist, sagt Gartner.
Standortschwächung
Für den Anwalt Gartner aus der Grenzstadt St. Valentin steht aber auch fest: „Wir haben es hier mit einer Wettbewerbsverzerrung sondergleichen zu tun. Es ist krass für den Wirtschaftsstandort“. Ein Vergleich beim Besuch der beiden Städte St. Valentin und Enns am anderen Ende der Ennsbrücke am Mittwoch belegt den aktuellen Unterschied eindrucksvoll. Hektische Betriebsamkeit auf den Ennser Straßen, viele Schulkinder auf den Gehsteigen. Autos mit nö. Kennzeichen sind allerdings sehr rar. In der nö. Kleinstadt ist das Bild viel trister. „Es ist aber kein so arger Stillstand, wie beim ersten Lockdown vor einem Jahr“, sagt die St. Valentiner Buch- und Schreibwarenhändlerin Karin Hajek. Sie hält ihr Geschäft geschlossen, wickelt aber über Internet und Telefon getätigte Bestellungen zwischen Tür und Angel ab.
Mitgefangen
„Ich bin gerne Niederösterreicherin, aber wir haben hier eine oberösterreichische Telefonvorwahl und Postleitzahl, die meisten hier gehen auch in Spitäler im Nachbarbundesland. Aber beim Lockdown sind wir in Niederösterreich mitgefangen“, schildert Hajek. Sicher über 25 Prozent betrage ihr Umsatzminus in der Sperrzeit, erklärt sie. Positiv sei die Solidarität vieler Kunden, die auch jetzt ganz bewusst zu ihr kommen. „Was wirklich nach Oberösterreich abfließt, kann man noch nicht sagen, das zeigt sich erst in den ersten Tagen, wenn wir wieder regulär aufsperren dürfen“, meint Hajek. Im Ärger über die Situation ortet auch Buchberger positive Signale zu mehr Bewusstsein für Regionalität. „Vor Weihnachten haben wir Westwinkel-Gutscheine im Wert von 600.000 Euro für Einkäufe in regionalen Geschäfte ausgegeben. Das ist wirklich toll“, berichtet er.
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